Menschenrechtskonferenz "Wien + 20"

Schwerpunktthema: Rede

Berlin, , 15. April 2013

Bundespräsident Joachim Gauck hat der Konferenz „Wien + 20“ des Forums Menschenrechte und des Deutschen Instituts für Menschenrechte zum 20. Jahrestag der Wiener Menschenrechtskonferenz folgendes Grußwort gesandt:

"Auch wenn ich in diesem Augenblick nicht persönlich bei Ihnen sein kann, weiß ich mich all jenen verbunden, die den heutigen Veranstaltungstitel als Bekenntnis begreifen: „Die Menschenrechte sind – und bleiben – unteilbar!“ So wie der Wert des Menschseins und die Würde des Menschen nicht nach Herkunft, Geschlecht, Religion, politischer Überzeugung, körperlicher und geistiger Verfassung oder irgendeinem anderen Merkmal geteilt werden dürfen, so dürfen wir auch die Menschenrechte nicht relativieren, gegeneinander abwägen oder gar ausspielen. Unteilbarkeit bedeutet, dass wir immer das Ganze sehen: die Freiheit für ein selbstbestimmtes Leben genauso wie das Trinkwasser zum Überleben. Die Wahrung der Menschenrechte fordert uns täglich, sie ist die größte und bedeutendste Aufgabe, die sich die Weltgemeinschaft jemals vorgenommen hat.

Als vor 20 Jahren die Delegierten der Wiener Menschenrechtskonferenz zusammenkamen, manifestierten sie ihre Wertvorstellungen, ihre Kritik und ihre Hoffnung – zunächst auf dem Papier. Inzwischen existiert dank Wiener Erklärung und Aktionsplan eine vielfältige institutionelle Welt, in der die Menschenrechte einen festen Platz erhalten haben. Das Forum Menschenrechte und das Deutsche Institut für Menschenrechte können heute an Wien 1993 erinnern, weil sie mit Wiener Rückenwind gegründet wurden, und weil es Frauen und Männer gab, deren Entschlossenheit nicht nur zwei Konferenztage, sondern zwei Jahrzehnte überdauerte.

Ich danke jeder und jedem einzelnen Engagierten – hier in Deutschland und weltweit – für eine Arbeit, die man ebenfalls als unteilbar bezeichnen könnte. Denn wer für die Menschenrechte kämpft, kämpft nicht 40 Stunden in der Woche, sondern immer dann, wenn Hilfe nötig ist. Wer für die Menschenrechte kämpft, misst seinen Erfolg nicht nur an Projektberichten, sondern in erster Linie an Menschen, deren Leben gerettet oder deren Würde gewahrt werden konnte. Und wer für die Menschenrechte kämpft, der weiß, dass der Einsatz für andere schnell das eigene Wohl gefährden kann. Auch das Risiko ist unteilbar, wenn Reporter ohne Grenzen für ihre Berichterstattung in Kriegsgebiete reisen, wenn europäische Gewerkschafter ihren Kollegen aus diktatorischen Staaten Unterstützung im Asyl anbieten oder wenn couragierte Bürgerinnen und Bürger auf der Straße gegen Rassismus und rechtsradikale Gewalt aufbegehren. „Helden unserer Zeit“, so hat die Hochkommissarin der Vereinten Nationen, Navi Pillay, kürzlich in Genf die Mitglieder der vielen seit 1993 entstandenen Menschenrechtsorganisationen genannt. Im Übrigen haben wir auch ihr öffentlichkeitswirksames Amt der Wiener Konferenz zu verdanken.

Den anerkennenden Worten schließe ich mich gern an und nenne dabei neben den Helden ausdrücklich die Heldinnen, deren Mut größer ist als die Furcht vor Repressalien, vielleicht sogar Festnahme, Folter und Tod.

Die Menschenrechte sind unteilbar, solange wir uns in unserer Grundüberzeugung nicht teilen, nicht spalten lassen. Eine engagierte Zivilgesellschaft kann viel bewegen, aber sie braucht auch 2013 starke Partner auf staatlicher Seite, die zuhören, hinsehen, handeln. Das gilt für die subtile Diskriminierung am Konferenztisch genauso wie für die Armutsbekämpfung weltweit. Solange Menschen in Elend und Unterdrückung, in Rechtlosigkeit und Unfreiheit leben, solange müssen wir uns gegenseitig unermüdlich an das Vermächtnis von Wien erinnern. Wir haben gute Gründe, in Dankbarkeit auf dieses Jubiläum und das seit 1993 Erreichte zu blicken. Aber genauso deutlich steht „Wien + 20“ für die Einsicht: Teilerfolge sind nicht genug. Denn die Menschenrechte sind – und bleiben – unteilbar!"

Bundespräsident Joachim Gauck am Rednerpult im Großen Saal von Schloss Bellevue (Archivbild)

Bundespräsident Joachim Gauck hat der Konferenz „Wien + 20“ des Forums Menschenrechte und des Deutschen Instituts für Menschenrechte zum 20. Jahrestag der Wiener Menschenrechtskonferenz folgendes Grußwort gesandt:

"Auch wenn ich in diesem Augenblick nicht persönlich bei Ihnen sein kann, weiß ich mich all jenen verbunden, die den heutigen Veranstaltungstitel als Bekenntnis begreifen: „Die Menschenrechte sind – und bleiben – unteilbar!“ So wie der Wert des Menschseins und die Würde des Menschen nicht nach Herkunft, Geschlecht, Religion, politischer Überzeugung, körperlicher und geistiger Verfassung oder irgendeinem anderen Merkmal geteilt werden dürfen, so dürfen wir auch die Menschenrechte nicht relativieren, gegeneinander abwägen oder gar ausspielen. Unteilbarkeit bedeutet, dass wir immer das Ganze sehen: die Freiheit für ein selbstbestimmtes Leben genauso wie das Trinkwasser zum Überleben. Die Wahrung der Menschenrechte fordert uns täglich, sie ist die größte und bedeutendste Aufgabe, die sich die Weltgemeinschaft jemals vorgenommen hat.

Als vor 20 Jahren die Delegierten der Wiener Menschenrechtskonferenz zusammenkamen, manifestierten sie ihre Wertvorstellungen, ihre Kritik und ihre Hoffnung – zunächst auf dem Papier. Inzwischen existiert dank Wiener Erklärung und Aktionsplan eine vielfältige institutionelle Welt, in der die Menschenrechte einen festen Platz erhalten haben. Das Forum Menschenrechte und das Deutsche Institut für Menschenrechte können heute an Wien 1993 erinnern, weil sie mit Wiener Rückenwind gegründet wurden, und weil es Frauen und Männer gab, deren Entschlossenheit nicht nur zwei Konferenztage, sondern zwei Jahrzehnte überdauerte.

Ich danke jeder und jedem einzelnen Engagierten – hier in Deutschland und weltweit – für eine Arbeit, die man ebenfalls als unteilbar bezeichnen könnte. Denn wer für die Menschenrechte kämpft, kämpft nicht 40 Stunden in der Woche, sondern immer dann, wenn Hilfe nötig ist. Wer für die Menschenrechte kämpft, misst seinen Erfolg nicht nur an Projektberichten, sondern in erster Linie an Menschen, deren Leben gerettet oder deren Würde gewahrt werden konnte. Und wer für die Menschenrechte kämpft, der weiß, dass der Einsatz für andere schnell das eigene Wohl gefährden kann. Auch das Risiko ist unteilbar, wenn Reporter ohne Grenzen für ihre Berichterstattung in Kriegsgebiete reisen, wenn europäische Gewerkschafter ihren Kollegen aus diktatorischen Staaten Unterstützung im Asyl anbieten oder wenn couragierte Bürgerinnen und Bürger auf der Straße gegen Rassismus und rechtsradikale Gewalt aufbegehren. „Helden unserer Zeit“, so hat die Hochkommissarin der Vereinten Nationen, Navi Pillay, kürzlich in Genf die Mitglieder der vielen seit 1993 entstandenen Menschenrechtsorganisationen genannt. Im Übrigen haben wir auch ihr öffentlichkeitswirksames Amt der Wiener Konferenz zu verdanken.

Den anerkennenden Worten schließe ich mich gern an und nenne dabei neben den Helden ausdrücklich die Heldinnen, deren Mut größer ist als die Furcht vor Repressalien, vielleicht sogar Festnahme, Folter und Tod.

Die Menschenrechte sind unteilbar, solange wir uns in unserer Grundüberzeugung nicht teilen, nicht spalten lassen. Eine engagierte Zivilgesellschaft kann viel bewegen, aber sie braucht auch 2013 starke Partner auf staatlicher Seite, die zuhören, hinsehen, handeln. Das gilt für die subtile Diskriminierung am Konferenztisch genauso wie für die Armutsbekämpfung weltweit. Solange Menschen in Elend und Unterdrückung, in Rechtlosigkeit und Unfreiheit leben, solange müssen wir uns gegenseitig unermüdlich an das Vermächtnis von Wien erinnern. Wir haben gute Gründe, in Dankbarkeit auf dieses Jubiläum und das seit 1993 Erreichte zu blicken. Aber genauso deutlich steht „Wien + 20“ für die Einsicht: Teilerfolge sind nicht genug. Denn die Menschenrechte sind – und bleiben – unteilbar!"