Empfang für Stipendiaten der Initiative "Afrika kommt!"

Schwerpunktthema: Rede

Schloss Bellevue, , 17. Juli 2017

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat am 17. Juli Stipendiaten der Initiative "Afrika kommt!" empfangen. In seiner Begrüßung sagte er: "Afrika – das hatte für Europäer immer einen besonderen Klang. Es schadet nicht, mitunter daran zu erinnern, dass dieses Versprechen allzu lange nur für uns, für die Europäer gelten sollte. ‚Afrika kommt!‘ dagegen ist ein Versprechen, das uns allen gilt. Das können und das sollten wir feiern."

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hält eine Ansprache beim Empfang der Stipendiatinnen und Stipendiaten von 'Afrika kommt!' im Langhanssaal von Schloss Bellevue

Afrika kommt!, das heißt übersetzt: Afrikas Zeit ist gekommen! Dieser treffende Satz stammt natürlich nicht von mir, sondern von einem Ihrer Mitstreiter, Steve Ngatia Maina aus Kenia, der 2011 mit Afrika kommt! in Deutschland war. Vielleicht ist es die kürzeste und vielleicht sogar die beste Zusammenfassung des Anliegens, das uns heute hier zusammengebracht hat. Ganz so wie mein Amtsvorgänger, Joachim Gauck, damals Steve Ngatia Maina begrüßt hat, will ich Sie auch ganz herzlich willkommen heißen hier im Amtssitz des Bundespräsidenten, im wunderschönen Schloss Bellevue!

Africa’s time is now – daran glauben wir, die wir hier stehen. Und die Frage ist: Warum glauben wir das eigentlich? Warum glauben wir an Afrikas Zukunft, während doch so viele Afrikaner ihre Zukunft außerhalb des afrikanischen Kontinents suchen?

Wir glauben daran, weil wir wissen, dass Afrika fast alle Voraussetzungen mitbringt, die für ein anhaltendes, erfolgreiches und nachhaltiges Wachstum sprechen, und dass es in unser aller Interesse liegt, diese Chancen auch tatsächlich zu nutzen.

Jeder einzelne von Ihnen steht für diese großen Entwicklungsmöglichkeiten in fast allen afrikanischen Staaten. Jeder einzelne von Ihnen steht für Unternehmertum, exzellente Qualifikationen und – was mir ganz besonders wichtig erscheint – die Erfahrung aus zwei Welten, ohne die kultureller Austausch ebenso wenig denkbar ist wie eine erfolgreiche wirtschaftliche Zusammenarbeit.

Von diesem aufstrebenden Unternehmertum Afrikas hören und sehen wir in Deutschland noch zu wenig und deshalb freue ich mich besonders über diese Gelegenheit, Sie hier zu treffen, Ihre Geschichten zu hören und vor allen Dingen zu hören, was Sie nach Deutschland gebracht hat.

Sie haben unser Land in den vergangenen zwölf Monaten kennengelernt, sich weiter qualifiziert und in verschiedenen Unternehmen gearbeitet. Nun kehren Sie zurück in Ihre Heimatländer, nach Äthiopien, Ghana, Guinea, Kamerun, Kenia, Mosambik, Nigeria, Ruanda und Uganda. Einige von Ihnen werden in neue Funktionen in Ihre vorherigen Unternehmen zurückkehren, andere denken vielleicht darüber nach, woanders hinzugehen oder sich selbstständig zu machen.

Steve Ngatia Maina, den ich zu Beginn zitierte, war neun Monate bei Merck in Darmstadt und entwickelt heute Geschäftsstrategien für das Unternehmen im Nahen Osten, in der Golfregion und im Maghreb. Lucy Wanjiku Mutinda aus Kenia hat eine eigene Firma gegründet und verbessert heute mit deutscher Technik die Abwasserversorgung in ihrer Heimat. Patience Chingombe aus Zimbabwe entwickelt neue Konzepte für den Vertrieb von Arzneimitteln im südlichen Afrika. Sie sind wichtige Partner für die deutsche Wirtschaft geworden, und sie sind unverzichtbar für die Wirtschaft in ihren Heimatländern.

Vor allem aber sind Sie Teil eines Netzwerkes, das sich mit Hilfe dieser Initiative Afrika kommt! ausgebildet hat. Sie sind zu einer Brücke zwischen unseren Kontinenten geworden. Zu danken ist das natürlich vor allem Ihrem persönlichen Engagement. Aber ich will ausdrücklich auch den deutschen Unternehmen danken, der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit, der Bosch- und der ZEIT-Stiftung, die Afrika kommt! jetzt seit bald einem Jahrzehnt miteinander tragen. Ihrer Zusammenarbeit verdanken wir, dass eine Initiative, die – und das will ich ganz besonders loben und hervorheben – ohne staatliche Mittel auskommt, inzwischen im jährlichen Rhythmus bis zu 30 Plätze zur Verfügung stellen kann.

Wenn einige der ewigen Besserwisser sagen, das machen die ja auch aus eigenem Antrieb, diese Unternehmen, dann haben diese Besserwisser den Clou dieser Initiative eben nicht verstanden. Es ist dieses wirtschaftliche Engagement, das uns alle voran und am Ende einander näher bringt.

Afrika – das hatte für Europäer immer einen besonderen Klang, war mit besonderen Emotionen verbunden. Für die einen war es der dunkle Kontinent, fremd und bedrohlich. Und für andere versprach der Kontinent vor allem Exotik, Freiheit, Abenteuer und auch Reichtum, wenn wir an die Zeiten des Kolonialismus denken.

Aber meine Damen und Herren, persönliche Sicherheit, wachsender Wohlstand, die bessere Zukunft für die Generationen der Kinder, dieses Versprechen galt allzu lange nur für uns, für die Europäer. Afrika kommt! dagegen ist ein Versprechen, das uns allen gilt. Das können und das sollten wir miteinander feiern.

Herzlich willkommen im Bellevue.