Verleihung des HanseMerkur Preises für Kinderschutz

Schwerpunktthema: Bericht

15. Juni 2018

Elke Büdenbender hat am 15. Juni den HanseMerkur Preis für Kinderschutz in Hamburg verliehen und eine Ansprache gehalten.

Elke Büdenbender mit den Preisträgerinnen und Preisträgern des HanseMerkur Preises für Kinderschutz

Elke Büdenbender hat am 15. Juni den HanseMerkur Preis für Kinderschutz in Hamburg verliehen und eine Ansprache gehalten.

Den Hauptpreis erhielt in diesem Jahr das Kinderhaus Mignon der Benita Quadflieg-Stiftung. Die Anerkennungspreise gingen an den DRK-Kreisverband Hamburg-Harburg für das Projekt Kinderteller Neuwiedenthal, den Verein Kinderklinikkonzerte e. V. Magdeburg sowie an die Uniklinik Köln für das Projekt Innovative Physiotherapie und Rehabilitation für Kinder und Jugendliche mit Glasknochen.

Unter dem Motto Sorge für Kinder ist Vorsorge für die Zukunft vergibt die HanseMerkur seit 1981 den mit insgesamt 50.000 Euro dotierten HanseMerkur Preis für Kinderschutz. Sie zeichnet damit Personen, Gruppen, Vereine und Initiativen aus, die sich ehrenamtlich und in besonderer Weise um das Wohl von kranken, behinderten oder sozial benachteiligten Kindern bemühen.

Ansprache von Elke Büdenbender:

Änderungen vorbehalten. Es gilt das gesprochene Wort.

Über Ihre Einladung, die Schirmherrschaft für die heutige Preisverleihung zu übernehmen und die Auszeichnungen zu übergeben, habe ich mich sehr gefreut. Zum einen stehe ich damit in einer langen Tradition meiner Vorgängerinnen und zum anderen beeindruckt es mich sehr, wie erfolgreich Sie mit dem HanseMerkur Preis für Kinderschutz im bereits vierten Jahrzehnt das ehrenamtliche Engagement privater Initiativen stärken und anerkennen, die sich besonders für junge Menschen und ihre Familien einsetzen.

Bei meinen zahlreichen Begegnungen mit engagierten Bürgerinnen und Bürgern im Laufe des vergangenen Jahres ist mir erst bewusst geworden, wie viele Menschen in Deutschland neben Beruf und Kindern ein Ehrenamt übernehmen. Das hat mich nicht nur sehr beeindruckt. Es ist auch für den Zusammenhang unserer Gesellschaft essentiell. Und dass die HanseMerkur herausragende Projekte und Initiativen im Kinder- und Jugendschutz seit 1980 ehrt und auszeichnet, erfüllt einen wichtigen Zweck. Denn vorbildliches Engagement verdient auch Anerkennung!

Mir liegen neben meinen Schirmherrschaften für das Müttergenesungswerk und UNICEF Deutschland vor allem jene über die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung und die Bundesinitiative Klischeefrei sehr am Herzen. Damit sind die Themen Chancengleichheit und die Vielfalt der Bildungswege ebenso berührt wie der Lebensabschnitt zwischen Schule und Beruf. Denn hier werden die Weichen für die Zukunft, für Glück, Erfolg und ein erfülltes Leben gestellt. Es geht darum, den Jugendlichen Mut zu machen, Ihnen unterschiedliche Pfade aufzuzeigen, Ihnen das Gefühl zu nehmen, sie steckten in einer Sackgasse. Natürlich hängt mein Einsatz auch mit meiner eigenen Biographie zusammen, die mich von einer Aufbaurealschule über die Arbeit als Industriekauffrau bei einer Maschinenbaufirma und ein Studium der Rechtswissenschaften bis zur Tätigkeit als Verwaltungsrichterin führte. Dabei bin ich nicht der Auffassung, dass ein Studium die „Krone“ des Bildungswesens ist. Im Gegenteil steht für mich der duale Ausbildungsweg gleichwertig neben einem Studium. Unser Bildungssystem bietet überall Wege und wo nötig auch Auswege.

Gleichwohl sind die Aufstiegschancen für Kinder aus Familien mit einem kleineren Bildungshorizont nach wie vor zu schlecht in unserem Land. Bildungsgerechtigkeit heißt für mich, auch benachteiligte Kinder gezielt zu fördern. Wir können es uns einfach nicht leisten, Kinder zurückzulassen. Und dabei kommt eine alte pädagogische Grundregel ins Spiel. Es gilt, bei der beruflichen Aus- und Weiterbildung die Stärken zu stärken. Darauf zu schauen, was Menschen können und nicht darauf, was sie nicht beherrschen. Nur, wenn wir den Blick auf die Stärken junger Menschen richten, können sich ein positives Selbstwertgefühl und ihre erfüllte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben entwickeln.

Erich Kästner hat einmal gesagt, es sei nie zu spät für eine glückliche Kindheit. Die vier Preisträger, die wir heute mit dem HanseMerkur Preis für Kinderschutz auszeichnen, haben sich dieses Credo auf die Fahnen geschrieben.

Die Benita Quadflieg Stiftung ermöglicht in Hamburg mit dem Kinderhaus Mignon eine seelische Intensivstation für traumatisierte Kinder, die aus unterschiedlichsten Gründen nicht in ihren Herkunftsfamilien bleiben konnten. In familienanalogen Gruppen des Schutzhauses werden diese nicht nur liebevoll rund um die Uhr betreut. Sie erhalten auch eine zweite Chance auf eine glückliche Kindheit, auf ein Leben, wo Vertrauen wieder wachsen kann und wo Ersatzeltern ihnen auch später bei der Weichenstellung für eine adäquate Ausbildung und bei einem guten Start ins Berufsleben helfen.

Ein innovatives physiotherapeutisches Konzept an der Uniklinik Köln verbessert die Lebensqualität junger Menschen, die an der seltenen und genetisch verursachten Glasknochenkrankheit leiden. In einer Spezialambulanz der Domstadt, dem nationalen Referenzzentrum, werden die jungen Patienten und ihre Familien intensiv geschult und betreut sowie durch innovative physiotherapeutische Verfahren stabilisiert. Dadurch werden Brüche und Fehlbelastungen weitgehend vermieden. Die betroffenen Kinder und Jugendlichen erfahren einen höheren Grad der Teilhabe am Leben und erreichen mehr Eigenständigkeit jenseits des Rollstuhls. Damit erhöhen sich deutlich ihre Chancen auf ein selbstbestimmtes und selbständiges Leben.

Momente der Freude im oft tristen und von den jungen Patienten als bedrückend und angsterfüllt empfundenen Klinikalltag stiften die Überraschungskonzerte eines Magdeburger Vereins. Hier haben sich Rettungsassistenten und -piloten, Krankenschwestern, Ergotherapeuten, Psychologen und eine Kinderärztin zusammengetan, um bundesweit für Drei- bis Siebzehnjährige bekannte Bands und Künstler auf die Stationen und an die Betten zu bringen, was auch Eltern, Geschwister und das Stationspersonal erfreut. Kinderklinikkonzerte e.V. sorgen für Glück und Aufmunterung im System Krankenhaus, für leuchtende Augen und für die Betroffenen für unvergessliche Augenblicke, ihren Stars ganz nahe gewesen zu sein.

Und last not least macht der Kinderteller Neuwiedenthal in einem sozial benachteiligten Hamburger Wohnviertel ein Wochenendangebot, das leider für manche junge Menschen in ihren Familien nicht selbstverständlich ist. Samstags und sonntags erhalten Kinder und Jugendliche zwischen drei und 14 Jahren in einer Kita des Deutschen Roten Kreuzes eine warme Mahlzeit. Und so sorgt ein spendenfinanziertes Ehrenamtlichen-Projekt dafür, dass die Gesellschaft jungen Menschen aus einem von Armut und Bildungsferne geprägten Umfeld die Hand reicht und dass sie Wertschätzung und Respekt erfahren.

Mein Glückwunsch gilt schon jetzt allen Preisträgern für ihr herausragendes Engagement! Und ich möchte wiederholen, was ich bereits im Februar anlässlich des UNICEF-Neujahrsgesprächs ausgeführt habe: Wir sind verpflichtet, Kindern auch unter schwierigsten Bedingungen Schutz, Zuversicht und Glück zu ermöglichen. Es geht darum, so etwas wie Kindheit gegenüber den Zumutungen einer oftmals brutalen Wirklichkeit zu verteidigen.

Ich danke den Preisträgern für ihr Wirken und Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.