Festakt "200 Jahre Krupp"

Schwerpunktthema: Rede

Essen, , 20. November 2011

Bundespräsident Christian Wulff hat am 20. November in Essen am Festakt zum 200-jährigen Bestehen des Unternehmens Krupp teilgenommen. In seiner Festrede lobte er den Umgang des Unternehmens mit seinen Beschäftigten, erinnerte aber auch an Rüstungsproduktion und Zwangsarbeit in der Zeit des Nationalsozialismus.

 Bundespräsident Christian Wulff bei seiner Ansprache in der Villa Hügel

An diesem besonderen Tag bei Ihnen hier in der Villa Hügel zu sein, ist eine große Freude. Vor exakt 50 Jahren, am 20. November 1961, hatte Bundespräsident Theodor Heuss an dieser Stelle die Freundlichkeit, dem Festredner der heutigen 200-Jahr-Feier aufzutragen, von den Erfolgen Berthold Beitz’ zu sprechen - er wolle das nicht tun, denn es wäre dem Anwesenden wohl peinlich.

Sie, lieber Herr Beitz, haben unendlich viel nicht nur für den geschäftlichen Erfolg, sondern gerade auch für die Erinnerung an Krupp getan. Eine Eloge auf Sie wäre ein Leichtes und würde uns allen Freude bereiten. Sie aber haben nicht nur den ersten, sondern auch den zehnten Bundespräsidenten überzeugt, immer noch zu bescheiden zu sein, um das zu goutieren.

Deshalb habe ich mich faszinieren lassen auch von den knapp eineinhalb Jahrhunderten der Firma vor Ihrer Berufung zum Generalbevollmächtigten und Ihrer außergewöhnlichen Leistung seither. Ich reiche den Auftrag von Heuss erst einmal an die Festrednerin oder den Festredner der 250-Jahr-Feier weiter.

200 Jahre Krupp – die Beschäftigung mit diesen zwei Jahrhunderten Unternehmensgeschichte führt uns Vieles vor Augen, das zum Besten der Deutschen und der deutschen Wirtschaftskultur gehört: Innovationskraft und Ingenieursleistungen, Erfinder- und Unternehmergeist, beeindruckende soziale Verantwortung. Auch mich fasziniert der Mythos Krupp: Immer war man beseelt und besessen davon, Neues zu kreieren und Lösungen für Probleme und Herausforderungen zu präsentieren. Bis heute ist ThyssenKrupp hier vorbildlich: Ihre IdeenParks begeistern Hunderttausende junge Leute für Naturwissenschaft, Informatik, Technik und die gewerblichen Berufe.

Aber wir begegnen auch dem Ernsten und Düsteren unserer Geschichte. Krupp als Rüstungsproduzent für die preußisch-deutschen Kriege und für zwei Weltkriege, die viele Millionen Menschen das Leben kosteten. Der Einsatz von Zwangsarbeitern – Krupp hat die moralische Verantwortung dafür anerkannt, 1959 Entschädigung an die jüdischen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter gezahlt und 1998 die Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft und des deutschen Staates zur Entschädigung der nicht jüdischen Zwangsarbeiter mit ins Leben gerufen und zu einem erfolgreichen Abschluss geführt. Sie haben sich Ihrer historischen Verantwortung gestellt.

200 Jahre Krupp – das ist eine Geschichte von Friedrich Krupps Bestecken und Kochtöpfen, von Münzprägestempeln und Gussstahlwalzen über Werkzeuge für den boomenden Bergbau, die neuen Stahlkanonen und die nahtlosen Radreifen für Eisenbahnräder, die seit 1875 bis heute das Firmenlogo bilden, bis zu Kriegsschiffen und U-Booten der Kieler Germania-Werft. Später statt und neben der Rüstungsproduktion Lokomotiven, Lastwagen, Landmaschinen, Bagger, dazu selbstentwickelte Werkstoffe mit den schönen Namen „Wipla“ - wie Platin, „Widia“ = wie Diamant oder „Nirosta“ - nicht rostender Stahl. Schließlich die heutige Produktpalette von Personenbeförderungsanlagen bis zu Industrieanlagen und neuen Werkstoffen, die helfen, Umwelt, Klima und Ressourcen zu schonen. Und alles konnte man anfassen. Realwirtschaft mit Eigentümerverantwortung: wie wohltuend angesichts der Exzesse in unregulierten Finanzmärkten mit Schattenbanken in einem Volumen von über 40 Billionen Euro!

Krupp verdankt der Industrialisierung des 19. Jahrhunderts den Aufstieg und hat sie mitgeprägt. Heute hilft ThyssenKrupp, die weltweite Industrialisierung unserer Zeit in nachhaltige Bahnen zu lenken.

Die Geschichte von Krupp ist eine Geschichte des langen Atems gerade zu Beginn: 25 Jahre lang machte man konstant Verluste. Aber die Geldgeber in der Familie hielten durch, weil sie an den Erfolg glaubten.

Es ist die Geschichte eines atemberaubenden Wachstums: von den drei Gesellschaftern und zwei Arbeitern der am 20. November 1811 etablierten „Stahl Fabrik“ Friedrich Krupp über die mehr als 1.000 Arbeiter von 1857, die 10.000 von 1871 bis zu den 80.000 des Konzerns am Vorabend des Ersten Weltkriegs – das größte Unternehmen im Deutschen Reich.

Es ist eine Geschichte, die eng verknüpft ist mit der deutschen und europäischen Geschichte insgesamt. Bereits der Gründungsimpuls ist Ergebnis einer Staatsaktion, nämlich Napoleons gegen England gerichteter Kontinentalsperre. Von den führenden englischen Produkten abgeschnitten, entstand – wie Friedrich Krupp erkannte – der Raum zu eigener Gussstahlproduktion. 1834 erschuf der Deutsche Zollverein einen Markt bisher unbekannten Ausmaßes in Mitteleuropa, den Alfred Krupp, sein Sohn, sofort zu erobern begann. Der Siegeszug der Eisenbahn, der europäische Rüstungsbedarf seit dem Krimkrieg, die preußischen Kriege der 60er-Jahre – das sind die historischen wie die geschäftlichen Wegmarken. In Bismarcks Wort von „Eisen und Blut“, durch die die großen Fragen der Zeit entschieden würden, klingt das an – wobei Krupp 1866 auch Österreich belieferte! Schließlich Preußen-Deutschlands Sieg über Frankreich, bereits für die Zeitgenossen wesentlich ein Triumph der Stahlgeschütze Krupps über die französischen Bronze-Kanonen. Der Aufstieg der Firma und der Aufstieg Preußen-Deutschlands waren eng verwoben.

Im vergangenen Jahrhundert dann zwei Weltkriege mit verheerenden Folgen für Millionen Menschen, Zerstörung von Krupps Rüstungspotenzial aufgrund des Versailler Vertrags, nach 1945 Demontage und Entflechtung des Konzerns, Nürnberger Prozesse und Verurteilung von Alfried Krupp von Bohlen und Halbach wegen des Einsatzes von Zwangsarbeitern, drei Jahre später seine Begnadigung und die Wiedereinsetzung in sein Eigentum, der Wiederaufstieg der Firma in der Wirtschaftswunderzeit, untrennbar verbunden mit dem Namen Berthold Beitz.

Auch die führenden Persönlichkeiten in dieser Parallelgeschichte lassen sich mit Gewinn zusammen betrachten. Lothar Gall hat die Ähnlichkeiten fein herausgearbeitet. Alfred Krupp und Bismarck, die Willensmenschen, die Revolution lieber machen als erleiden wollten, wie Bismarck es ausdrückte – der eine die politische, der andere die industrielle Revolution. Beide griffen bei konservativem politischen Temperament alles Neue auf und machten es ihrer leitenden Idee dienstbar: hier der Macht Preußens, dort dem Erhalt und Wachstum der Firma.

Wie Alfred ein Mann Bismarcks und Wilhelms I., so wurde dann der Sohn Friedrich Alfred ein Mann Wilhelms II. Wie der Kaiser den Naturwissenschaften verbunden, trieb er die Stahlforschung bei Krupp voran. Wilhelm II. war oft hier in der Villa Hügel zu Gast, so auch zur 100-Jahr-Feier mit großem Gefolge. Es blieb nicht aus, dass auch Hitler als Reichskanzler dann mehrfach hier war. Bertha Krupp verachtete ihn wohl, aber Gustav Krupp von Bohlen und Halbach suchte die Nähe des Staates, wie es Krupp immer getan hatte. Wie die deutsche Gesellschaft insgesamt, so waren auch die deutsche Industrie und viele ihrer Führungspersönlichkeiten in das totalitäre System der Nazi-Herrschaft verstrickt.

200 Jahre Krupp – ohne dem Gründer und ohne den Nachfolgern, ohne Alfried Krupp und Berthold Beitz, ohne auch den starken Frauen, Margarethe und Bertha, zu nahe zu treten: Krupp, das ist zu allererst Alfred Krupp, der 1826 nach dem frühen Tod seines Vaters mit noch nicht 15 Jahren faktisch an die Spitze des Unternehmens trat und es dann 61 Jahre lang führte, der zu Beginn auf eigenen Werbe- und Verkaufsreisen durch Europa neue Märkte eroberte, der den Weltmarkt erschloss.

Die Globalisierung ist für Krupp eine alte Erkenntnis und Praxis. Um die BRIC-Staaten kümmerte sich die Firma bereits im 19. Jahrhundert. Seit den 1830er-Jahren lieferte Krupp nach Brasilien und Russland, ab 1845 nach Indien, 1871 kam die erste Großbestellung aus China. Es ist für mich immer wieder erfreulich, wenn ich in aller Welt auf diese Pioniere deutschen Unternehmertums im Ausland positiv angesprochen werde. Ganz überwiegend interessierten sie sich auch für die Menschen und die Kultur der Länder, in denen sie tätig waren. Dafür sind viele Länder bis heute dankbar.

Alfred Krupp, der den „Kapitalisten“ misstraute, den Finanziers und der Börse, der es möglichst vermied, von Banken abhängig zu sein, die jede Konjunkturkrise ins Wanken brachte. Er strebte nach Eigenkapitalbildung aus den Gewinnen und investierte allen Überschuss sofort wieder in Rohstoffe und Produktionsanlagen. Er hätte sich über Banken gefreut, die mit Eigenkapital gut ausgestattet verlässlich die Realwirtschaft finanzieren und dies als ihr Kerngeschäft betrachten! Wir haben heute viele Banken, die nach diesem Prinzip arbeiten. Aber wir kennen auch die anderen.

Alfred Krupp, der dieses Haus errichten ließ als repräsentativen Sitz zum Empfang von Handelspartnern, Diplomaten, Staatsoberhäuptern aus aller Welt, der einen Personenverband zu organisieren hatte, der am Ende seines Lebens mit Frauen und Kindern über 100.000 Personen umfasste: die Dimension einer Großstadt! Die Fabrik als neuartiges Gemeinwesen, als „große, ganz große Gemeinde“, wie Krupp es ausdrückte. Außerhalb von Heer und Staat gab es damals keinen einzigen Arbeitgeber dieser Größenordnung. Bezeichnenderweise hießen bei Krupp die höheren Angestellten „Beamte“.

Alfred Krupp war in diesem Personenverband „Herr im Hause“ – daraus folgte für ihn eine umfassende Fürsorgepflicht und soziale Verantwortung. Er begründete eine beeindruckende Tradition betrieblicher Sozialeinrichtungen seit der betriebseigenen Krankenversicherung von 1836 – Institutionen, die der staatlichen Sozialpolitik Bismarcks weit vorangingen und sie durchaus in den Schatten stellten: Invaliditäts- und Altersversicherung, Pensionsregelungen und Versorgung der Hinterbliebenen, Bau von Werkswohnungen, Konsumanstalt für Lebensmittel mit eigener Schlachterei und Großbäckerei für 24.000 Brote täglich, Kindergärten, Elementarschulen, Industrie- und Haushaltungsschulen, Altensiedlungen und werkseigene Badeanstalten, ein eigenes Krankenhaus. Friedrich Alfred erweiterte dieses Engagement in die allgemeine bürgerliche Bildung hinein. Er begründete eine Bibliothek, die „Kruppsche Bücherhalle“, einen Bildungsverein mit Musik- und Theaterabenden und eigenem Singen und Musizieren, eine Werkszeitung, ein Ausstellungswesen. Er tat dies ganz bewusst auch, um Klassengegensätze zu verringern. Eine ernst genommene Belegschaft, der Beschäftigte als Persönlichkeit, Wert zu legen auf Verbesserungsvorschläge und eine Humanisierung der Arbeitswelt: Alles sehr eindrucksvoll und – im Gegensatz zu vielen anderen Ländern – kennzeichnend für die deutsche Wirtschaft bis heute!

Ziel war und blieb die auf Dauer angelegte Beziehung zur Belegschaft. Immer wieder gab es Phasen, in denen trotz schwieriger Lage die Stammbelegschaft gehalten wurde, selbst in Zeiten des Maschinenstillstands in Revolution und Ruhrkrise. Alfred Krupp hat das einmal begründet: Es warteten keine Aktionäre auf die Dividende und auf etwas mehr Jahresgewinn komme es weniger an als auf einen „soliden, zufriedenen Stamm bester Arbeiter“ – sollten doch andere Unternehmen „blos auf Gier“ ausgehen. Man kann das nicht erzählen, ohne an unsere besten Erfahrungen in den Krisenjahren seit 2007 zu denken!

Deutschland ist so gut durch die Krise gekommen, weil hier keine Mentalität des Heuerns und Feuerns dominiert, sondern die Wertschätzung für gut qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die den Unternehmen zur Verfügung standen, als es wieder aufwärts ging.

Die enge Bindung bestand wechselseitig. Der Zusammenhalt der „Kruppianer“ ist legendär. Sie waren stolz auf die Produkte ihrer Arbeit, sie fühlten sich tatsächlich als Teil eines gemeinsamen Werks. Das war das Ergebnis einer – man könnte es nennen - Gegen-Vision Alfred Krupps zur „entfremdeten Arbeit“ des sechs Jahre jüngeren Karl Marx.

Allerdings, das gehört zum Bild dazu, entließ Alfred Krupp jeden sofort und „ohne Rücksicht auf Entbehrlichkeit“, der Anstalten zu irgendwelcher Selbstorganisation oder politischen Aktivität machte. Es herrschte der gleiche Geist in Krupps und Bismarcks Sozialpolitik, soziale Fürsorge und politische Unterdrückung hingen zusammen. Ziel war es, potenzielle Umstürzler an Staat und Firma zu binden. Bismarck hatte das so formuliert: Es gehe ihm darum, „in der großen Masse der Besitzlosen die konservative Gesinnung zu erzeugen, welche das Gefühl der Pensionsberechtigung mit sich bringt“.

Krupp legte es nie auf bloß kurzfristigen Profit an. Alfred Krupp hat festgehalten: „Der Zweck der Arbeit soll das Gemeinwohl sein.“ Und Ziel war der Erhalt der Firma über Generationen hinweg. Krupp blieb Familienunternehmen selbst als Aktiengesellschaft nach Friedrich Alfreds Tod 1902. Getreu dem Handelsgesetzbuch hatte die Gesellschaft fünf Aktionäre – die musste eine Aktiengesellschaft mindestens haben. Von den ausgegebenen 160.000 Aktien hielten die vier Aufsichtsratsmitglieder je eine, Bertha Krupp 159.996.

Dieser Geist fand noch Ausdruck in Alfried Krupps testamentarischem Willen, das Unternehmen von einer gemeinnützigen Stiftung steuern zu lassen. Diese Konstruktion bewahrte die Vorzüge des Familienunternehmens, die Betonung längerfristiger Ziele und die Wahrnehmung umfassender Verantwortung. Bis heute ist die Stiftung in diesem Geiste „Ankeraktionär“. Die Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung zeigt, was mit der Sozialpflichtigkeit des Eigentums gemeint ist, die unser Grundgesetz formuliert. Sie haben viel investiert in unser Land und in das Ruhrgebiet: Für Wissenschaft, Erziehung und Bildung, Gesundheit, Sport, Literatur, Musik und bildende Kunst. Dafür sage ich Dank.

Wenn wir uns heute an diese 200-jährige Geschichte erinnern, die ich mit einigen Strichen skizziert habe, dann tun wir das nach leidvollen Erfahrungen inzwischen mit noch anderen Assoziationen als vor Jahren.

Vor wenigen Tagen hat der Historiker Heinrich Theodor Grütter in der „Zeit“ geschrieben: „Wie skeptisch man das autoritär-patriarchalische Wesen eines Alfred Krupp sehen mag – in Zeiten, in denen anonyme Industriekonsortien Firmen bis zur Unkenntlichkeit umsortieren, Hedgefonds wie Heuschrecken über sie herfallen und das Image der Manager durch Korruption und Raffgier bestimmt ist, leuchtet das Vorbild des verantwortlichen Alleininhabers so verführerisch wie lange nicht mehr.“

Die Finanz-, Wirtschafts- und Schuldenkrise seit 2007 hat überdeutlich gemacht, was wir an unserer industriellen, produktorientierten und kooperativen Wirtschaftskultur haben. Unternehmen wie Krupp und heute ThyssenKrupp verkörpern die Stärken dieser Kultur: Sie sind global vernetzt und international verflochten, mit Produktionsstandorten im Ausland, die hier Beschäftigung sichern und dort eine gute Entwicklung befördern. Sie sind innovativ und treiben Forschung und Entwicklung voran. Sie überzeugen mit der Qualität Ihrer vielfältigen Produkte die Weltmärkte. Sie setzen auf erstklassig ausgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und deren Mitbestimmung. Sie wissen: Wo kooperativ miteinander umgegangen wird, wird produktiver gearbeitet. Sie denken langfristig und Sie üben soziale Verantwortung.

ThyssenKrupp lebt soziale Marktwirtschaft und gesellschaftliche Verantwortung – Verantwortung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, deren Familien, die Produkte, die Verfahren, mit denen die Produkte hergestellt werden und die Auswirkungen auf die Umwelt, die Verantwortung für den Standort, die Stadt Essen und das Ruhrgebiet.

Diese Verantwortung hat sich heute ins Globale erweitert: für die Menschen, die Region, die Umwelt auch in den anderen Weltgegenden, in denen ThyssenKrupp produziert. Sie sind sich dieser Verantwortung bewusst. Sie bringen Wohlstand in die Welt und Wohlstand nach Deutschland.

Weltoffenheit ist für Sie selbstverständlich. Ich sehe in dieser Weltoffenheit den Schlüssel für eine gute Zukunft unseres Landes: Offenheit für Neues, für Fremde und für Fremdes, Mut zum Wandel, nicht nur im Wirtschaftlichen, sondern auch im Sozialen und im Politischen.

Ich erzähle heute in der ganzen Welt mit großem Stolz von unseren Gewerkschaften, Betriebsräten und Vertrauensleuten, von unseren Managern und Vorständen, von unserer Unternehmenskultur der gemeinsamen Verantwortung, der Mitbestimmung. Gemeinsam wurde in Deutschland gestritten um den Erhalt der industriellen Kerne. Es ist ein unglaublicher Erfolg, hier im weltweiten Wettbewerb mit Billiglohnländern zu bestehen. Deutschland ist das einzige traditionelle Industrieland, das in den letzten Jahrzehnten seinen Anteil von Industrie und industrienahen Dienstleistungen gehalten hat: Er beträgt 34 Prozent! Darum werden wir in Europa und in der Welt beneidet.

Mit unseren Unternehmen und Produkten werden weltweit Verlässlichkeit, Vertrauenswürdigkeit und Qualität verbunden: Das ist alles nicht selbstverständlich, und ein Anlass zu ganz großer Freude an einem 200. Geburtstag eines solchen Weltkonzerns.

Der industrielle Kern unserer Volkswirtschaft hat sich als robust und stabilisierend erwiesen in Zeiten, in denen in anderen Sektoren – im Internet, bei Immobilien oder vor allem auch in der Finanzindustrie – Blasen entstanden und zerplatzten. Sie aber in der Stahlindustrie und Technologie schaffen Dinge, die man anfassen kann. Das hat immer Zukunft, weil es real, nicht virtuell ist.

Die Krisen seit 2007 haben viele von uns neue Demut gegenüber der eigenen Tradition, Verantwortung vor der Geschichte gelehrt. Diese Tradition ist nicht Hemmschuh, sondern Begründung unseres Erfolges – auch heute und künftig!

Von ganzem Herzen rufe ich ThyssenKrupp zu: Glück auf!