Enthüllung einer Büste von Bundespräsident a. D. Horst Köhler

Schwerpunktthema: Rede

Bundespräsidialamt, , 25. Juni 2012

Bundespräsident Joachim Gauck hat am 25. Juni eine Ansprache bei der Enthüllung einer Büste von Bundespräsident a. D. Horst Köhler im Bundespräsidialamt in Berlin gehalten: "Horst Köhler ist von den Bürgerinnen und Bürgern immer als authentisch erlebt worden, von seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern höre ich dasselbe. Authentisch, das heißt: Unverstellt, glaubwürdig, geradeaus. Seine Begeisterung, gelegentlich wohl auch sein Zorn, seine Bewegung und seine Freude, seine Trauer und sein Schmerz, sein Engagement und seine Leidenschaft: Das war und ist echt, da ist nichts gespielt."

Bundespräsident Joachim Gauck bei seiner Ansprache vor der Enthüllung der Büste im Foyer des Bundespräsidialamtes

„Neue Enthüllung im Bundespräsidialamt!“: Das könnte morgen die Überschrift sein über das Ereignis heute und in diesem Falle wäre es sogar wahr und überhaupt kein Anlass für Ärger.

Obwohl: „Enthüllung“ – das ist ja grundsätzlich eine etwas zwiespältige Angelegenheit. Und eine Rede zur Enthüllung könnte man mit einem Fremdwort aus dem Griechischen sogar als eine apokalyptische Rede bezeichnen. „Apokalypse“ heißt auf Deutsch nichts anderes als „Enthüllung“, Wegnahme des Vorhangs, der das eigentliche Wesen oder die endgültige Zukunft der Dinge verhüllt.

In unserem Sprachgebrauch ist „Apokalypse“ zu einem Inbegriff für ganz furchtbar schreckliche Ereignisse geworden, weil das biblische Buch der Offenbarung, also der Enthüllung, für die Zukunft, für das Ende der Welt, ziemlich schreckliche Geschehnisse voraussagt.

Enthüllung des Wesens, Enthüllung der Zukunft. Das ist also immer einerseits mit großer Neugier verbunden, andererseits aber auch mit einem gewissen Schauder: Wer weiß, was für Schrecken sich zeigen, wenn der Vorhang gelüftet wird.

Nun, es geht heute nicht um die letzten Dinge oder das Ende der Welt, sondern es geht darum, die vom Künstler Bertrand Freiesleben geschaffene Büste meines verehrten, wenn auch nicht direkten, Amtsvorgängers Horst Köhler zu enthüllen.

Das geschieht nach gutem Brauch hier im Bundespräsidialamt, wo die Altbundespräsidenten eine ganz besondere Nischengesellschaft bilden: Für alle Mitarbeiter und Besucher stellen sie Tradition und Geschichte dieses Amtes dar. Sie führen inmitten der alltäglichen Arbeit uns allen sozusagen die historische Dimension vor Augen.

Bei vorherigen Büstenenthüllungen, so habe ich mir sagen lassen, sind Sätze gefallen, die inzwischen im Haus Legende geworden sind. So hat Roman Herzog in seiner trockenen Art den Künstler wissen lassen, dieser habe sich aber wohl sehr viel Mühe gegeben. Und Christina Rau meinte nach der Enthüllung, ihr leider damals schon verstorbener Mann hätte jetzt sicher den Bibelvers zitiert: „Fürchtet euch nicht, ich bin es!“

Enthüllungen sind dazu da, das Wesen des Dargestellten zum Ausdruck zu bringen, eine innere Wahrheit, vielleicht sogar, etwas bisher ganz Unvermutetes ans Licht zu bringen. Deshalb eben die Mischung aus Neugier und Furcht vor Enthüllungen.

Ich weiß nicht mehr genau, wie die Büste aussieht, deren Tuch gleich entfernt wird, ich weiß nicht, wie sie künstlerisch zu bewerten sein wird. Ich weiß nur, dass weder Horst Köhler noch wir Angst vor ihr zu haben brauchen, wenn sie die Wahrheit über Horst Köhler aufscheinen lässt.

Denn er, der 9. Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland, hat wahrhaftig nichts zu verbergen. Von all den Wörtern, die einem politisch verantwortlichen Repräsentanten und also auch ihm im Laufe seiner Amtszeit und danach so angehängt werden, ist bei ihm eines wohl am häufigsten benutzt worden und wahrscheinlich am treffendsten. Es ist übrigens wieder ein griechisches Wort: authentisch.

Ja, Horst Köhler ist von den Bürgerinnen und Bürgern immer als authentisch erlebt worden, von seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern höre ich dasselbe. Authentisch, das heißt: Unverstellt, glaubwürdig, geradeaus. Seine Begeisterung, gelegentlich wohl auch sein Zorn, seine Bewegung und seine Freude, seine Trauer und sein Schmerz, sein Engagement und seine Leidenschaft: Das war und ist echt, da ist nichts gespielt.

Das mag nicht immer angenehm sein, am wenigstens für den Authentischen selbst, aber es ermöglicht Ehrlichkeit im Umgang miteinander. Das war wichtig und das hat Bundespräsident Köhler persönlich und dem Amt des Bundespräsidenten überhaupt außerordentlich hohen Respekt eingebracht. Das wird die Büste sicher zum Ausdruck bringen.

Ich freue mich, dass Sie alle hier sind und ich wünsche Ihnen allen in unserem, wenn ich so sagen darf, gemeinsamen Haus einen schönen Vormittag.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, nun kommen wir zur Enthüllung der Büste. Hierfür bitte ich Sie, sehr geehrter Herr Bundespräsident Köhler, und Sie, sehr geehrter Herr Freiesleben, zu mir auf die Bühne.

Ich bitte nun Sie, sehr geehrter Herr Freiesleben, Ihr Werk zu enthüllen.