UNICEF-Neujahrsgespräch: „Kindheit braucht Frieden – ein Appell für Kinder aus Krisenregionen“

Schwerpunktthema: Bericht

2. Februar 2018

Elke Büdenbender hat am 2. Februar am UNICEF-Neujahrsgespräch: „Kindheit braucht Frieden – ein Appell für Kinder aus Krisenregionen“ in Schloss Bellevue teilgenommen.

Elke Büdenbender hat am 2. Februar am UNICEF-Neujahrsgespräch: „Kindheit braucht Frieden – ein Appell für Kinder aus Krisenregionen“ in Schloss Bellevue teilgenommen.

Ansprache von Elke Büdenbender:

Änderungen vorbehalten. Es gilt das gesprochene Wort.

Es ist nie zu spät für eine glückliche Kindheit, hat Erich Kästner einmal gesagt.

Angesichts der Not der Kinder in vielen Ländern der Erde könnte man dies für eine Beschönigung oder Sarkasmus halten. Ich erkenne in der Bemerkung aber vor allem eine Aufforderung. Sie lautet: Wir sind verpflichtet, Kindern auch unter den schwierigsten Bedingungen Schutz, Zuversicht und Glück zu ermöglichen. Es geht darum, so etwas wie Kindheit gegenüber den Zumutungen einer oftmals brutalen Wirklichkeit zu verteidigen.

Hierzu gehört zweifellos das Recht eines jeden Kindes, gemeinsam mit anderen Mädchen und Jungen zu lernen und so seine Fähigkeiten zu entwickeln. Die Bildung der Kinder ist heute der wichtigste Rohstoff, auf dem die zukünftige wirtschaftliche und soziale Entwicklung eines jeden Landes aufbaut.

Bildung schafft Chancen – für die Kinder wie für ihre Heimatländer. Aber Bildung braucht auch Chancen – besonders dort, wo sie bedroht ist.

Ich sagte es schon vorhin: Neben Armut und Unterentwicklung sind heute Krieg und Gewalt die größten Feinde der Bildung. Die jahrelange Gewalt im syrischen Bürgerkrieg, in Afghanistan, im Jemen oder Südsudan – um nur einige aktuelle Krisen zu nennen – gefährdet nicht nur das Überleben und die gesunde Entwicklung der Kinder. Sie frisst sich in jede Faser ihres Köpers und in ihre Seelen ein.

Vielleicht haben sie das Mädchen auf diesem Foto wiedererkannt. Das Foto des in Jerusalem geborenen Fotografen Muhammed Muheisen wurde zum UNICEF-Foto des Jahres 2017 gewählt. Es zeigt Zarah, die mit ihren Eltern und Geschwistern aus Syrien geflohen ist und seit 2015 in einer Notunterkunft in der Nähe von Mafraq in Jordanien lebt. Zarahs Augen zeigen unendliche Unschuld und Traurigkeit. Die raue Haut berichtet von einem harten Leben unter Planen, von Hitze im Sommer, Kälte im Winter, von Armut und Mangel. Ihr Gesicht erzählt von dem Schrecken und der Trostlosigkeit, die sie in ihrem jungen Leben bereits erleben musste. Diese Erfahrungen lassen sie deutlich älter wirken als die fünf Jahre, die sie zum Zeitpunkt der Aufnahme alt war.

Zarah ist nur eines von Millionen Kindern im Nahen und Mittleren Osten und anderen Krisenregionen. So viele von ihnen wachsen in einer Umgebung auf, in der die sozialen Voraussetzungen eines friedlichen Zusammenlebens nach und nach zerstört werden. In ihrer entscheidendsten Lebensphase sind sie mit einem unfassbaren Ausmaß an Gewalt, Schrecken und Verrohung konfrontiert.

Nadia Murad legt als erste Sonderbotschafterin der Vereinten Nationen für die Würde der Überlebenden von Menschenhandel hiervon Zeugnis ab. Frau Murad, ich danke Ihnen sehr, dass Sie heute zu uns sprechen. Indem Sie über Ihre Erfahrungen nach dem Überfall von Milizen des sogenannten Islamischen Staates in Ihrer Heimat im Sindschar-Gebirge im Irak berichten, machen Sie allen anderen Überlebenden von Krieg und Gewalt Mut. Sie sorgen dafür, dass die Leiden der Menschen nicht vergessen werden. Und Sie zeigen, wie stark junge Menschen sein müssen und können, um die Unmenschlichkeit zu überstehen.

Im Mittelpunkt des heutigen Neujahrsgesprächs wird die Frage stehen: Was können Hilfsorganisationen, die Politik und auch Privatpersonen tun, um die Widerstandskraft von Kindern und Jugendlichen angesichts schwierigster Umstände zu stärke?.

Die Kindheit ist eine unwiederbringliche Lebensphase. Sie kommt nicht wieder. Deshalb kann Bildung nicht warten, bis Konflikte beendet sind.

Es ist nie zu spät für eine glückliche Kindheit – dieser Gedanke soll uns heute leiten.

Vielen Dank.