Historisch-Taktische Tagung der Marine

Schwerpunktthema: Rede

Linstow, , 10. Januar 2018

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat am 10. Januar bei der 58. Historisch-Taktischen Tagung der Marine in Linstow eine Ansprache gehalten: "Hier wird nicht befohlen, sondern begründet und kenntnisreich diskutiert, der Dienstgrad tritt hinter die Kraft der Argumente zurück und junge Nachwuchsoffiziere debattieren offen und frei mit der Admiralität – auf Augenhöhe."

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hält eine Ansprache im Valkensaal des Van der Valk Resorts anlässlich der 58. Historisch-Taktischen Tagung der Marine in Linstow

Auf dem Weg zu Ihnen nach Linstow habe ich mich in diesem respektablen Standardwerk der deutschen Literatur erkundigt – in der Seeschiffahrtsstraßen-Ordnung.

Unter Paragraph 6, im Absatz 2, steht dort – die meisten hier im Saal wissen, wovon ich spreche – folgendes zum Thema Leuchten: Laternen, Leuchten und Schweinwerfer dürfen nur so gebraucht werden, dass sie nicht blenden – und so weiter.

Leuchten, ohne zu blenden – das könnte auch ein gutes Motto für die Politik sein. Ich glaube, es passt auch hier ganz gut, selbst wenn ich auf keine eigene Matrosenvergangenheit zurückschauen kann. Mein Antrittsbesuch bei der Marine steht ebenfalls noch an. Und dazu kommt noch – ich hoffe, Sie verzeihen das –, dass ich meinen Wehrdienst bei der Luftwaffe abgeleistet habe. Ich bitte um Nachsicht.

Aber aus einer ganzen Reihe von Vorverwendungen weiß ich: Leuchten, nicht blenden – das hält man bei der Deutschen Marine ganz gern so.

Dieses Prinzip von Professionalität, Leistung und Understatement, darin erkenne ich so etwas wie das Selbstverständnis der Marine. Ich erkenne es in ihrer Arbeit in den Einsatzgebieten im Mittelmeer und am Horn von Afrika, im Beitrag der Marine zur Landes- und Bündnisverteidigung und bei der Bewältigung der eigenen Modernisierungsaufgaben, hier in Deutschland.

Und dieses Prinzip gilt auf ganz besondere Weise eben auch für die Historisch-Taktische Tagung der Marine. Denn hier werden historisch fundierte Beiträge gehalten, ganz abseits vom akademischen Rampenlicht. Hier wird nicht befohlen, sondern begründet und kenntnisreich diskutiert, der Dienstgrad tritt hinter die Kraft der Argumente zurück und junge Nachwuchsoffiziere debattieren offen und frei mit der Admiralität – auf Augenhöhe. Und vor allem dürfen alle im Saal aufstehen und sich in die Diskussionen einbringen, wenn sie auf einen interessanten Gedanken oder eine offene Frage stoßen.

Damit unterstreicht die Historisch-Taktische Tagung nun schon seit 1957 einen, wie ich finde, sehr wichtigen Leitgedanken für die gesamte Bundeswehr: Sie ist eine demokratische Armee von mündigen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern. Eine Armee, die neben aller notwendigen Disziplin das selbstständige Denken nicht verlernen will, es im Gegenteil zu einer Kerntugend erhebt.

Und auch Ihr heutiges Thema, die Fragen nach Menschen in Grenzsituationen und nach der kritischen Reflexion von militärischem Handeln und militärischer Führung – all das passt gut zu diesem Selbstverständnis. Denn gerade in der Realität von Übung und Einsatz können solche Grundsätze nie ganz so einfach gelebt werden, wie das bei Schulungen und in Sonntagsreden klingen mag. Dazu gehören auch wichtige Fragen nach der Traditionsbildung und nach der Bewertung des konkreten Dilemmas im Einzelfall, die sich jede Generation von Soldaten neu stellen muss.

Und gerade dieses ehrliche Ringen um den eigenen Anspruch, dieses professionelle Nachdenken über den eigenen Beruf, das ist an diesem Format hier ebenso interessant wie beeindruckend. Es zeigt mir, dass Sie hier in sicherem Fahrwasser unterwegs sind: Indem Sie die eigene Geschichte ausleuchten, und auch den Weg nach vorn, und dabei jedenfalls niemanden blenden. Zu dieser Haltung will ich Sie ausdrücklich beglückwünschen.

Liebe Soldatinnen und Soldaten, unser Land verlangt viel von Ihnen – und Sie leisten Bewundernswertes für unser Land.

Dafür will ich Ihnen allen, auch im Namen unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger, von ganzem Herzen Danke sagen – und damit spreche ich Sie auch stellvertretend für all Ihre Kameradinnen und Kameraden an, die heute nicht hier sein können. Deutschland braucht eine leistungsfähige, selbstbewusste und denkende Bundeswehr – und mit der Historisch-Taktischen Tagung leistet die Deutsche Marine einen sehr wichtigen Beitrag dazu.

In diesem Sinne freue ich mich sehr, heute hier zu sein. Ich wünsche Ihnen allen immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel und jetzt weitere gute Diskussionen, anregende Gespräche, interessante Begegnungen und vor allen Dingen bin ich jetzt gespannt auf die nächsten Vorträge.

Herzlichen Dank fürs Zuhören!