Abendessen für die Staats- und Regierungschefs aus Subsahara-Afrika aus Anlass der "Compact with Africa" - Konferenz

Schwerpunktthema: Rede

Schloss Bellevue, , 29. Oktober 2018

Der Bundespräsident hat am 29. Oktober beim Abendessen für die Staats- und Regierungschefs aus Subsahara-Afrika aus Anlass der "Compact with Africa"-Konferenz in Schloss Bellevue eine Ansprache gehalten: "Ich glaube nicht daran, dass wir Europäer die Antworten auf die Herausforderungen in den Ländern Afrikas haben. Den Kontinent voranbringen können am Ende nur afrikanische Lösungen. Aber ich glaube an eine gemeinsame Zukunft von Afrika und Europa."

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hält eine Ansprache anlässlich des Abendessens für die Staats- und Regierungschefs aus Subsahara-Afrika im Schinkelsaal von Schloss Bellevue

Ich freue mich sehr, Sie heute – nach etwas mehr als einem Jahr, wieder in Berlin, im Schloss Bellevue, willkommen zu heißen. Nicht alle, aber viele von Ihnen waren im vergangenen Jahr schon unsere Gäste. Und ich möchte Ihnen durch diese Einladung auch zeigen, wie wichtig mir, wie wichtig uns, der regelmäßige Austausch mit Ihnen ist.

Europa und Afrika verbindet eine gemeinsame, aber auch alles andere als einfache Geschichte. Vor allem aber – davon bin ich persönlich überzeugt und dafür werbe ich auch in unserem Land – verbindet uns eine gemeinsame Zukunft. Afrika und Europa, Europa und Afrika brauchen einander dringend!

Ich begrüße es, dass die Bundesregierung den Compact with Africa angestoßen hat. Er steht für einen neuen Aufbruch in unseren Beziehungen – unseren Beziehungen mit den Ländern Afrikas. Vor allem aber sehe ich mit Respekt und Anerkennung den Weg, den Ihre Länder zurückgelegt haben und den Aufbruch, der in vielen Ländern Afrikas jetzt spürbar ist. Ich habe erst vor wenigen Monaten selbst auf meiner Reise nach Ghana und nach Gambia spüren können, wie viel Aufbruch es gibt, wie viel Konsolidierung – auch wirtschaftlich – stattfindet, und ich freue mich auf meine nächste Reise, die mich schon bald ins südliche Afrika führen wird.

Wir wollen neue strategische Partnerschaften begründen mit Ihnen, mit den Ländern, die Sie vertreten. Eine Partnerschaft, die Afrikas und Europas Kräfte und Möglichkeiten mobilisiert, um an der gemeinsamen Zukunft zu bauen. Es ist ermutigend, dass sich die deutsche Wirtschaft stärker in Afrika engagiert, insbesondere natürlich in den Compact-Ländern. Da gibt es ein großes Potenzial für eine weitere wirtschaftliche Entwicklung! Ich bin neugierig auf Ihre Erfahrungen und Anregungen.

Afrika, dieser riesige Kontinent mit seinen 54 Ländern, mit seiner faszinierenden Geschichte und seinem kulturellen Reichtum, ist so vielfältig, dass wir ihm nicht gerecht werden, wenn wir ihn –von Europa aus – als monolithischen Block wahrnehmen. Das eine Afrika gibt es nicht. Afrika ist vielfältig. Auch Sie kommen aus acht Ländern, die sehr verschieden sind. Aber es ist unser gemeinsames Interesse, dass der Kontinent in seiner Gesamtheit stark ist, weil er eine so wichtige Rolle für die Zukunft unseres Planeten spielt.

Ich bin neugierig auf Ihren Blick auf den eigenen Kontinent. Auf die Versuche etwa, eine Afrikanische Freihandelszone Wirklichkeit werden zu lassen. Und natürlich bin ich auch neugierig auf Ihre Kommentare zu schwierigen Themen wie bewaffnete Konflikte, zu Hunger und zu Fragen des Bevölkerungswachstums.

Wir verstehen heute auch in Europa besser, dass wir auf die globalen Herausforderungen nicht allein, nicht als einzelner Staat in Europa und auch nicht als Europa insgesamt reagieren können, sondern dass wir nur dann wirklich mit diesen Herausforderungen zurechtkommen, wenn wir gemeinsam mit den afrikanischen Ländern Antworten finden. Ich denke an die Erderwärmung, das Artensterben, oder an die Verschmutzung der Meere. Ich denke aber auch an das Thema Migration, das heute in Europa viele, manchmal zu viele Debatten über Afrika prägt oder geradezu dominiert.

Es ist verständlich, wenn sich Menschen auf der Suche nach einem besseren Leben auf den Weg machen. Aber wir sollten auch offen darüber reden, auch heute Abend, welche Folgen das hat für beide Seiten. Europa kann sich nicht als Festung abschotten. Ich will das auch nicht. Für die afrikanischen Länder kann es aber auch keine Lösung sein, wenn Menschen in großer Zahl und auf lebensgefährlichen Wegen den Kontinent verlassen, um in Europa Arbeit und ein besseres Leben zu finden, und damit natürlich auch in Afrika, in ihren Ländern fehlen.

Umso wichtiger ist es, dass es uns gemeinsam gelingt, die Lebensperspektiven vor allem für die jungen Menschen in Ihren Ländern zu verbessern. Und ein Schlüssel dazu ist das, worüber wir heute Abend reden: nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung. Ich weiß, wir haben im letzten Jahr schon darüber gesprochen, gute Infrastruktur ist dafür notwendig. Und gute Infrastruktur, gute Investitionen, brauchen entsprechende Rahmenbedingungen, vor allem die Investitionen in die Ausbildung der jungen Leute.

Ich glaube nicht daran, dass wir Europäer die Antworten auf die Herausforderungen in den Ländern Afrikas haben. Den Kontinent voranbringen können am Ende nur afrikanische Lösungen. Aber ich glaube an eine gemeinsame Zukunft von Afrika und Europa. Und der Aufbruch in diese Zukunft ist unsere gemeinsame Verantwortung. Deshalb bin ich dankbar, dass Sie alle so zahlreich heute Abend erneut den Weg an diesen Tisch, an unseren Tisch gefunden haben. Ich sage Ihnen noch einmal: Herzlich willkommen! Ich freue mich auf den Austausch bei diesem Abendessen.