Interview mit der peruanischen Tageszeitung El Comercio

Schwerpunktthema: Interview

20. März 2015

Der Bundespräsident hat der in Lima erscheinenden Tageszeitung El Comercio ein Interview gegeben, das am 20. März erschienen ist. Über die Motive zu den Staatsbesuchen in Peru und Uruguay sagte er: "Peru hat nach Überwindung des internen Konflikts eine beeindruckende politische Stabilisierung und wirtschaftlichen Aufschwung erlebt. Und Uruguay hat mit seinem sozial inklusiven Wachstum ebenfalls seine Demokratie weiter gefestigt."

Bundespräsident Joachim Gauck in Schloss Bellevue (Archiv)

Bundespräsident Joachim Gauck hat der in Lima erscheinenden Zeitung El Comercio ein schriftliches Interview gegeben, das am 20. März erschienen ist:

Halten Sie Deutschlands Rolle in der Welt für relevant oder glauben Sie, dass Deutschland eine aktivere Position einnehmen sollte?

In Deutschland diskutieren wir auch aufgrund der verschiedenen internationalen Krisen derzeit intensiv, wie wir unsere europa-und außenpolitische Verantwortung künftig wahrnehmen wollen. Wir engagieren uns derzeit intensiv und auf unterschiedliche Weise für die Überwindung der Euro-Krise, bei der Lösung des Ukraine-Konflikts, gegen den Vormarsch des sogenannten Islamischen Staats in Irak und Syrien, aber auch bei der Bekämpfung von Ebola und bei humanitären Katastrophen. Dort wo wir helfen können, sollten wir auch in diesen Fällen eine aktive Rolle übernehmen.

Haben die Sanktionen der EU und der Vereinigten Staaten, die aufgrund des Ukraine-Konflikts gegen Russland verhängt wurden, eine Wirkung entfaltet?

Ja, die von der EU und den USA verhängten Sanktionen entfalten Wirkung. Russland steht wirtschaftlich unter Druck, auch wenn sich der Zusammenhang angesichts des ebenfalls stark gefallenen Ölpreises nicht ganz präzise bemessen lässt. Und wir sollten die politische Wirkung der in Folge der Annexion der Krim und der Verletzung der territorialen Integrität der Ukraine verhängten Sanktionen nicht unterschätzen.

Verursacht der Machtwechsel in Griechenland durch Alexis Tsipras und Syriza Deutschland und der EU Kopfschmerzen?

Der Regierungswechsel in Griechenland ist das Ergebnis demokratischer Wahlen und wird respektiert. Sorge bereitet uns vielmehr die wirtschaftliche Lage des Landes, aber durchaus auch die Frage vieler Europäer, ob die neue Regierung angemessen und sachgerecht auf die prekäre Situation reagiert.

Wie beunruhigend ist die steigende Zahl junger Menschen, die sich dem IS anschließen für Ihr Land?

Die Zahl der Dschihadisten, die bislang aus Deutschland in Kampfgebiete in Syrien und im Irak ausgereist sind, liegt bei ungefähr 650 Personen. Die Behörden sagen auch, dass die Gefahr eines Terroranschlags in Deutschland gewachsen ist. Insgesamt stehen wir hier vor einer großen gesellschaftlichen Aufgabe, bei der es vor allem um Prävention geht.

Was sollte angesichts zunehmender Islamophobie getan werden?

Islamistische Aktivitäten rufen zu Recht Abwehr in der Gesellschaft hervor, daraus darf aber keine Islamophobie erwachsen. Bei uns sind die Ängste und Unsicherheiten mit Blick auf den Islam dort am größten, wo die Menschen am wenigsten Berührung mit Muslimen haben. Ich ermutige die Menschen in Deutschland daher immer wieder dazu, mehr Kontakt zu suchen, mehr miteinander zu sprechen und sich nicht aus dem Weg zu gehen.