Abendessen mit dem Generalgouverneur in Australien

Schwerpunktthema: Rede

Sydney/Australien, , 4. November 2017

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat am 4. November beim Abendessen mit dem Generalgouverneur in Australien, Peter Cosgrove, eine Ansprache gehalten: "Wir sind außerdem dankbar, dass viele Deutsche in Australien eine neue Heimat fanden, und ich freue mich, dass sie in den letzten 200 Jahren zum Aufbau dieses Landes beigetragen haben. Daher können wir heute auf eine Vielzahl enger Beziehungen auf kultureller, wissenschaftlicher und persönlicher Ebene zwischen den Menschen und Organisationen unserer beiden Länder blicken."

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hält eine Ansprache beim Abendessen, gegeben vom Generalgouverneur und Lady Lynne Cosgrove, im Admirality House anlässlich des Staatsbesuchs in Australien

Herr Jesu Christ, dich zu uns wend.

Vor zwei Jahren lauschten Zuhörer in ganz Deutschland ehrfürchtig diesem deutschen lutherischen Kirchenlied aus dem 17. Jahrhundert. Sie waren in die Konzertsäle von Städten wie Nördlingen, Zuffenhausen, Wiesbaden und Hildesheim gekommen, um eine ganz besondere Aufführung zu erleben. Wahrscheinlich erkannten sie die Melodie – aber die Worte verstanden sie nicht, denn diese entstammten einer uralten Sprache, die auf einem weit entfernten Kontinent beheimatet ist.

Die Menschen waren gekommen, um den wundervollen Chor der Aborigine-Frauen, den Central Australian Aboriginal Women’s Choir, zu hören, der 2015 mit seiner Boomerang-Tour das nach Deutschland zurückbrachte, was evangelische Missionare im 19. Jahrhundert nach Zentralaustralien mitgenommen hatten. Und falls Sie dieses Ereignis verpasst haben sollten, kann ich Ihnen nur wärmstens den aktuellen australischen Film The Song Keepers empfehlen, in dem die Reise des Chors durch Deutschland dokumentiert wird.

Dieser kulturelle Bumerang erinnert uns nachdrücklich an die historischen Bande zwischen unseren beiden Ländern. Von den Kirchenliedern Luthers hin zu den Expeditionen Ludwig Leichhardts – Deutsche haben die australische Kultur und Geschichte mitgeprägt. Ich freue mich daher ganz besonders, heute hier zu sein – als Präsident der Bundesrepublik Deutschland und als Besucher, der zum ersten Mal in Ihrem wundervollen Land weilt, aber auch als deutscher Protestant und ehemaliger Bundestagsabgeordneter eines Wahlkreises in Brandenburg, der Heimat von Ludwig Leichhardt.

Dies ist ein Treffen zwischen Freunden und verlässlichen Partnern, die gemeinsame Werte teilen. Ich freue mich sehr, dass sich diese Freundschaft weiter festigen wird. Die Arbeit der Deutsch-Australischen Beratergruppe (AGAG) hat in den letzten Jahren wichtige Impulse für die Vertiefung unserer Beziehungen in zahlreichen Bereichen geliefert. Diese Entwicklung begrüße ich sehr.

Wir Deutschen schätzen Australien als Hort der Stabilität in der Region Asien-Pazifik – einer Region, die manchmal weniger stabil ist, als wir alle es uns wünschen würden. RAMSI, die Regionale Unterstützungsmission für die Salomonen, ist ein beeindruckendes Beispiel für die Führungsstärke Australiens in der Region. Und wir sind beide entschlossene Akteure im Kampf gegen den Terrorismus. Dies erstreckt sich von der Unterstützung Australiens für die Philippinen über die deutsche Beteiligung an der Mission in Mali bis hin zu unserer gemeinsamen Arbeit in Afghanistan, um nur einige Beispiele zu nennen.

Deutschland sieht einer Vertiefung dieser Zusammenarbeit im Rahmen der 2+2-Gespräche 2018 sowie der anstehenden Weltklimakonferenz in Bonn unter dem Vorsitz Fidschis erwartungsvoll entgegen. Ich bin zuversichtlich, dass von den Verhandlungen ein starkes Signal der Unterstützung insbesondere an die Inselstaaten des Pazifiks ausgehen wird – die Nachbarn Australiens, deren Teilnahme in Bonn wir ausdrücklich begrüßen.

Viele Deutsche träumen davon, einmal in ihrem Leben nach Australien zu reisen. Jährlich besuchen rund 200.000 meiner Landsleute Ihren Kontinent. Hinzu kommen die über 25.000 jungen Deutschen, die sich im Rahmen eines Arbeitsurlaubs hier aufhalten. Und ich möchte auch noch erwähnen, dass meine bayrischen Mitbürger sich immer darauf freuen, all unsere australischen Freunde zu begrüßen, die jedes Jahr zum Oktoberfest nach München pilgern.

Wir sind außerdem dankbar, dass viele Deutsche in Australien eine neue Heimat fanden, und ich freue mich, dass sie in den letzten 200 Jahren zum Aufbau dieses Landes beigetragen haben. Daher können wir heute auf eine Vielzahl enger Beziehungen auf kultureller, wissenschaftlicher und persönlicher Ebene zwischen den Menschen und Organisationen unserer beiden Länder blicken.

Zwei Beispiele möchte ich in diesem Zusammenhang besonders hervorheben: das kürzlich ins Leben gerufene Energiewende-Zentrum (Energy Transition Hub) und das seit Langem bestehende Stipendienprogramm für Studienaufenthalte in Deutschland und Australien. Rund 100 Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkriegs rufen uns Programme wie diese nachdrücklich ins Gedächtnis, wie wertvoll Verständigung und Austausch sind. Darauf können wir stolz sein.

Das alte lutherische Kirchenlied, das der Chor der Aborigine-Frauen vorgetragen hat, endet mit den Worten: Der Heiligen Dreieinigkeit sei Lob und Preis in Ewigkeit. Ich schlage vor, dass wir heute Abend vor allem das starke Band der Freundschaft zwischen unseren Ländern preisen. Bitte erheben Sie Ihr Glas mit mir auf Generalgouverneur Cosgrove, auf Lady Cosgrove und auf die weitere Vertiefung der Beziehungen zwischen Australien und Deutschland.