Bundespräsident Christian Wulff beim Benefizkonzert des Bundespräsidenten

Schwerpunktthema: Rede

Kölner Philharmonie, , 24. September 2010

Bundespräsident Christian Wulff am Rednerpult der Kölner Philharmonie

Ich freue mich, heute bei Ihnen in Köln zu sein, hier in der wunderbaren Philharmonie, die dieser Stadt und ihren Bürgern immer wieder so viele herausragende musikalische Erlebnisse beschert.

Das Benefizkonzert des Bundespräsidenten ist eine Erfindung von Bundespräsident Richard von Weizsäcker. Getreu dem guten Rat, von Zeit zu Zeit das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden, hatte er die Idee, musikalische Spitzenorchester um ein Konzert zu Gunsten eines guten Zwecks zu bitten.

Lange Zeit fand dieses Konzert einmal im Jahr in Berlin statt. Bundespräsident Köhler hat dann entschieden, das Benefizkonzert zweimal jährlich stattfinden zu lassen - und zwar nacheinander in allen Bundesländern. Das stärkt nicht nur den Gedanken des Föderalismus. Es zeigt auch, wie sehr die Kultur - und gerade die Musik - in den Bundesländern, in den verschiedenen Regionen Deutschlands zuhause ist. Unser Land hat die größte Orchesterdichte der Welt; musikalisches Leben ist überall in unserem Land von hoher Wertschätzung getragen.

Damit das auch so bleibt, soll auch die nachkommende Generation an das eigenständige Musizieren herangeführt werden - und zwar möglichst alle Kinder eines Jahrgangs. Das ist die großartige Idee, die hinter der Initiative "JEKI" - "Jedem Kind ein Instrument" steckt. Zu Gunsten dieser Initiative wird heute dieses Konzert veranstaltet. Denn jedes Kind - egal welcher familiären oder kulturellen Herkunft - soll die Chance bekommen, sich mit einem Instrument seiner Wahl vertraut zu machen. Das kostet viel Geld. Dazu gibt es Geld vom Staat - aber auch viele private Sponsoren haben sich dieser tollen Initiative verschrieben.

Übrigens stammt diese Idee, die in Deutschland zuerst im Ruhrgebiet aufgegriffen wurde, aus Venezuela. Eigenständiges Musizieren, das Spielen eines Instrumentes, vor allem im Ensemble und im Orchester, stärkt nicht nur die kulturelle Kompetenz der Heranwachsenden, es stärkt ihre soziale Kompetenz, also das aufeinander Hören und das aufeinander Eingehen. Die Sprache der Musik ist eine Sprache, die in allen Kulturen verstanden wird, die uns alle miteinander verbinden kann.

Deutschland ist, wie wir immer wieder hören und sagen, eine Kulturnation. Das zeigt sich aber nicht nur in den Spitzenprodukten seiner renommierten Opern, Theater und Orchester - das muss sich auch daran zeigen, wie groß und wie breit die Teilhabe aller, aller Kinder und aller Erwachsenen, an dieser Kultur ist.

Ich danke allen, die heute Abend eine Karte gekauft haben, um nicht nur sich selbst mit einem wunderbaren Konzert zu beschenken, sondern damit auch diesen guten Zweck, "Jedem Kind ein Instrument", fördern. Und ich danke besonders auch denjenigen Personen und Unternehmen, die, weit über die Eintrittskarte hinaus, das Anliegen finanziell unterstützen.

Köln ist in ganz besonderer Weise eine Stadt der alten und ältesten Kultur. Köln ist ein Schmelztiegel der Völker und Kulturen geworden - zugegeben: historisch nicht immer auf friedliche Weise. Im neuen Diözesan-Museum Kolumba, zu dem ich Köln nur beglückwünschen kann, bekommt man alle diese Schichten, von der Römerzeit bis zur Gegenwart, auf einen Blick vor Augen geführt.

Kultur ist beides: Erbe und Auftrag. Wie katastrophal es ist, wenn mit dem kulturellen Erbe ein Teil des kulturellen Gedächtnisses verloren geht, hat gerade Köln beim Einsturz seines Stadtarchivs erleben müssen. Vieles ist für immer verloren. Eindrucksvoll ist aber auch die Hilfsbereitschaft überall, Köln bei der Wiederherstellung zu helfen. Wir müssen uns immer wieder klarmachen, wie sehr wir verantwortlich sind für das, was uns zur Weitergabe an die kommenden Generationen übergeben worden ist - und wie sorgfältig und aufmerksam wir damit umgehen müssen.

Wenn heute dieses Konzert hier in Köln stattfindet, dann verstehe ich das nicht nur als Mahnung der Achtung vor dem Erbe, sondern auch als Zeichen der Zuversicht, dass die Geschichte der Kultur in Deutschland weitergeht. Sie geht weiter gerade auch mit den vielen Menschen aus den vielen anderen Kulturen, die das einbringen können, was sie an Kreativität, Phantasie und Gestaltungswillen in sich haben. Unsere Gesellschaft kann dann so bunt und strahlend werden, wie das neue Richter-Fenster im Dom, wo sich Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft auf so glückliche Weise verbinden.

Ich wünsche uns allen jetzt einen schönen und bewegenden Abend und ein unvergessliches Konzert.