UNICEF-Neujahrsgespräch

Schwerpunktthema: Bericht

17. Januar 2017

Daniela Schadt hat am 17. Januar als Schirmherrin von UNICEF zum Neujahrsgespräch Menschen vor der Hölle retten – helfen unter härtesten Bedingungen in das Schloss Bellevue eingeladen. In ihrer Ansprache stellte Daniela Schadt das große Engagement von Helferinnen und Helfern in der Entwicklungszusammenarbeit in den Fokus.


Daniela Schadt hat am 17. Januar als Schirmherrin von UNICEF zum Neujahrsgespräch Menschen vor der Hölle retten – helfen unter härtesten Bedingungen in das Schloss Bellevue eingeladen. Vertreterinnen und Vertreter aus Hilfsorganisationen sowie die Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und humanitäre Hilfe diskutierten die Frage, wie es humanitären Helferinnen und Helfern möglich ist, der Zivilbevölkerung und insbesondere Kindern in Konfliktgebieten beizustehen und welche Hindernisse dabei zu überwinden sind.

In ihrer Ansprache sagte Daniela Schadt: Wo Kinder sind und wo wir uns für ihr Recht auf eine gute Kindheit einsetzen, dort ist auch Hoffnung – auch wenn die Umstände noch so schwierig sind.

Ansprache von Daniela Schadt:

Änderungen vorbehalten. Es gilt das gesprochene Wort.

Ich begrüße Sie herzlich zum traditionellen UNICEF-Neujahrsgespräch in Schloss Bellevue.

Vielen Dank, lieber Joachim Król, dass Sie Alaa aus Syrien hier gerade so eindringlich zu Wort kommen ließen. Sie haben das Mädchen samt seiner Ängste und Hoffnungen aus dem fernen Tartus hierhergeholt – stellvertretend für Millionen Kinder, die ein ähnliches Schicksal teilen. Alaa ist neun Jahre alt. Sechsmal musste sie in den letzten Jahren vor den Kämpfen in ihrem Land fliehen. Und jedes Mal dachte sie, endlich angekommen zu sein, ein echtes Zuhause gefunden zu haben.

Die Kindheit ist normalerweise die Zeit, in der wir ganz von selbst voranschreiten, Neues entdecken und ausprobieren. Wenn wir Erwachsene uns an unsere Kindheit erinnern, dann werden wir oft wehmütig, denken zurück an die eigene Unbeschwertheit und an dieses Gefühl der Geborgenheit und des Beschützt-Seins. In manchem Moment wünschen wir uns diese Leichtigkeit zurück.

Für Alaa dagegen ist Kindheit eine Zeit der Angst, des Abschieds, der Trauer und der Sehnsucht nach Sicherheit und einer Normalität, die sie in ihrem jungen Leben noch nie selbst erleben durfte.

Weltweit wachsen schätzungsweise 250 Millionen Kinder in Kriegs- und Konfliktgebieten auf. Wie können sie die täglichen Schrecken eigentlich aushalten? Wie können sie trotz schlimmster Erlebnisse später als Erwachsene zu selbstbestimmten, zuversichtlich anpackenden Mitgliedern ihrer Gesellschaften werden? Das fragen wir uns unwillkürlich, wenn wir solche Zahlen lesen.

Vielleicht ist es ein Geschenk, dass Kinder so sehr in der Gegenwart leben, dass sie ihre Angst immer wieder für eine gewisse Zeit vergessen können. Ein Geschenk, das wir annehmen sollen, denn wir wissen: Wo Kinder sind und wo wir uns für ihr Recht auf eine gute Kindheit einsetzen, dort ist auch Hoffnung – auch wenn die Umstände noch so schwierig sind.

Dies ist ein Grundgedanke, der sich seit der Gründung von UNICEF vor 70 Jahren durch die Geschichte und die Arbeit des Kinderhilfswerks zieht.

Und doch fällt es schwer, von Hoffnung zu sprechen angesichts des weltweiten Ausmaßes von Kriegen und Konflikten. Selten seit dem Zweiten Weltkrieg wurden Errungenschaften unserer Zivilisation wie die Verständigung auf den Schutz der Kinder- und Menschenrechte oder das Völkerrecht ähnlich ungerührt missachtet wie heute. Und selten waren daher internationale diplomatische Mechanismen zur Konfliktlösung und zur Krisenprävention ähnlich dringend.

Gerade jetzt möchte ich deshalb an den Geist der Verständigung und an die Fähigkeit zum Kompromiss erinnern, die der Idee der Vereinten Nationen und der Arbeit von UNICEF zugrunde liegen. Betrachten wir die Welt gelegentlich mit den Augen von Kindern wie Alaa. Wenn Kinder wie sie nicht die Hoffnung verlieren, dann dürfen wir dies doch erst recht nicht tun!

Lassen Sie mich noch eine persönliche Anmerkung machen.

Als ich vor fünf Jahren, im Frühjahr 2012, die Schirmherrschaft über UNICEF Deutschland übernahm, dauerte der Krieg in Syrien schon ein Jahr an. Diese Tragödie hat mich in all den Jahren nicht losgelassen. Mehrmals hatte ich die Chance, mit Kindern und ihren Eltern zu sprechen, die zwischen die Fronten dieses Konflikts geraten waren. Ich habe ihre Ohnmacht angesichts der Gewalt gespürt und gleichzeitig ihre Sehnsucht nach einem Zuhause und nach Frieden.
Und ich habe immer wieder erfahren, wie wichtig es ist, gerade diesen entwurzelten und in ihrem Grundvertrauen erschütterten Kindern ein Stück Kindheit zu ermöglichen.

Der erste Generalsekretär der Vereinten Nationen, Dag Hammarskjöld, hat einmal gesagt: Die Vereinten Nationen wurden nicht geschaffen, um die Menschheit in den Himmel zu führen, sondern um sie vor der Hölle zu retten.

In Syrien, im Jemen, im Irak oder im Südsudan nehmen humanitäre Helfer oft große Gefahren und Belastungen auf sich, um der Zivilbevölkerung und insbesondere den Kindern beizustehen. Wie dies möglich ist und welche Hindernisse dabei zu überwinden sind, ist Thema des heutigen Neujahrsgesprächs, auf das ich mich sehr freue.

Vielen Dank und nochmals herzlich Willkommen im Schloss Bellevue.