Fachtag "Auswirkungen der Digitalisierung auf die Ausbildung von jungen Menschen in der Rehabilitation" der Christlichen Jugenddorfwerke e. V.

Schwerpunktthema: Bericht

8. Juni 2018

Elke Büdenbender hat am Fachtag "Auswirkungen der Digitalisierung auf die Ausbildung von jungen Menschen in der Rehabilitation" der Christlichen Jugenddorfwerke e. V. am 8. Juni in Berlin teilgenommen.

Elke Büdenbender hält beim Fachtag "Auswirkungen der Digitalisierung auf die Ausbildung von jungen Menschen in der Rehabilitation" der Christlichen Jugenddorfwerke e. V. eine Ansprache

Elke Büdenbender hat am Fachtag Auswirkungen der Digitalisierung auf die Ausbildung von jungen Menschen in der Rehabilitation der Christlichen Jugenddorfwerke e. V. am 8. Juni in Berlin teilgenommen und eine Ansprache gehalten.

Ansprache von Elke Büdenbender:

Änderungen vorbehalten. Es gilt das gesprochene Wort.

Die Digitalisierung verändert Lebens- und Arbeitsbedingungen weltweit. Sie hat spätestens durch neue Technologien und Online-Plattformen unseren Alltag verändert – Kommunikationswege und Informationskanäle haben sich neu geordnet. Nicht nur im privaten Bereich, sondern auch in der Arbeitswelt und wird deshalb ganz konkret für jeden spürbar. Doch wie stellen wir uns auf diese Veränderungen ein?

Das Internet und die Digitalisierung sind Grundlage und Treiber dieser Revolution. Produktionswege und Arbeitsabläufe wurden und werden dadurch verändert. Veränderte Produktionsprozesse und Arbeitsbedingungen erfordern Anpassungen von Berufstätigen durch Weiterbildungen. In immer kürzeren zeitlichen Abständen müssen sich die Beschäftigten von heute mit digitalisierten neuen Arbeitsmethoden vertraut machen. Sie müssen sich auf neue Berufsprofile einstellen. Oder auch darauf, dass sich einige Berufe zukünftig nicht nur verändern, sondern möglicherweise ganz verschwinden werden. Das wird alle Bereiche unserer Wirtschaft treffen – das Handwerk, die Industrie und den Dienstleistungssektor.

Umso wichtiger ist für uns als Gesellschaft die Debatte über die Herausforderungen, denen sich aktuelle und auch künftige Generationen von Berufstätigen stellen müssen. Wie kann man sich gut auf das zunehmend durch die Digitalisierung dominierte Arbeitsleben vorbereiten?

So schnelllebig wie sich Arbeitsprozesse revolutionieren, müssen auch Ausbildungsinhalte entsprechend flexibel nachjustiert und immer wieder eingebracht werden.

In wessen Händen aber liegt die Verantwortung für diese Flexibilität.

Gerade von jungen Menschen – um die es ja heute geht –, die am Ende ihrer Schulzeit und vor einer Berufswahl stehen, können wir nicht erwarten, dass sie die Antworten auf diese Veränderungen bereits mitbringen und die Bedürfnisse der Wirtschafts- und Arbeitswelt erfüllen. Zudem reicht die ausschließliche Orientierung an wirtschaftlichen Bedürfnissen nicht aus. Manche werden leichter, andere schwerer mit diesen Anforderungen zurechtkommen.

Wir aber müssen alle jungen Menschen unterstützen und fördern, damit sie mit unserer Hilfe aus eigenen Stücken ihren individuellen Weg ins Berufsleben finden 

Ohne Abschluss findet man keinen Anschluss an die Berufswelt. Deshalb investiert eine Gesellschaft zugleich in die Zukunft, wenn sie in die Jugend investiert.

Unsere Gesellschaft kann es sich dabei nicht leisten,  auf einzelne Mitglieder und deren Talente zu verzichten.

Und weil wir uns diesen Verzicht nicht leisten können, sollten sich Ausbildungsbetriebe bei der Auswahl ihrer Auszubildenden nicht allein vom Prinzip der sogenannten „Bestenauslese“ leiten lassen. Alle Jugendlichen werden gebraucht und haben eine Chance verdient, sich ihren Fähigkeiten entsprechend einzubringen. Das nennt man Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit.

Schulabgängerinnen und Schulabgänger mit schlechten Noten beziehungsweise ohne Schulabschluss oder junge Menschen mit einer Behinderung haben es in der Konkurrenz um Ausbildungsplätze deutlich schwerer als andere. Sie haben zudem viel häufiger aus den unterschiedlichsten Gründen mit den steigenden beruflichen Anforderungen zu kämpfen.

Insbesondere die Digitalisierung verstärkt die Lücke zwischen steigenden Berufsanforderungen und geringen Einstiegsqualifikationen. Junge Menschen mit Behinderung und/oder eingeschränkten kognitiven Fähigkeiten trifft dies in besonderer Intensität.

Immer noch schrecken viele Unternehmen davor zurück, Menschen mit Behinderung auszubilden. Manchen erscheint eine solche Ausbildung zu kompliziert oder zeitintensiv, andere haben vielleicht Berührungsängste oder ihnen fehlt der Mut oder auch schlicht die Information über Hilfestellungen für den Betrieb.

Ich möchte nochmals betonen, dass wir in einem Land, in dem Lehrstellen unbesetzt bleiben, auf diese jungen Menschen mit besonderem Betreuungs- und Ausbildungsbedarf nicht verzichten können. Entscheidend ist, sie sind natürlich nicht weniger wert, als die sogenannten Leistungsstarken. Sie sind nur stärker auf Unterstützung angewiesen. Auch diese jungen Menschen müssen die Möglichkeit haben, eine Berufswahl zu treffen und Ausbildungsverträge abzuschließen.

Die Unternehmen müssen stereotypische Erwartungen an ihre Auszubildenden und Mitarbeiter korrigieren. Sie haben die Möglichkeit Strukturen zu schaffen, um dem besonderen Unterstützungsbedarf von Leistungsschwächeren gerecht zu werden.

In jedem Menschen schlummern Talente. Natürlich ist es auf den ersten Blick leichter, Menschen in sein Unternehmen zu integrieren, die sich ihrer Fähigkeiten bewusst sind und keine besondere Unterstützung benötigen. Ein Unternehmen aber, das die Talente seiner Auszubildenden mit diesen gemeinsam entdeckt, fördert und in die Abläufe einfließen lässt, kann jedoch genauso von Innovation und Leistungssteigerung profitieren.

Betrachtet man sogenannte Behinderungen aber als individuelle Fähigkeiten und  Stärken, erkennt man den Gewinn, der in dieser Vielfalt liegt.

Menschen mit Behinderung vereinen in sich Schwächen und Stärken: Körperliche Einschränkungen fordern oft eine hohe Problemlösungskompetenz. Beispielsweise für diejenigen, die in einem Rollstuhl sitzen und Treppen überwinden müssen. Blinde Menschen verfügen über ein viel sensibleres Hör- und Tastvermögen. Menschen mit Autismus haben meist ganz besondere Fähigkeiten, wie beispielsweise ein überdurchschnittlich ausgeprägtes logisches Denken.

Kognitive Besonderheiten gehen oft mit einer besonderen sozialen Kompetenz einher

Lassen Sie uns also sagen, dass all diese vermeintlichen Schwächen vielmehr Talente sind, die es zu entdecken und zu fördern gilt!

Die Digitalisierung verändert, wie eingangs gesagt, den Arbeitsalltag und Arbeitsabläufe in rasantem Tempo. Beispielsweise sind vom Wegfall der Unterstützerberufe junge Menschen mit besonderem Betreuungsbedarf am unmittelbarsten betroffen. Jobs, die sie mit Freude und Stolz ausfüllen, fallen weg. Die Betroffenen fühlen sich dort nicht mehr gebraucht.

In unserer Gesellschaft wird aber jeder Mensch  gebraucht und ist willkommen.

So gilt es nicht nur Ausbildungsinhalte flexibel zu gestalten, sondern auch die beruflichen Einsatzmöglichkeiten.

Die Digitalisierung – wir wollen sie nicht verteufeln oder einen Popanz aus ihr machen – birgt nicht nur Risiken, sondern auch die Chance bestehende Barrieren zu beseitigen: Ein Computer, der Texte vorliest; ein Computer, der Diktiertes in einen geschriebenen Text verwandelt; ein Roboter, der beim Tragen von Dingen hilft; ein Computer, der Wissenslücken schließt.

Die Fachtagung des Christlichen Jugenddorfwerks wird sich in Vorträgen und Diskussionen mit diesen Chancen der Digitalisierung beschäftigen. Sie wollen die Zukunft mitgestalten und sind ganz vorne mit dabei! Ich bin gespannt auf Ihre Kreativität und Ihren Ideenreichtum.

Vielen Dank!