Tischrede von Bundespräsident Christian Wulff beim Staatsbankett zu Ehren des Präsidenten der Republik Malawi, Ngwazi Professor Bingu wa Mutharika

Schwerpunktthema: Rede

Schloss Bellevue, , 2. September 2010

Bundespräsident Christian Wulff, Schloss Bellevue

Änderungen vorbehalten. Es gilt das gesprochene Wort.

Es ist mir eine besondere Freude und Ehre, Sie als ersten Staatsgast meiner Amtszeit im Schloss Bellevue willkommen zu heißen. Für mich ist dies ein wichtiges Zeichen der Kontinuität: Mein Amtsvorgänger, den ich besonders herzlich unter uns willkommen heiße, hat sich mit Erfolg dafür eingesetzt, dass die Beziehungen mit unserem Nachbarkontinent Afrika eine neue Qualität erfahren. Heute haben wir Sie als Staatspräsident und Vorsitzenden der Afrikanischen Union zu Gast. Dies zeigt: Deutschland blickt weiterhin mit großem Engagement auf Afrika.

Der letzte Staatsbesuch aus Malawi liegt fast dreißig Jahre zurück. Diese lange Zeitspanne vermittelt aber ein falsches Bild über die Kontinuität unserer Kontakte: Deutschland ist neben Großbritannien das einzige europäische Land, das seit der Unabhängigkeit in Malawi durch einen Botschafter vertreten ist. Unsere politische Zusammenarbeit ist vertrauensvoll. In den letzten Regierungsverhandlungen vor einem Jahr hat Deutschland seine Zusagen in der Entwicklungszusammenarbeit für Malawi verdoppelt. Deutschland steht zu seinen Partnern.

Auch die Kontakte zwischen den Bürgerinnen und Bürgern unserer Länder haben eine lange Geschichte: Ein Beispiel dafür ist die Städtepartnerschaft zwischen Blantyre und Hannover, die schon 1968 ins Leben gerufen wurde. Deutsche Wissenschaftler erforschen schon lange in Zusammenarbeit mit ihren malawischen Kollegen anhand von Fossilien die Ursprünge des Menschen. Ich freue mich sehr, dass die neu gegründete Deutsch-Malawische Gesellschaft allen interessierten Bürgerinnen und Bürgern als Anlaufpunkt zur Verfügung steht.

Herr Präsident, Sie sind mit einer hochrangigen Delegation gekommen, um auch die unternehmerische Zusammenarbeit zu vertiefen. Ich begrüße das sehr: Malawi weist schon seit mehreren Jahren hohe Wachstumsraten auf. Ich möchte die deutsche Wirtschaft ermutigen, auch weiter genau zu prüfen, wie sie sich noch stärker an diesem Wachstum beteiligen kann. Der Afrikaverein der deutschen Wirtschaft hat in seiner jüngsten Umfrage festgestellt, dass das Interesse der deutschen Unternehmer auch und gerade an den kleineren Volkswirtschaften in Afrika hoch ist. Dabei spielen nicht nur wirtschaftliche Faktoren eine Rolle: Malawi wird von der deutschen Wirtschaft nicht zuletzt wegen seiner unabhängigen Justiz und der Beachtung von Meinungsfreiheit geschätzt.

Wirtschaftliche, gesellschaftliche und politische Entwicklung gehen Hand in Hand. Die Achtung der Menschenrechte ist dabei eine unverzichtbare Basis. Sie, Herr Präsident, haben am eigenen Leib erfahren müssen, welches Leid autoritäre Regierungen über ganze Familien bringen können. Ihre ganz persönliche Geschichte ist für Sie eine Ursache, mit ganzem Herzen für die Achtung der Menschenrechte, für Freiheit und Wahrung demokratischer Prinzipien einzutreten.

Als jüngst Härte und ein noch aus der britischen Kolonialzeit stammendes Strafrecht zwei jungen Männern zum Verhängnis zu werden drohte, haben Sie Gnade walten lassen und damit, gegen innenpolitische Widerstände, den Schutz und die Freiheit aller Menschen in Malawi in den Mittelpunkt gestellt. Dies war eine wichtige und mutige Entscheidung, die unseren vollen Respekt verdient.

Vom ehemaligen Bundeskanzler Willy Brandt stammt das Zitat: "Satte Menschen sind nicht notwendigerweise frei, hungernde Völker sind es auf jeden Fall nicht". Nach Schätzungen der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der UNO, FAO, ist 2009 die Zahl der unterernährten oder hungernden Menschen weltweit auf über eine Milliarde Menschen gestiegen. Doch in Malawi muss heute kaum jemand mehr an Hunger leiden. 2005 brauchte Ihr Land noch Nahrungsmittelhilfe aus dem Ausland - heute erwirtschaftet es landwirtschaftliche Überschüsse. Ein Erfolg, auf den Sie ganz persönlich stolz sein können und für den Sie von der FAO mit der höchsten Auszeichnung gewürdigt wurden.

In Ihrer Politik standen von Anfang an die Kleinbauern im Mittelpunkt. Mit staatlich subventionierten Gutscheinen konnten sie Düngemittel und Saatgut kaufen. Das Programm war unter den Geberländern sehr umstritten. Aber der Erfolg gibt Ihnen Recht. Er zeigt zwei wichtige Punkte: Erstens: Der Kampf gegen den Hunger kann gewonnen werden. Und zweitens: Afrikanische Probleme brauchen afrikanische Lösungen. Die Geber spielen in der Umsetzung zwar eine wichtige Rolle. Aber der Impuls muss aus Afrika selber kommen.

Es ist daher nur folgerichtig, dass Sie Ihre Erfahrungen auch in Ihren Vorsitz der Afrikanischen Union einbringen. Ihren Vorschlag eines "African Compact on Food Security" aus Vertretern der Afrikanischen Union und der Geberländer halte ich für sehr interessant. Wir sollten gemeinsam intensiv darüber sprechen, wie die Welt im 21. Jahrhundert angesichts des Klimawandels ihre wachsende Bevölkerung ernähren kann. Malawi, "the warm heart of Africa", ist dabei für Deutschland ein wichtiger Partner. Das möchte ich heute zum Ausdruck bringen.

Ich bitte Sie, mit mir das Glas zu erheben und einen Toast auszubringen: auf die Gesundheit von Staatspräsident Mutharika und seiner Frau, auf das Wohl des Volkes von Malawi und auf die Freundschaft zwischen unseren beiden Ländern.