Empfang des belgischen Königspaares in Schloss Bellevue

Schwerpunktthema: Rede

Schloss Bellevue, , 17. Februar 2014

Der Bundespräsident hat am 17. Februar Ihre Majestäten König Philippe und Königin Mathilde der Belgier empfangen: "Am 4. August erinnern wir gemeinsam in Lüttich an den deutschen Einmarsch im neutralen Belgien vor 100 Jahren und damit an den Beginn des Ersten Weltkriegs, unter dem Ihr Land so gelitten hat. Als Vertreter Deutschlands bin ich dankbar und froh, dass es heute möglich ist, uns gemeinsam zu erinnern."

Bundespräsident Joachim Gauck empfängt Ihre Majestäten König Philippe und Königin Mathilde der Belgier in Schloss Bellevue

Es ist schön, Sie so bald nach Ihrer Thronbesteigung in Deutschland begrüßen zu dürfen! Ich freue mich, dass Sie in so hochrangiger Begleitung gekommen sind. Das ist ein Zeichen der Wertschätzung und des ausgezeichneten Verhältnisses zwischen unseren beiden Ländern.

Wie wertvoll solch gute Nachbarschaft ist, wird in diesem Jahr noch oft zur Sprache kommen: Am 4. August erinnern wir gemeinsam in Lüttich an den deutschen Einmarsch im neutralen Belgien vor 100 Jahren und damit an den Beginn des Ersten Weltkriegs, unter dem Ihr Land so gelitten hat. Als Vertreter Deutschlands bin ich dankbar und froh, dass es heute möglich ist, uns gemeinsam zu erinnern.

In den Schützengräben Flanderns und auf den vielen anderen Schlachtfeldern unseres Kontinents starben damals hunderttausende junge Männer unserer und anderer Nationen. Auch im Zweiten Weltkrieg brachten deutsche Truppen Gewalt und Zerstörung nach Belgien. Und doch hat Ihr Land nach 1945 als eines der ersten diplomatische Beziehungen zur Bundesrepublik Deutschland aufgenommen, allem Leid und allem Unrecht der nationalsozialistischen Besatzung zum Trotz. Das werden wir Ihnen nicht vergessen.

Heute befinden sich belgische und deutsche Soldaten gemeinsam mit Einheiten anderer europäischer Staaten etwa in Afghanistan oder Mali, um dort Sicherheit und damit Raum für Frieden zu schaffen. Das zeigt eindrücklich den Grad der Versöhnung und Verständigung und die Tiefe der Zusammenarbeit, die wir heute in Europa erreicht haben.

Die großen Jahrestage zeigen uns, wie viel überwunden und überstanden werden musste, um das Europa zu formen, in dem wir heute leben – es ist natürlich auch ein Europa der Diskussionen und Kontroversen, gewiss. Vor allem aber ist es ein Europa der gemeinschaftsstiftenden, der friedenssichernden und der freiheitsbewahrenden Institutionen. Diese Institutionen zu erhalten und weiterzuentwickeln – das ist unsere heutige Aufgabe. Die jungen Menschen unserer Länder begegnen sich heute vor allem dort, wo wir gemeinsam die heutigen Probleme zu lösen versuchen.

Damit meine ich nicht allein die europäischen Institutionen und die Gipfel in Ihrer nationalen und unserer aller europäischen Hauptstadt Brüssel. Ich meine auch die vielen anderen Orte und Institutionen, die unsere Länder verbinden. Sie alle zu nennen, würde bedeuten, unser gemeinsames Mittagessen auf den Abend zu verschieben. Darum nur Stichworte: Unternehmen und Universitäten, Tourismus und Austauschprogramme, Medien und Konferenzen.

Besonders freuen wir uns darum, dass Sie, Ihre Majestät, bei Ihrem Deutschlandbesuch die vierte Deutsch-Belgische Konferenz durch Ihre Anwesenheit beehren. Diese Konferenz ist aus der Zivilgesellschaft erwachsen und damit – aus meiner Sicht – aus dem Besten, was wir haben: aus dem Bewusstsein für unsere Verantwortung als Bürgerinnen und Bürger.

Ein wichtiger Moment der Verantwortung ist die Europawahl in wenigen Monaten. Mein Aufruf dazu wird sein: Ja, die Europäische Union ist kompliziert. Aber bei aller Kritik: Sie muss auch sehr Kompliziertes leisten. Sie verdient es, dass wir, die Bürgerinnen und Bürger, nicht denen Glauben schenken, die einfache Lösungen versprechen. Die Zukunft wird eher mehr denn weniger Komplexität und Gegensätzliches bergen, in der Europäischen Union wie auch in unseren Heimatländern. Und viel wird davon abhängen, wie gut wir diesen Unterschieden begegnen und "in Vielfalt geeint" handeln.

Sie, Ihre Majestät, haben dafür in Ihrem Land ein bedeutsames Zeichen gesetzt, indem Sie kürzlich Ihre Weihnachtsansprache vollständig auch auf Deutsch gehalten haben, der dritten Landessprache Belgiens. Ausdrücklich haben Sie dabei die Erfahrungen der deutschsprachigen Gemeinschaft mit dem System der dualen Ausbildung erwähnt. Da man unter Freunden am liebsten die guten Erfahrungen austauscht, geben wir sehr gern unsere Erfahrungen mit dieser Form der Berufsbildung weiter!

Erheben wir nun das Glas auf die Freundschaft zwischen Deutschland und Belgien und auf das persönliche Wohl Ihrer Majestäten!