Eröffnung des Bürgerfestes des Bundespräsidenten 2017

Schwerpunktthema: Rede

Schloss Bellevue, , 8. September 2017

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat am 8. September zur Eröffnung des Bürgerfestes mit geladenen ehrenamtlich engagierten Bürgerinnen und Bürgern eine Ansprache gehalten: "Sie, die Sie sich in zahllosen Projekten reinhängen, möchte ich bitten, mitzuhelfen, auch unser gemeinsames Projekt, die Demokratie, in Deutschland stark zu machen."

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei seiner Ansprache auf der Bühne im Schlosspark zusammen mit Elke Büdenbender anlässlich der Eröffnung des Bürgerfests des Bundespräsidenten 2017

Meine Frau und ich freuen uns, Sie alle heute Abend hier willkommen heißen zu dürfen. Und ganz besonders möchte ich natürlich diejenigen begrüßen, die fast 4.000, die hier sind und die sich in ganz Deutschland an vielen und wichtigen Stellen ehrenamtlich und freiwillig betätigen. Ihnen ein ganz besonders herzliches Willkommen. Dies ist vor allem Ihr Fest. Und als Staatsoberhaupt möchte ich Ihnen damit stellvertretend für alle Menschen in unserem Land Danke sagen. Danke für die vielen Stunden freiwilliger und ehrenamtlicher Arbeit, die Sie unserem Land und unserem Gemeinwesen schenken. Sie alle sind das Rückgrat unserer Gesellschaft und an ganz vielen Orten sind Sie die wirklichen Helden unseres Alltags. Herzlichen Dank!

Begrüßen möchte ich auch Herrn Bundespräsidenten a.D. Christian Wulff und Frau Wulff, die Vertreter der Bundesregierung, des Deutschen Bundestages, der Landesregierungen, Fraktions- und Parteivorsitzende, Vertreter der Religionsgemeinschaften sowie Vertreter aus dem In- und Ausland. Seien Sie uns alle ganz herzlich willkommen.

Die Erfahrenen wissen das: Das Bürgerfest wird in jedem Jahr gemeinsam mit Partnerländern aus dem In- und Ausland auf die Beine gestellt. Es ist uns in diesem Jahr gelungen, mit der Freien und Hansestadt Hamburg und der Republik Österreich den Norden und den Süden, das Meer und die Berge hier bei uns zusammenzubringen. Ich begrüße daher sehr herzlich den Ersten Bürgermeister Hamburgs, Olaf Scholz, und den österreichischen Bundesminister für Agrar und Forst, Andrä Rupprechter. Herzlich willkommen. Lieber Herr Minister Rupprechter, Ihre Tiroler Schützen, haben vorhin bereits einen zünftigen Startschuss für dieses Fest gegeben. Ihnen und Dir, lieber Olaf Scholz, ein großes Dankeschön für die tatkräftige und künstlerisch wie kulinarisch vielfältige Unterstützung.

Besonders begrüßen möchte ich heute die unter uns anwesenden Soldatinnen und Soldaten. Sie sind als Bürger in Uniform auf diesem Demokratiefest genau richtig, in der Mitte unserer Gesellschaft. Seien Sie uns herzlich willkommen und bitte grüßen Sie Ihre Kameradinnen und Kameraden im In- wie im Ausland.

Dieses Fest hat Geschichte. Bis vor wenigen Jahren war es als Sommerfest des Bundespräsidenten wesentlich für das politische Berlin. Seit 2012 hat es einen anderen Charakter und ich finde zu Recht. Seit 2012 ist es ein Bürgerfest, das die Erinnerung daran wachhält, dass dieser Staat vor allen Dingen von seinen aktiv tätigen Bürgerinnen und Bürgern lebt und dass Demokratie eben mehr ist als ein Katalog von Rechten und Ansprüchen. Es ist eine Haltung und zugleich Aufmunterung, sich in unser Gemeinwesen einzubringen und auch gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen. Und deshalb stand für mich nach meinem Amtsantritt außer Frage, dass ich diese wirklich schöne und wichtige Tradition gemeinsam mit meiner Frau weiterführen werde.

In diesem ersten Amtsjahr werden meine Frau und ich alle 16 Bundesländer im Rahmen einer Deutschlandreise besuchen – die ersten sechs Bundesländer haben wir besucht – Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Brandenburg, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern. Die nächsten sechs stehen jetzt an. Als nächste Sachsen, Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und auch in Berlin werden wir unseren Antrittsbesuch machen. Vor allem aber besuchen wir auf dieser Reise eben nicht nur Landtage und Staatskanzleien, sondern vor allen Dingen auch die Orte der Demokratie und die Menschen, die sie mit Leben erfüllen. Das sind Orte, an denen die Demokratie in Deutschland gewachsen ist, wo das tägliche Miteinander gelingt, aber auch eben Orte, an denen es soziale Spannungen gibt und der Alltag beschwerlich ist, wo der Zusammenhang gefährdet und deshalb Engagement von Bürgern ganz besonders wichtig ist.

Überall dort sind uns ehrenamtlich Engagierte begegnet und ich freue mich, dass ganz viele von denen, denen wir begegnet sind, heute hier sind. Sie sind es, die in unzähligen Stunden ehrenamtlicher Arbeit in Vereinen, Kirchengemeinden, im Umweltschutz, im Kulturbereich, in Projekten für Integration und Inklusion, in der Denkmalpflege oder im Tierschutz dazu beitragen, dass unsere Demokratie lebensfähig bleibt.

Die Aufnahme von Hunderttausenden Flüchtlingen ist und bleibt das große bewegende Thema unseres Landes. Und hier spüren wir Sorgen, aber eben nicht nur Sorgen, sondern auch die Kraft und die Stärke unserer Bürgergesellschaft – auch dafür will ich herzlichen Dank sagen.

Am Ende sind es die Vertreter dieser Bürgergesellschaft, die in ihrer Freizeit aktiv sind – bei Feuerwehr, THW, Rotem Kreuz –, die in Sportvereinen und Flüchtlingsunterkünften Verantwortung übernehmen, die Projekte gegen Hass in den Sozialen Medien leiten oder die, die alleinerziehende Mütter unterstützen, die Hausaufgabenhilfe in der Nachbarschaft geben, die Krankenbesuche für Alleinstehende machen oder Menschen im Hospiz in den letzten einsamen Stunden des Lebens begleiten. Ich sehe und verfolge das alles mit großem, großem Respekt. Viele von Ihnen sind schon lange Jahre engagiert, häufig in mehreren Institutionen und Vereinen gleichzeitig, manche auch im Ausland.

Und ich will bei all dem auch die ehrenamtlichen Gemeinderatsmitglieder und Bürgermeister nicht vergessen, die sich in ihrer Heimatregion in täglicher, oft mühevoller Kleinarbeit, für die keiner Danke sagt, in den Dienst der Demokratie stellen.

Meine Frau und mich hat jedenfalls die Vielfalt dieses Engagements tief beeindruckt. Es ist bunt, es ist facettenreich. Und es lohnt sich, auch die vermeintlichen Klein- oder Nischenprojekte zu entdecken und zu unterstützen, einige davon können Sie hier an den Ständen besuchen. Sie werden auf unserem Festgelände eine Mischung ehrenamtlichen Engagements aus allen Lebensbereichen finden. Fühlen Sie sich überall herzlich eingeladen, zuzuhören und mitzudiskutieren – gerne bei einer Bratwurst und einem Bier oder Glas Wein. Sie werden bereichert nach Hause gehen – das kann ich versprechen.

Das Ehrenamt kennt auch die aktuellen Herausforderungen und Entwicklungen in unserer Gesellschaft. Wo früher der Kassenwart eines Kulturvereins Briefe an Sponsoren mit der Bitte um Unterstützung geschrieben hat, werden heute durch den Einsatz sozialer Medien oder Crowdfunding neue Bevölkerungsgruppen und Ressourcen für eine gute Sache gewonnen. Aus der Schülernachhilfe in der Nachbarschaft werden internetbasierte Projekte der digitalen Bildung, die auch Kinder im ländlichen Raum leicht erreichen und ihnen das Rüstzeug für den Weg in die digitale Zukunft mitgeben.

Am Ende zählt allerdings für die meisten der Kontakt von Mensch zu Mensch, den so viele heute vermissen. Ich bin mir jedenfalls sicher: Das Ehrenamt findet die neuralgischen Punkte unserer Gesellschaft. Sie sind da, wo sie gebraucht werden. Wo kontinuierliche Unterstützung, manchmal Nothilfe, Veränderung, Reparatur, neue Ideen nötig sind, da springen Sie, die Ehrenamtlichen, ein. Sie sind beherzt und mit Leidenschaft bei der Sache, bringen Bewährtes und Neues, Alt und Jung, Menschen, die schon lange hier leben und Flüchtlinge, Großstädter und ländliche Bevölkerung, Digital Natives und Oma Erna zusammen. Wenn es um etwas geht, verschwimmen die Grenzen, man knüpft an das Verbindende an und arbeitet Hand in Hand. In so einem Miteinander entsteht Zusammenhalt, ein Stolz auf das gemeinsam Erreichte und belastbare Verbindungen, die alle Bereiche unserer Gesellschaft miteinander verknüpfen. Das ist ein unbezahlbarer Schatz und ich danke Ihnen, dass wir dank Ihrer Hilfe diesen Schatz täglich in Deutschland heben dürfen.

Ihnen allen gebührt unser Dank für Ihre Ausdauer, für Ihre Kreativität, für Ihre Umsicht und Verlässlichkeit, für Ihr Herzblut und Ihr Einfühlungsvermögen, für all Ihre Talente und Fähigkeiten, die Sie in Ihre freiwilligen Aufgaben einbringen.

Erlauben Sie mir einen abschließenden Gedanken, bevor ich das Fest eröffne. Wir haben in diesem Jahr das Bürgerfest bewusst unter das Motto Demokratie stärken gestellt. Mit Ihrem Einsatz halten Sie nicht nur unsere Gesellschaft zusammen. Nicht selten sind Sie diejenigen, die als Erste denen die Stirn bieten, die sich gegen die Demokratie wenden. Auch dafür gebührt Ihnen unser Dank und unsere Unterstützung.

Sie halten diese Gesellschaft zusammen. Sie schaffen Heimat, eine Gemeinschaft, ein Zuhause. Seien Sie gewiss, wir werden Sie, wo immer es uns möglich ist, gegen jene verteidigen, die Sie und Ihre Arbeit angreifen.

An Sie alle habe ich heute noch eine besondere Bitte: Sie, die Sie sich in zahllosen Projekten reinhängen, möchte ich bitten, mitzuhelfen, auch unser gemeinsames Projekt, die Demokratie, in Deutschland stark zu machen. Eigentlich ist es überflüssig, Ihnen zu sagen: Bitte gehen Sie wählen. Sie tun das. Was viel wichtiger ist: Ermuntern Sie alle in Ihrer Nachbarschaft, in Ihrem Umfeld, wählen zu gehen. Die Beteiligung an demokratischen Wahlen, das ist die vornehmste Bürgerpflicht. Das Wahlrecht ohne Druck von äußeren Mächten in Freiheit auszuüben, danach sehnen sich die Menschen an vielen Orten dieser Welt. In Deutschland ist es das Recht aller Bürgerinnen und Bürger. Lassen Sie uns dieses Recht gemeinsam hoch halten. Lassen Sie uns dieses großartige Recht – das Wahlrecht – durch Nichtbeteiligung nicht verschenken.

Heute Nachmittag haben wir sage und schreibe 16 Geburtstagskinder unter uns – von 7 bis 78 Jahren. Ihnen und Euch allen wünschen wir alles Gute zum Geburtstag. Sie haben sich ein schönes Fest für Ihren Geburtstag ausgesucht.

Dass das Ehrenamt kein Alter kennt, beweist unser ältester Gast des heutigen Tages – eine Dame im Alter von 90 Jahren. Sie und unsere jüngsten Gäste, die rund 600 Kinder, für die wir ein buntes Programm zusammengestellt haben, möchten wir an dieser Stelle nochmals besonders herzlich begrüßen.

Ich danke allen Mitstreitern in den Zelten, allen Beteiligten in den Organisationen und Unternehmen, die durch ihre Beiträge dieses Fest ermöglicht haben.

Unsere Partner haben gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bundespräsidialamtes alles vorbereitet, damit dieser Abend unterhaltsam wird. Und dafür möchte ich mich jetzt schon, zu Beginn des Festes, auch im Namen meiner Frau, ganz herzlich bedanken: bei all denen, die Projekte präsentieren und uns mit ihren Köstlichkeiten versorgen. Bei all denen, die auf und hinter der Bühne aktiv sind. Bei all denen, die schon seit vielen Monaten daran mitgewirkt haben, dass heute genügend Teller, Tassen und Kilometer Kabel bereit stehen. Es ist viel Hingabe in die Vorbereitung dieses Festes geflossen – von kleinen Vereinen bis zu großen Unternehmen. Auch in ihrem Namen will ich den entscheidenden Satz des Tages aussprechen: Das Bürgerfest 2017 ist eröffnet!