Jubiläumsveranstaltung "125 Jahre Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau"

Schwerpunktthema: Rede

Berlin, , 16. Oktober 2017

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat am 16. Oktober bei der Jubiläumsveranstaltung "125 Jahre Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau" eine Ansprache gehalten: "Technischer Fortschritt fordert immer auch ein Umdenken, er verlangt, dass wir neu lernen. Technischer Fortschritt ist immer auch eine Zumutung."

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hält eine Ansprache anlässlich der Jubiläumsveranstaltung '125 Jahre Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau' in der Messe Berlin

Stellen Sie sich vor, wir wären zur Gründung Ihres Verbandes vor 125 Jahren zusammengekommen. Wir wären alle ein bisschen ausgeruhter, weil wir vermutlich schon drei Tage unterwegs wären, mit der Kutsche auf dem Weg nach Berlin – jedenfalls nicht mit dem Auto oder dem Hochgeschwindigkeitszug, vom Flugzeug ganz zu schweigen. Vielleicht hätte man von der Veranstaltung ein paar Tage später in der Zeitung lesen können – aber ein Livestream in die ganze Welt? Damals völlig außerhalb jeder Vorstellungskraft. Und nach der Veranstaltung hätten wir auf das perfekt gekühlte Pilsener aus der Hightechzapfanlage wahrscheinlich nicht einmal hoffen dürfen. Insofern: Es gibt viele, sehr konkrete Gründe, Ihnen – den Maschinen- und Anlagenbauern – zu gratulieren, und Danke! zu sagen für die Leistungen dieser wichtigen Branche – ohne die unser Leben so viel ärmer wäre – in den letzten 125 Jahren. Herzlichen Dank Ihnen allen.

Dieser Verband leistet allerdings deutlich mehr, als nur das Bild einer traditionsreichen Branche zu vertreten. Sie machen Zukunft. Das gilt für die Energiewirtschaft, das gilt bei Bildung und Innovation, das gilt bei Digitalisierung und Standardisierung, und das gilt auch beim entwicklungspartnerschaftlichen Engagement auf dem afrikanischen Kontinent. Und eines steht fest: Man kann Ihre Stimme und die Stimme des Verbandes laut, klar und selbstbewusst vernehmen – und ich kann Ihnen versichern: Das gilt nicht nur für Berlin.

Ich freue mich deshalb, hier mit Ihnen und Ihren Gästen das 125. Gründungsjahr des VDMA zu feiern. Das 125. Gründungsjahr eines dynamischen und fest im 21. Jahrhundert verankerten Verbands. Eines Verbands, der mit Verlässlichkeit und Verantwortung eine deutsche Schlüsselindustrie vertritt. Eines Verbands, dessen Mitgliedsunternehmen sich an vielen Orten in Deutschland und zunehmend auch an den Standorten im Ausland in das jeweilige Gemeinwesen einbringen. Eines Verbands, der die funktionierende Sozialpartnerschaft in einer der wichtigsten Branchen entscheidend mitprägt und der weiß, dass soziale Marktwirtschaft mehr bedeutet als nur gute Unternehmenszahlen. In einem Wort: Eines Verbands, der fest mit Schicksal und Zukunft unseres Landes verbunden ist.

Und ich darf Ihnen sagen: Mit einem solchen Geburtstagskind feiert man gern. Ich möchte Ihnen ganz herzlich zu Ihrem Jubiläum gratulieren. Herzlichen Glückwunsch Ihnen allen, die Sie heute hier vertreten sind.

Mensch – Maschine – Fortschritt – das ist Ihr Motto für dieses besondere Jahr. Ich finde, passender hätte Ihr Leitspruch gar nicht sein können. Denn technologische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen gehören zusammen. Die Beziehung dieser Entwicklungen untereinander ist allerdings nicht immer ganz einfach. Die Gesellschaft reibt sich an so manchem technischen Fortschritt. Nicht alles, was ökonomisch geboten erscheint, wird als gesellschaftlich tragfähig erachtet. Innovationen erzeugen oft hitzige Debatten zwischen glühenden Befürwortern und beharrlichen Skeptikern. Die einen prognostizieren das Ende aller Beschwerlichkeit in utopischen Zukunftsvisionen; und die anderen fürchten sich vor Unfällen, Arbeitslosigkeit und vor allen Dingen dem Verlust von Althergebrachtem. Manche sagen auch, es ist dieser Hype Cycle, der Zyklus von anfangs Begeisterung und später Ernüchterung, der auf große Erfindungen folgt. Gerade in Deutschland wird uns häufig eine ganz eigene Beziehung zum technischen Fortschritt nachgesagt.

Einerseits wissen wir um die lange Geschichte von deutschen Tüftlern und Unternehmerinnen, von Wissenschaftlerinnen und Ingenieuren, von Visionären und Technikerinnen, die unser Land vorangebracht und geprägt haben. So beruht Fortschritt weltweit eben auch zu einem guten Teil auf technischen Erfindungen und Entwicklungen aus Deutschland.

Andererseits sollen die Deutschen eine gewisse Neigung haben zu Skepsis und Zurückhaltung, zu Bedenken und vielleicht auch zu übermäßiger Vorsicht, gar manchmal zu technologischer Verzagtheit. Mindestens jeder Maschinenbauer kennt den Satz, der Kaiser Wilhelm II. zugeschrieben wird: Ich glaube an das Pferd. Das Automobil ist eine vorübergehende Erscheinung.

Vielleicht sind wir – und meine Erfahrung aus Besuchen in vielen anderen Ländern spricht dafür – hierzulande tatsächlich etwas bedächtiger im Umgang mit Innovationen, denken lieber zweimal nach als einmal. Aber, wenn man die 125 Jahre Geschichte Ihres Verbandes verfolgt, vom technischen Fortschritt absentiert hat sich Deutschland dennoch nie und wird es hoffentlich auch in Zukunft niemals tun. Im Gegenteil, eines sollten wir gelernt haben in diesen 125 Jahren Ihrer Geschichte: technologischer Fortschritt hat sich zum Zugpferd unserer an Rohstoffen armen und Erfindergeist reichen Volkswirtschaft entwickelt. Und viele wichtige Innovationen der letzten Jahre und Jahrzehnte, von der Grundlagenforschung angefangen bis hin zu ganz konkreten industriellen Anwendungen, stammen aus Deutschland. Dazu haben Sie als Branche Ihren Teil beigetragen. Der Maschinenbau ist nach wie vor einer der wichtigsten Motoren des technischen Fortschritts hierzulande und weltweit. Sie können darauf stolz sein, aber ich sage Ihnen: So soll es auch bleiben.

Ich habe eben über Skepsis gesprochen – und vorhandene Skepsis sollte Sie als Maschinenbauer nie entmutigen. Deshalb noch eines zu Wilhelm II.: Der Kaiser konnte seine automobile Skepsis überraschend schnell überwinden. Wenige Jahre später war er selbst zum Autonarren und Geschwindigkeitsfreak geworden, ein feuriger Lobredner des Automobils. Aus kaiserlicher Skepsis wurde sozusagen kaiserliche Begeisterung. Mancher begeisterte Smartphone-Nutzer unter uns mag sich vielleicht auch ein bisschen ertappt fühlen und sich an die eigene anfängliche Skepsis erinnern, ob sich mobiles Telefonieren, Surfen oder gar Posten wirklich durchsetzen würde.

Technischer Fortschritt ist nie einfach, fordert uns immer wieder aufs Neue heraus. Er lässt uns Altbewährtes überdenken, er führt uns gelegentlich zu schwierigen gesellschaftlichen, auch ethischen Fragen – und er zwingt uns immer wieder, eingefahrene Weltbilder auf den Prüfstand zu stellen. Das ist aus Sicht Ihrer Branche zuweilen hinderlich – insgesamt bleibt es eine anspruchsvolle Aufgabe. Sie haben eben, Herr Welcker, auf die Bürokratisierung hingewiesen und darauf, dass aus Ihrer Sicht viel zu viele mitreden. Ich kann das zum Teil verstehen – auf der anderen Seite werden Sie mir aber auch zustimmen, dass wir heute vor technischen Entwicklungen stehen, bei denen nur eine öffentliche, hoffentlich sachverständige Diskussion am Ende zu einer wirklichen Akzeptanz verhilft. Und wir in einer solchen Debatte auch nachweisen können, was uns voranbringt. In Kürze und mit wenigen Worten: Technischer Fortschritt fordert immer auch ein Umdenken, er verlangt, dass wir neu lernen. Technischer Fortschritt ist immer auch eine Zumutung.

Und das spüren wir heute in großer Deutlichkeit: Bei der voranschreitenden Digitalisierung unserer Lebens- und Arbeitswelt, deren Auswirkungen wir nach und nach zuhause, im Betrieb und in der Öffentlichkeit erleben. Manch etabliertes Unternehmen muss sich fragen, ob das eigene Geschäftsmodell in einigen Jahren bei fortschreitender, dynamischer Digitalisierung noch Erfolg verspricht. Und es kommen wichtige gesellschaftliche Fragen hinzu, denn Digitalisierung bedeutet nicht nur Kundenzugang, Effizienzsteigerung und Kostensenkung. Sondern, es geht auch um die schwierige Balance aus Privatsphäre, Freiheit und Sicherheit. Da sind wir nicht am Ende der Diskussion, sondern die große gesellschaftliche Debatte zum Umgang mit der Digitalisierung hat gerade erst begonnen.

Wenn ich von Zumutungen des Fortschritts rede, dann sehen wir diese auch in unseren ländlichen Räumen, die heute Abend durch mittelständische Unternehmer gut repräsentiert sind. Wir denken an die kleinen und mittelständischen Unternehmen, die mit fortschreitender Digitalisierung und fehlenden Übertragungskapazitäten vor existentiellen Fragen stehen.

Und Ihre Branche spürt die Zumutungen des Fortschritts auch in einem immer intensiver geführten globalen Wettbewerb. Die Innovationszyklen werden kürzer, die Kunden anspruchsvoller, der Kostendruck steigt. Doch auch im Umgang mit der globalen Konkurrenz stellen sich überall Wertefragen, die uns als Gesellschaft betreffen. Die politischen Gewichte verschieben sich, Daten werden zum Machtfaktor, es geht um nicht nur ökonomische, sondern auch politische Abhängigkeiten und Kontrollverluste. Diese Wertefragen werden auch in anderen Teilen der Welt diskutiert – und dort vielleicht auf ganz eigene Weise beantwortet, etwa mit Blick auf die großen Digitalkonzerne im Silicon Valley. Ich bin der Überzeugung: In Deutschland und Europa müssen eine eigene Haltung und eigene Antworten für dieses digitale Zeitalter entwickelt werden, auch wenn uns das schwerfällt. Antworten, die uns im Wettbewerb nicht ins Hintertreffen bringen – aber die unseren historischen, kulturellen und ethischen Prägungen gerecht werden.

Nur wenn wir diesen großen Fragen als Gesellschaft nicht ausweichen, wenn wir den Mut haben, uns dem Blick in die digitale Zukunft wirklich auszusetzen, nur dann werden auch Sie die Aufgaben meistern können, vor denen gerade Ihre Branche steht. Konkret geht es für Sie aus meiner Sicht mindestens um zweierlei: Es geht einerseits darum, im Wettbewerb um die Märkte der Zukunft zu bestehen, weiter ganz vorn mitzuspielen, um Wohlstand und Beschäftigung zu sichern. Und es geht andererseits darum, ausreichend qualifizierten Nachwuchs zu gewinnen, um all das überhaupt erst möglich zu machen.

Ich möchte Ihnen heute Abend Mut machen, diese beiden Herausforderungen wirklich anzunehmen. Dazu fällt mir eine erstaunliche Fehlprognose ein. Ein hochrangiger Manager bei einem Telekommunikationsunternehmen hat angeblich Anfang der 1990er Jahre den Satz geprägt: Das Internet ist eine Spielerei für Computerfreaks, wir sehen darin keine Zukunft.

Es gab Unternehmer und Vorstände, die so gedacht haben. Und wir können uns einigermaßen sicher sein, dass diejenigen, die so gedacht haben, vermutlich alle nicht mehr auf ihren Posten sind – wenn es ihre Unternehmen überhaupt noch gibt. Innovationen nicht zu verschlafen und ihre Bedeutung im richtigen Moment zu erkennen – davon hängt die Zukunft ganzer Branchen ab. Sie haben in diesen 125 Jahren schon oft den Mut bewiesen, neue Wege zu gehen, Strukturwandel zu bewältigen, und dabei immer wieder auch neue Anteile an den Weltmärkten zu erobern.

Heute sind wir in einem neuen Spiel. Mit dem Wort von der digitalen Disruption haben wir sogar einen Begriff für das gefunden, was auch als eine neue industrielle Revolution umschrieben wurde. Ich finde, das Ausmaß dieser Veränderungen darf gerade eine so etablierte und technologisch versierte Branche wie die Ihre nicht unterschätzen. Und sie tun es nicht, so meine Wahrnehmung. Denn wer die Möglichkeiten der Digitalisierung nicht erkennt, der wird für diese disruptiven Kräfte viel schneller angreifbar. Dann kann der wirtschaftliche Niedergang tatsächlich auch abrupt kommen. Der Druck durch die Wettbewerber auf beiden Seiten des Pazifiks ist ungeheuerlich. Ob künstliche Intelligenz oder Embedded Software, ob maschinelles Lernen oder datenbasierte Geschäftsmodelle: Die digitale Revolution mischt alle Karten neu – und die deutsche Industrie, egal wie viele Goldmedaillen sie schon im Trophäen-Schrank hat, muss sich anstrengen, um dabei weiterhin ganz vorn mitzuspielen.

Als mittelständische Branche sind Sie auf besondere Weise gefordert. Mittelständler arbeiten häufig eng an der Nachfrage, am Bedarf Ihrer Kunden – Sie können es sich gar nicht leisten, große, von der Produktion abgekoppelte Abteilungen für Forschung und Entwicklung zu betreiben. Andererseits kennen gerade Sie Ihre Kunden besonders gut, häufig aus jahrzehntelanger Zusammenarbeit – Sie sind es gewohnt, stärker auf Kundenbedürfnisse einzugehen, viel stärker als manch anderer. Das ist der besondere Ruf des deutschen industriellen Mittelstands. Aus meiner Sicht steckt darin die große Chance für Sie: Übertragen Sie diesen Ruf in die digitale Welt, nutzen Sie diese enge Bindung an Ihre Kunden, Ihr Wissen um den konkreten Bedarf. Dann gehen Sie mit diesem Wissen voran bei der Entwicklung von neuen, servicebasierten Geschäftsmodellen – und prägen Sie die Industrie 4.0 mit dem deutschen Mittelstand in der Maschinenbaubranche entscheidend mit! Ich wünsche mir nämlich vor allen Dingen eines, dass es in zehn, 20 oder 50 Jahren keine erheiternde Fehlprognose für Festreden ist, wenn wir sagen: Der gute Klang vom German Mittelstand soll auch durch das Internetzeitalter schallen. Das wünsche ich Ihnen – und das wünsche ich uns allen, denn daran hängt ganz wesentlich die Zukunft unseres gemeinsamen Wohlstands hier in Deutschland.

Ich sehe schon viele ermutigende Signale dafür. Viele von Ihnen habe ich gerade erst auf der Werkzeugmaschinen-Messe EMO in Hannover gesehen. Dort habe ich mir erzählen und zeigen lassen, wie Sie an einem eigenen Standard für den Datenaustausch zwischen Werkzeugmaschinen arbeiten – alle gemeinsam, und allen zum Vorteil. Solche Beispiele machen Mut und sie zeigen, dass es nicht nur viele Chancen gibt, sondern dass der deutsche Maschinenbau auch darauf abzielt, weltweit vorne dranzubleiben.

Doch die Grundlage dafür – und das ist die zweite große Aufgabe, von der ich heute Abend sprechen will – ist natürlich ausreichend qualifiziertes Personal. Mangelware sind heute nicht Rohstoffe oder Arbeitsplätze, sondern die Konstrukteure, Ingenieure, Entrepreneure und – nicht zuletzt – Facharbeiter. Auch die Mitgliedsunternehmen Ihres Verbands suchen nach technischen Experten und pfiffigen Kaufleuten. Wir haben in Deutschland zwar ein solides Ausbildungssystem, unser Modell der dualen Berufsausbildung ist das Rückgrat nicht nur der technischen Industrie, sondern es wird zunehmend zu einem Exporterfolg bei unseren Partnern im Ausland. Zugleich aber müssen wir uns fragen lassen, ob wir die berufliche Bildung hierzulande noch ausreichend schätzen und würdigen. Denn es wird zunehmend schwerer für die Betriebe, genügend Auszubildende und Lehrlinge zu finden – das wissen Sie hier im Saal am besten. Ich finde, das können wir uns in Deutschland nicht leisten.

Und das nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen. Aus dem engen Zusammenwirken zwischen erfahrenen Fachkräften, leistungsstarken Unternehmen und Bildungsinstitutionen entsteht viel mehr als nur Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft. Die berufliche Bildung verbindet Unternehmen mit den Menschen in den Städten und Gemeinden, in denen sie ansässig sind und sorgt ganz wesentlich dafür, dass Verwurzelung, Verbundenheit zum Standort, gerade auch in ländlichen Regionen, entsteht und bestehen bleibt. Alles das ist keine Selbstverständlichkeit. Wir alle sollten uns dafür einbringen, der beruflichen Bildung den Rücken zu stärken, ihre Attraktivität und Wertschätzung zu steigern – und als Bundespräsident werde ich das ganz ausdrücklich unterstützen. Das wird einer meiner Schwerpunkte in den nächsten Jahren sein.

Doch damit nicht genug der Herausforderungen: Die Berufsbilder müssen neu geordnet werden, und auch über die berufliche Bildung hinaus ist der qualifizierte Nachwuchs heiß umkämpft. Wo früher noch dutzende von Technikern um einen Job wetteiferten, kämpfen heute in manchen Berufen schon drei Arbeitgeber um einen Ausgebildeten mit oder ohne längere Berufserfahrung. Deshalb freue ich mich über die Initiativen zum Themenfeld Nachwuchs und Qualifizierung in Ihrer Branche. Ich konnte kürzlich die Nachwuchsstiftung Maschinenbau besuchen. Ich habe mir das mit Freude angeschaut, auch mit den Jugendlichen gesprochen und war wirklich begeistert. Sie fördern auf vielfältige Weise die nächste Generation, machen die Attraktivität der Branche sichtbar und bringen junge Menschen mit den technischen Berufen zusammen. Es gelingt Ihnen. Der Maschinenbau hat einen guten Ruf, ist interessant für junge Leute und garantiert höchste Ausbildungsqualität. Die Jungen kommen nicht nur gern, sie bleiben auch. 75 Prozent der Auszubildenden – und das ist weit mehr als der Durchschnitt – werden von den Unternehmen in Ihrer Branche übernommen. Sie müssen viel richtig gemacht haben in diesen 125 Jahren. Auch dafür meine Anerkennung.

Zum Schluss eine persönliche Bemerkung. Wie Millionen anderer Menschen habe ich dem Maschinenbau viel zu verdanken. Ich wollte als junger Mann unbedingt einmal auf eigene Faust eine größere Tour machen. Es sollte nach Südfrankreich gehen. Und ich sage Ihnen: Ohne Hilfe des Maschinenbaus wären wir über meine lippische Heimat sicher nicht hinausgekommen, hätten es jedenfalls nicht bis in die Provence geschafft – vielleicht bis nach Bielefeld oder Paderborn, weiter nicht. Es musste also ein Auto her. Und ganz im Geiste der deutsch-französischen Nachbarschaft fuhren wir mit einer Ente nach Süden. Ich hoffe, die Jüngeren unter Ihnen wissen noch, was das ist. Ob das Auto deutsche Bauteile enthielt oder mit Hilfe des deutschen Maschinenbaus zusammenmontiert wurde, das weiß ich nicht. Nur dass die Zahl der Teile damals noch so überschaubar war, dass man allein reparieren konnte – und leider auch jedes Wochenende musste – das ist mir noch in Erinnerung.

Heute aber weiß ich lange, dass industrielle Lieferketten – und das nicht nur im Automobilbau – kaum noch in Kategorien wie deutsch oder französisch gedacht werden können. Denn die Zeit rein nationaler Industrieverflechtungen gehört der Vergangenheit an. Wir denken grenzüberschreitend, ja, wir müssen grenzüberschreitend denken. Umso mehr wünsche ich mir, dass wir in Deutschland den Schwung, der zurzeit aus Frankreich kommt, nicht ins Leere laufen lassen, sondern mit eigenem Elan aufgreifen – in der Wirtschaft und auch in der Politik.

Alle Voraussetzungen sind da. Der VDMA kann schon heute mehr als 160 nicht-deutsche Mitgliedsunternehmen aus Europa aufweisen. Das freut mich ganz besonders und ich möchte vor allen Dingen unsere Freunde aus Europa, die hier im Saal sind, ganz herzlich begrüßen und willkommen heißen.

In diesem Sinn, meine Damen und Herren, lieber Herr Welcker, Vertreter des deutschen Maschinenbaus: Meinen Glückwunsch zu 125 Jahren VDMA, Ihnen allen heute Abend eine wunderschöne Feier, dem Verband alles Gute für die Zukunft, mit all Ihren Zumutungen, aber vor allem: mit ihren riesengroßen Chancen.

Herzlichen Dank.