Eröffnung der Ausstellung "Verlässlichkeit für Kinder"

Schwerpunktthema: Bericht

19. Oktober 2012

Daniela Schadt hat am 19. Oktober die Wanderausstellung "Verlässlichkeit für Kinder" des Patenschaftsangebots für Kinder psychisch erkrankter Eltern vom Berliner Jugendhilfeträger Ambulante Sozialpädagogik Charlottenburg e.V. (AMSOC) mit einer Ansprache eröffnet.

Daniela Schadt bei der Ausstellungseröffnung Verlässlichkeit für Kinder des Vereins Ambulante Sozialpädagogik Charlottenburg

Daniela Schadt hat am 19. Oktober 2012 die Wanderausstellung "Verlässlichkeit für Kinder" des Patenschaftsangebots für Kinder psychisch erkrankter Eltern vom Berliner Jugendhilfeträger Ambulante Sozialpädagogik Charlottenburg e.V. (AMSOC) mit einer Ansprache eröffnet.

Im Patenschaftsangebot von AMSOC e.V. werden Kindern mit psychisch erkrankten Eltern ehrenamtliche Paten als verlässliche Bezugsperson langfristig an die Seite gestellt und die Patenschaften fachlich begleitet. Durch regelmäßige Treffen der Paten mit ihren Patenkindern kann sich zwischen ihnen ein Vertrauensverhältnis entwickeln. In Zeiten, in denen der psychisch erkrankte Elternteil mit der Kinderbetreuung überfordert und/oder eine stationäre Behandlung notwendig ist, werden die Kinder im Haushalt der Paten versorgt. Durch diese Beziehungskonstanz erhalten die Kinder eine Chance, sich trotz ihrer Belastungen gesund zu entwickeln.

In der Wanderausstellung sind die 100 besten Bilder zu sehen, die Berliner Kinder von fünf bis 17 Jahren im Rahmen eines Malwettbewerbs zum Thema „Verlässlichkeit“ zur Unterstützung des Patenschaftsangebots gestaltet haben. Die Bilder thematisieren vor allem, wie wichtig verlässliche Beziehungen für uns alle und ganz besonders für Kinder sind. Die Ausstellung gehört zur „Kampagne für Verlässlichkeit“ des Patenschaftsangebots, mit der es auf den Wert von Verlässlichkeit für unsere Gesellschaft, die Bedeutung von verlässlichen Beziehungen für Kinder und den Bedarf einer verlässlichen Finanzierung sozialer Angebote aufmerksam macht.

Ansprache von Daniela Schadt zur Eröffnung der Ausstellung:

"Heute eröffnen wir zusammen eine besondere Ausstellung. Nicht, weil in ihr die Werke weltbekannter Künstler ausgestellt werden. Es ist auch nicht zu erwarten, dass es bei ihr Warteschlangen gibt wie beim MoMA, die sich dreimal um den Block wickeln. Aber die Bilder sind besonders. Nicht nur, weil sie von Berliner Kindern gemalt wurden, sondern auch, weil sich die Kinder mit einem wirklich schwierigen und sehr ausdifferenzierten Begriff auseinandersetzen sollten: „Verlässlichkeit“. Ich muss zugeben, dass ich im ersten Moment skeptisch war – es ist doch ein sehr abstrakter Begriff. Ich habe selbst einen Augenblick nachdenken müssen, was ich gemacht hätte. Dann habe ich einige Bilder der Kinder schon vorab gesehen und dachte: Ja, so kann man Verlässlichkeit malen.

Nehmen wir einmal das Bild der 13-jährigen Sabrina. Sie hat zwei Menschen in einer sehr, sehr weiten Landschaft gezeichnet, bei dem der eine den anderen tröstet. Im Hintergrund sind eine Uhr und der Schriftzug „Ein Freund für alle Zeiten“ zu sehen. Wir können wohl alle nachvollziehen, was Sabrina damit ausdrücken möchte: Es ist jemand für uns da, bedingungslos, zu jeder Zeit, was auch immer passiert. Das, möchte ich betonen, brauchen wir alle. Einige haben mehr Glück und haben es leichter, bei anderen sind die Lebensbedingungen etwas schwieriger.

Bild einer 13-jährigen Schülerin

Kinder und Jugendliche psychisch erkrankter Eltern erleben, dass ihre Eltern aufgrund ihrer Krankheit nicht bedingungslos und zu jeder Zeit für sie da sein können. In manchen Familien kommt es auch gelegentlich zur Rollenumkehr: Die Kinder werden zu kleinen Erwachsenen. Sie übernehmen die Verantwortung für den kranken Elternteil, für Geschwister, für den Haushalt. Manche Kinder schämen sich für ihre Eltern und ziehen sich in sich selbst zurück, andere haben Schuldgefühle. Alle diese Kinder und Jugendlichen leben mit einer großen Belastung.

Schätzungsweise 1,6 Millionen Minderjährige in Deutschland haben einen psychisch erkrankten Elternteil. Die Zahl ist erschreckend hoch. Ich muss zugeben, sie war mir neu, ich hätte sie nicht so hoch eingeschätzt. Die Zahl zeigt, dass wir es in diesem Fall nicht mit einer Randgruppe zu tun haben. Umso fataler ist es daher, dass für die betroffenen Kinder und Jugendlichen nicht genug kontinuierliche Hilfsangebote zur Verfügung stehen.

Zum Glück gibt es in Deutschland engagierte Menschen. Katja Beeck hat die Not der Kinder und Jugendlichen erkannt und im Jahr 2005 das Patenschaftsangebot für Kinder psychisch erkrankter Eltern in Berlin beim Jugendhilfeträger AMSOC e.V. ins Leben gerufen. Unser aller Dank gilt jetzt erst einmal Ihnen, liebe Frau Beeck.

Aber auch Frau Beeck kann bei allem Elan nicht alles alleine machen. Unterstützung findet das Patenschaftsangebot von AMSOC e.V. durch seine „Verlässlichkeitsgeber“. Schon die ungewöhnliche Wortwahl für Dauerspender- und -sponsoren des Angebots verrät, dass nicht nur die Kinder auf eine verlässliche Beziehung angewiesen sind. Auch Organisationen brauchen Verlässlichkeit. Denn wenn Kinder Verlässlichkeit erfahren sollen, dann muss die Organisation, die diese ermöglichen kann, auch einen verlässlichen Rahmen haben. Umso mehr freut es mich zu hören, dass sich bereits 97 Privatpersonen, Unternehmen und Organisationen bereit erklärt haben, durch eine langfristige finanzielle Unterstützung dem Patenschaftsangebot diese Verlässlichkeit zu geben. Auch Ihnen möchte ich von ganzem Herzen danken und Sie und viele andere ermutigen, sich weiterhin oder auch neu für dieses Angebot zu engagieren.

Mein letzter und ganz besonderer Dank gilt allen Paten für ihr großartiges Engagement. Sie, liebe Paten, sind für Ihre Patenkinder da – zu jeder Zeit. Sie geben Halt und Nähe, wenn die familiären Bindungen ins Wanken geraten. Sie geben emotionalen Schutz, weil Sie Vertrauen geben, weil Sie ein offenes Ohr haben. Sie geben Ihrem Patenkind den Raum, die Krankheit des Elternteils zu bewältigen. Ihr Patenkind kann sich auf Sie verlassen.

Als Sie dieses anspruchsvolle und herausfordernde Engagement eingegangen sind, wussten Sie, dass Sie dieses Ehrenamt nicht nach Lust und Laune ausüben können. Ein akuter Krankheitsschub des Elternteils lässt sich nicht vordatieren, er richtet sich nicht nach Ihrem Terminplaner. Um Vertrauen zu Ihrem Patenkind aufzubauen und ihm Verlässlichkeit zu geben, reicht kein sporadischer und unregelmäßiger Kontakt.

Vielleicht fragt sich jetzt der ein oder andere, der noch keine Patenschaft übernommen hat, warum er eine solch anspruchsvolle Aufgabe übernehmen sollte. Eigentlich ganz einfach: Weil die Hinwendung zu anderen Menschen unser Leben reicher macht. Sie werden sich freuen, wenn Ihr Patenkind sich freut, Sie zu sehen. Sie spüren das Vertrauen und die Zuneigung, die Ihnen entgegen gebracht wird. Nicht nur Sie wollen wissen, ob es Ihrem Patenkind gut geht, auch Ihrem Patenkind ist es wichtig zu wissen, wie es Ihnen geht. Vielleicht wird auch für Sie Ihr Patenkind – wie in Sabrinas Bild – zu einem Freund für alle Zeiten. Ich wünsche Ihnen auf diesem Weg viel Freude, viel Elan und alles Gute.“