Entlassung und Ernennung von Bundesministerinnen: Ursula von der Leyen und Annegret Kramp-Karrenbauer

Schwerpunktthema: Rede

Schloss Bellevue, , 17. Juli 2019

Der 1. Vizepräsident des Bundesrates, Michael Müller, hat am 17. Juli in Wahrnehmung der Befugnisse des Bundespräsidenten bei der Entlassung der Bundesministerin der Verteidigung, Ursula von der Leyen, und der Ernennung von Annegret Kramp-Karrenbauer in Schloss Bellevue eine Ansprache gehalten: "Große Aufgaben liegen vor Ihnen. Denn zweierlei ist notwendig: Unser Land braucht eine starke Bundeswehr, und die Bundeswehr braucht starken Rückhalt in der Politik und in der ganzen Gesellschaft."

Der 1. Vizepräsident des Bundesrates, Michael Müller, hält in Wahrnehmung der Befugnisse des Bundespräsidenten bei der Verabschiedung der Bundesverteidigungsministerin, Ursula von der Leyen, und der Ernennung von Annegret Kramp-Karrenbauer eine Ansprache.

Der 1. Vizepräsident des Bundesrates, Michael Müller, hat am 17. Juli in Wahrnehmung der Befugnisse des Bundespräsidenten bei der Verabschiedung der Bundesministerin der Verteidigung, Ursula von der Leyen, und der Ernennung von Annegret Kramp-Karrenbauer in Schloss Bellevue eine Ansprache gehalten.

Heute ist kein Tag wie jeder andere im Schloss Bellevue. Hier steht nicht, wie üblich, der Bundespräsident – das haben Sie vermutlich schon gemerkt –, sondern ich als Vizepräsident des Bundesrates. Und es gibt noch einen weiteren Grund, warum das nicht ein Tag wie jeder andere ist: Liebe Frau Merkel, zu Ihrem heutigen Geburtstag wünsche ich, und ich bin sicher: alle hier, alles erdenklich Gute, viel Kraft, viel Gesundheit und eine große Portion privates Glück. Herzlichen Glückwunsch!

Sehr geehrte Frau Ministerin, liebe Frau von der Leyen, zu Ihrer Wahl als Präsidentin der Europäischen Kommission gratuliere ich Ihnen sehr herzlich.

Heute treten Sie von Ihrem Amt als Bundesministerin der Verteidigung zurück, um sich mit aller Kraft auf Ihre künftige Aufgabe vorzubereiten. Wir alle wissen, wie eng die nationale mit der europäischen Politik verbunden ist. Insofern ist Ihre Entlassung als Bundesministerin kein Abschied, sondern der Auftakt zu einem neuen Lebensabschnitt im Dienste Europas. Dafür wünsche ich Ihnen alles Gute und viel Erfolg!

Vierzehn Jahre waren Sie im Bundeskabinett. Ich weiß nicht, ob Sie mitgezählt haben: Um die 700-mal saßen Sie mittwochs am langen Kabinettstisch im Kanzleramt. Ein Blick in die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland zeigt: Es gibt nur sehr wenige, die auf eine so lange Amtszeit als Bundesministerin oder Bundesminister zurückschauen können.

In diesen vierzehn Jahren haben Sie Deutschland gedient, und Sie haben sich um Deutschland verdient gemacht. Dafür möchten wir Ihnen danken.

Für alle Ihre Ämter galt: Wenn Sie ein Ziel für richtig und notwendig erkannten, dann haben Sie sich dem mit großem persönlichen Einsatz und bisweilen gegen manche Widerstände verschrieben. Halbe Sachen sollten es nicht sein: Ihr Eintreten für eine verbindliche Frauenquote in Aufsichtsräten ist dafür nur ein Beispiel.

Viele Ihrer Entscheidungen waren richtungsweisend. Als Bundesfamilienministerin haben Sie eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ins Zentrum Ihrer Politik gerückt – für Männer und für Frauen. Sie haben vor vielen anderen erkannt, dass Leben und Arbeit in einer Gesellschaft, die die Gleichberechtigung von Männern und Frauen in ihre Verfassung aufgenommen hat, zusammengehören. Die Familienministerin, so beschrieb es damals eine Zeitung, habe das Anliegen zum Topthema der Koalition gemacht. Tatsächlich haben Sie viel mehr getan als das. Sie haben es durchgesetzt.

Wir denken an den Ausbau der Betreuung von Kleinkindern und die Umsetzung des Elterngelds. Wenn heute immer mehr Männer Elternzeit in Anspruch nehmen und sich freuen, mehr Zeit für ihre Kinder zu haben, dann haben wir das auch Ihrer Politik zu verdanken. Die Rollenbilder haben sich geändert – zum Besseren. Auch daran haben Sie Anteil.

Kümmern und Aktivieren – so nannten Sie einst selbst die Richtschnur Ihres politischen Handelns. Im Bundesministerium für Arbeit und Soziales brachten Sie das Bildungspaket auf den Weg. Kinder aus einkommensschwachen Familien sollten ebenso wie alle anderen am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können, die Musikschule besuchen oder im Sportverein mitmachen.

Dass Sie auch ganz persönlich für die Veränderung überkommener Rollenbilder stehen, zeigte sich 2013, als Sie – als erste Frau – das Amt der Bundesministerin der Verteidigung übernahmen. Sie haben sich von Beginn an für eine Konsolidierung und Stärkung der Bundeswehr eingesetzt, haben materielle und finanzielle Defizite klar benannt und notwendige Reformen eingeleitet. Nicht alle Mängel in der Ausstattung sind behoben. Noch bleibt viel zu tun. Aber fest steht: Die Bundeswehr ist als Arbeitgeberin attraktiver geworden, und der Wehretat ist deutlich angewachsen.

Das ist mit Blick auf unsere Verpflichtungen gegenüber der NATO und unseren Verbündeten, auf die zahlreichen Auslandseinsätze der Bundeswehr und die neuen geopolitischen Herausforderungen auch dringend erforderlich. Auf der Münchner Sicherheitskonferenz im Jahr 2014 haben Sie ein klares Bekenntnis zur sicherheitspolitischen Verantwortung Deutschlands abgegeben. Und Sie haben zu Recht darauf verwiesen, dass die Bundesrepublik Deutschland ihren internationalen Verpflichtungen nur gerecht werden kann, wenn die Bundeswehr dafür adäquat ausgestattet ist. Das betrifft neben Land-, See- und Luftstreitkräften auch die Abwehr von digitalen Bedrohungen, wofür Sie das Kommando Cyber- und Informationsraum eingerichtet haben.

Die Sicherheit Deutschlands kann nur im Bündnis gewährleistet werden. Neben der NATO spielt dabei auch unsere Zusammenarbeit innerhalb der Europäischen Union eine immer wichtigere Rolle. Auch Ihnen ist zu verdanken, dass sich die EU auf eine Ständige Strukturierte Zusammenarbeit in der Verteidigungspolitik verständigt hat. Die Europäische Union ist eben auch dies: eine Verteidigungsunion, in der wir uns gegenseitig Beistand versprochen haben.

Statt Berlin nun also Brüssel, statt Kabinett nun Kommissionskollegium.

Für viele kam dieser Schritt überraschend. Auch deswegen ging Ihrer Wahl eine Kontroverse über die künftige Rolle der Spitzenkandidaten für dieses Amt voraus. Das unterstreicht die Wichtigkeit, bis zu den nächsten Wahlen das Verfahren für die Ernennung des europäischen Spitzenpersonals weiterzuentwickeln, und zwar gemeinsam mit allen beteiligten Institutionen.

Sie erwarten nun große Aufgaben. Die Europäische Union ist Anfechtungen ausgesetzt. Demokratie und Rechtsstaatlichkeit werden in Frage gestellt. Ja, das liberale Gesellschaftsmodell wird im Innern der Gemeinschaft auf die Probe gestellt und auch von äußeren Gegnern bekämpft.

In der gemeinsamen Abwehr dieser Angriffe aber liegt auch eine Chance. Meine Hoffnung ist, dass die Herausforderungen auch den Blick schärfen auf das, was Europa eigentlich ausmacht.

Europa ist zu unser aller Glück vereint. Dieses Glück liegt in einem Bündnis zum gegenseitigen Nutzen. Dieses Glück liegt in dem gemeinsamen Ziel, Wohlstand, Sicherheit und Freiheit gemeinsam und für alle Europäerinnen und Europäer zu erreichen. Dieses Glück liegt in der Verantwortung dafür, unseren Planeten für künftige Generationen lebenswert zu halten. Und dieses Glück liegt in dem Versprechen, das wir einander gegeben haben: Wir treten in der Welt gemeinsam auf – und füreinander ein.

All dies sind keine leichten Aufgaben. Aber ich wiederhole mich gern: Ich wünsche Ihnen dafür viel Kraft, Glück und Erfolg. Und eine Portion Spaß kann auch dabei sein.

Liebe Frau Kramp-Karrenbauer,

von Frau von der Leyen übernehmen Sie das Amt der Verteidigungsministerin – ein Amt mit größter Verantwortung für die Sicherheit unseres Landes und die Einsatzbereitschaft unserer Bundeswehr.

Große Aufgaben liegen vor Ihnen. Denn zweierlei ist notwendig: Unser Land braucht eine starke Bundeswehr, und die Bundeswehr braucht starken Rückhalt in der Politik und in der ganzen Gesellschaft. Für diese so wichtigen Aufgaben wünsche ich Ihnen gutes Gelingen und eine glückliche Hand.