Staatsbankett in der Republik Gambia

Schwerpunktthema: Rede

Banjul/Gambia, , 13. Dezember 2017

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat am 13. Dezember beim Staatsbankett, gegeben vom Präsidenten der Republik Gambia Adama Barrow, eine Ansprache gehalten: "Deutschland ist entschlossen, Gambia bei der Stärkung seiner Demokratie zu helfen, und zwar durch gemeinsame Anstrengungen in den Bereichen Energie, Sicherheit, Kultur und – das Wichtigste – bei der Schaffung von Arbeitsplätzen."

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hält eine Ansprache beim Staatsbankett gegeben vom Präsidenten Adama Barrow in Banjul anlässlich seines Staatsbesuchs in der Republik Gambia

Auf meinem Weg hierher habe ich noch einmal Sona Jobarteh mit ihrem Lied Gambia gehört. Der Klang ihrer Stimme und die Musik der Kora bringen eine so liebevolle Verbindung zu Ihrem Land zum Ausdruck, dass man sie mit Worten nicht beschreiben kann. Mit ihren Konzerten in Deutschland hat Sona Jobarteh diese Gefühle vielen meiner Landsleute nahegebracht – und sie waren fasziniert von ihrer Musik und den Einblicken in die gambische Kunst und Kultur. Heute Abend sind Sie bei uns, Sona, und ich freue mich sehr auf Ihren Auftritt!

Aber darüber hinaus bin ich auch sehr glücklich darüber, dass dies nicht die einzige gute Nachricht aus Gambia ist, die in jüngster Zeit nach Deutschland und in die ganze Welt gedrungen ist. Ende 2016/Anfang 2017 hat das gambische Volk mit dem ersten regulären demokratischen Machtwechsel nach 22 Jahren autokratischer Herrschaft Geschichte geschrieben. Was für eine bemerkenswerte Leistung – eine Leistung, die durch die kluge und beeindruckende Zusammenarbeit zwischen unterschiedlichen Akteuren der ehemaligen Opposition und der Zivilgesellschaft sowie durch die starke Unterstützung seitens der Regionalpartner Gambias in ECOWAS und der Afrikanischen Union ermöglicht wurde. Viele, die bei diesen Bemühungen eine Rolle spielten, sind heute hier bei uns. Erlauben Sie mir, Sie im Namen des deutschen Volkes zu beglückwünschen: Dieser Übergang hat Gambia quasi über Nacht wieder zu einem wichtigen Partner für Deutschland und Europa gemacht. Ich freue mich, dass unsere Länder bereits begonnen haben, wieder in vielen Bereichen zusammenzuarbeiten.

Das Vorhaben, eine gambische Wahrheits- und Versöhnungskommission einzurichten, erregte besondere Aufmerksamkeit bei mir als Deutschem. Wir Deutsche wissen, wie wichtig es ist, sich der Geschichte zu stellen und Stärke aus dem Bemühen zu gewinnen, ehrlich und offen mit dem Unrecht vergangener Zeiten umzugehen. Im Einklang mit dieser Philosophie ist Gambias Neuausrichtung in der Außen- und Menschenrechtspolitik zu einem wichtigen Beispiel in der Region geworden, und ich begrüße die Rückkehr Ihres Landes zum Internationalen Strafgerichtshof. Die Schaffung von Stabilität intern wie extern ist die Aufgabe, um die es jetzt geht, und das ist kein Kurzstreckenlauf, sondern ein Marathon, der einige Zeit in Anspruch nehmen wird.

Und obwohl die Erwartungen insbesondere innerhalb der Zivilbevölkerung hoch sind, werden Ihre Anhänger ein wenig Geduld brauchen und sollten Ihnen etwas Zeit lassen. Es ist nicht leicht, ein Land nach 22 Jahren Diktatur innerhalb von Wochen und Monaten zu verändern. Aber ich bin mir sicher, Herr Präsident, dass Sie mit Entschlossenheit diesen politischen Wandel vorantreiben werden.

Deutschland ist entschlossen, Gambia bei der Stärkung seiner Demokratie zu helfen, und zwar durch gemeinsame Anstrengungen in den Bereichen Energie, Sicherheit, Kultur und – das Wichtigste – bei der Schaffung von Arbeitsplätzen. Ich bin froh, dass mich eine hochrangige Wirtschaftsdelegation begleitet, die darauf brennt, die Investitionsbedingungen hier im neuen Gambia und die Grundvoraussetzungen für die wirtschaftliche Zusammenarbeit in und mit Gambia kennenzulernen. Ich bin davon überzeugt, dass Hilfsleistungen zwar zu kurzfristigen Verbesserungen in bestimmten gezielt geförderten Bereichen führen können, langfristige Erfolge jedoch nur durch Investitionen, lokale Wirtschaftspolitik, Bildung und Ausbildung möglich sind. Nur so kann es eine glückliche Zukunft für die junge Generation geben.

Wir sind es den jungen Menschen schuldig, uns nach Kräften dafür einzusetzen. Wenn Tausende junger Männer und Frauen ihr Leben in der Sahara und auf dem Mittelmeer aufs Spiel setzen, wenn einige der größten Talente Afrikas dem Albtraum moderner Sklaverei zum Opfer fallen, wenn die kriminelle Ausbeutung der Träume und Hoffnungen junger Menschen zu einem erfolgreichen Geschäftsmodell geworden ist, dann ist eines sicher: Es ist noch viel zu tun und wirtschaftliche Anstrengungen vor Ort sind der Schlüssel zur Schaffung dauerhafter und nachhaltiger Perspektiven.

Ich hege die Hoffnung, dass wir den Geist der Partnerschaft zwischen unseren beiden Ländern erneut entfachen können. Unter dem deutschen G20-Vorsitz wurde der Compact with Africa auf den Weg gebracht, der sich auf private Investitionen und örtliche Unternehmen konzentriert. Morgen werde ich das gambischen Berufsbildungsinstitut GTTI besuchen, das enge kooperative Verbindungen zu Deutschland unterhält, und ich hoffe, dass es zum Zentrum für Zusammenarbeit mit deutschen Unternehmen und der deutschen Regierung auf diesem Gebiet wird. Der EU-AU-Gipfel in Abidjan kürzlich hat gezeigt, dass Europa die Entwicklungen in Gambia sehr genau verfolgt, nicht zuletzt deshalb, weil Ihr Land ein wirklich großes Potenzial in Bereichen wie Tourismus und Landwirtschaft birgt. Ich wünsche Ihnen von Herzen alles Gute!

In diesem Sinne, Herr Präsident, und – lassen Sie es mich noch einmal betonen – in Anerkennung des Muts und der Entschlossenheit der gambischen Zivilgesellschaft, möchte ich das Glas erheben und mit Ihnen auf die Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern und das Wohl des gambischen Volkes anstoßen.