Staatsbankett, gegeben von der Präsidentin der Föderativen Republik Brasilien, Dilma Rousseff

Schwerpunktthema: Rede

Brasilia/Brasilien, , 5. Mai 2011

Bundespräsident Christian Wulff bei seiner Ansprache

Ich danke Ihnen, Frau Präsidentin, auch im Namen meiner Frau und meiner gesamten Delegation, für den herzlichen Empfang, den Sie uns bereitet haben.

Brasilien ist unser wichtigster und einziger strategischer Partner in Lateinamerika. Es war mir deshalb ein besonderes Anliegen, Ihr Land zum Ziel der ersten Lateinamerika-Reise meiner Amtszeit zu machen. Und mir ging es auch darum, Sie, Frau Präsidentin, schon in den ersten Monaten Ihrer Amtszeit zu treffen.

Ich weiß - um mit den Worten des deutschsprachigen Schriftstellers Stefan Zweig zu sprechen -, „dass ein ganzes Leben kaum ausreichte, um sagen zu dürfen: ich kenne Brasilien.“ Und doch wollte ich mir einen eigenen Eindruck verschaffen von Ihrem in jeder Hinsicht aufstrebenden Land.
Ich möchte Brasilien zu seiner beeindruckenden Entwicklung gratulieren. Ihr Land, Frau Präsidentin, hat sich mit seinem dynamischen Wirtschaftswachstum und der sozialen Entwicklung in den vergangenen Jahren Anerkennung und Respekt erarbeitet, nicht nur in Deutschland, sondern weltweit. Wir wollen die Potenziale für eine noch engere Zusammenarbeit in den verschiedenen Regionen Ihres Landes aktivieren.

Besonders eindrucksvoll hat sich unsere Zusammenarbeit im Wissenschaftsbereich entwickelt. Das gerade zu Ende gegangene deutsch-brasilianische Jahr der Wissenschaft, Technologie und Innovation hat unseren Wissenschaftsbeziehungen einen neuen Schub verliehen. In vielen Disziplinen ist Brasilien an die Weltspitze der Forschung vorgedrungen. Für uns ist Ihr Land auch deshalb ein interessanter Partner. Brasilien und Deutschland sind zwei High-Tech-Nationen. Brasilien ist eines der wenigen Länder, in denen Deutschland künftig mit einem Deutschen Wissenschafts- und Innovationshaus präsent sein wird. Die Zusammenarbeit deutscher und brasilianischer Universitäten und Forschungsinstitute wird nicht nur zu neuen Projekten führen, sondern auch dazu beitragen, auf Zukunftsfragen wie den Klimawandel und die nachhaltige Entwicklung gemeinsame Antworten zu finden.

Bereits heute sind Deutschland und Brasilien enge Partner im Klimaschutz. Brasilien hat sich freiwillig zu ambitionierten Reduktionszielen beim Ausstoß von Treibhausgasen bekannt. Auch auf internationaler Ebene tritt es engagiert auf. Sichtbares Symbol hierfür ist die Ausrichtung der Rio+20-Konferenz im nächsten Jahr, für die ich viel Erfolg wünsche. Wir stehen an der Seite Brasiliens.

Brasilien hat Stimme und Gewicht in der Welt. Die Stärke des Landes gründet dabei nicht nur auf seinem wachsenden wirtschaftlichen Gewicht und seiner erfolgreichen Außenpolitik. Sie ist auch das Ergebnis des erfolgreichen Verknüpfens von Demokratie und Marktwirtschaft. Die Erfolge bei der Armutsbekämpfung machen Brasilien für viele Länder des Südens zu einem Vorbild. Ich freue mich, dass Brasilien bereit ist, globale Verantwortung zu übernehmen und seinen Einfluss mit großer Um- und Rücksicht geltend macht.

Mehr als 350 Jahre ist es her, dass der deutsche Forschungsreisende Georg Markgraf 1647 die erste auf exakter Vermessung beruhende Karte Brasiliens erstellte. Heute zeichnen Brasilien und Deutschland gemeinsam mit allen anderen an einer neuen Weltkarte – der Karte einer fairen Globalisierung mit Werten wie den universellen Menschenrechten und völkerrechtlich anerkannten Regeln. Sie, Frau Präsidentin, zeichnen sich dabei durch eine besondere, persönliche Glaubwürdigkeit in Ihrem Einsatz für Recht und Gesetz aus. Es ist der Wunsch Deutschlands, gemeinsam mit Ihrem Land in den Vereinten Nationen mehr Verantwortung für Frieden und eine gerechte Entwicklung zu übernehmen.

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Verbindungen zwischen Deutschland und Brasilien reichen mehrere Jahrhunderte zurück. Deutsche Einwanderer, vor allem im Süden Brasiliens, haben starke Beiträge zur Entwicklung des Landes geleistet. Sie und die in den letzten Jahrzehnten gewachsenen engen Beziehungen bilden das feste Fundament der Freundschaft unserer Nationen.

Im Jahr 2013 werden wir der Vielfalt unserer politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen noch größere Sichtbarkeit verleihen: Im Rahmen eines Deutschlandjahres wollen wir Brasilien ein authentisches Bild seines strategischen Partners Deutschland vermitteln. Ich lade die Bürgerinnen und Bürger Ihres Landes ein, die Vorbereitungen aktiv zu begleiten. Wir freuen uns dann schon auf die Fußball-WM 2014 und die Olympischen Spiele 2016 in Ihrem wunderschönen Land. Gleichzeitig hoffen wir auf einen Erfolg der Kandidatur Münchens für die Olympischen Winterspiele 2018.

Sie, Frau Präsidentin, unterstützen unser Vorhaben zum Deutschlandjahr. Darüber bin ich besonders froh. Und ich freue mich auf ein buntes und vielseitiges Jahr, das unsere Nationen noch enger verbinden wird.

Schon im Jahr 1941 beschrieb Stefan Zweig mit großer Weitsicht Brasilien als ein Land, „dessen Wichtigkeit für die kommenden Generationen auch mit den kühnsten Kombinationen nicht auszudenken ist“.

In diesem Sinne bitte ich Sie nun, mit mir Ihr Glas zu erheben und auf das Wohl von Staatspräsidentin Dilma Vana Rousseff zu trinken, auf die gute Zukunft Brasiliens und auf die hervorragenden Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern!