Empfang des Bundespräsidenten in Sintra während seines Staatsbesuchs in Portugal

Schwerpunktthema: Rede

Sintra/Portugal, , 25. Juni 2014

Bundespräsident Joachim Gauck hat am 25. Juni beim Empfang während des Staatsbesuchs in der Portugiesischen Republik eine Ansprache gehalten: "Jeder, der zum Abbau der Jugendarbeitslosigkeit etwas beitragen kann, soll sich beteiligen – Partner aus Deutschland und auch aus anderen Ländern Europas."

Bundespräsident Joachim Gauck hält bei dem von ihm gegebenen Empfang im Palácio Nacional eine Ansprache

Ganz, ganz herzlichen Dank für diesen eindrucksvollen Abschluss meines Besuchs! Was für ein Schatz Ihr Sintra ist und wie wir uns freuen, hier zu sein! Jetzt kann ich einen Freund verstehen, der vor der Reise zu mir sagte: Du wirst den Palast sehen – und bleiben wollen. Der Mann hatte Recht.

Ja, worauf war ich vorbereitet? Ich war gedanklich darauf vorbereitet, viel über die Finanzkrise und ihre Folgen zu hören. Davon kam auch etwas. Aber mir ist dabei keine Resignation begegnet, stattdessen große Energie, mit der die Probleme angegangen werden, und vor allem: große Solidarität. Der enge Familienzusammenhalt in Portugal, die rege Nachbarschaftshilfe, der hohe Wert von Freundschaft – all das zusammen scheint mir mindestens so wirksam zu sein wie der vielzitierte europäische Rettungsschirm.

Dass Portugal diesen Schirm wieder verlassen konnte, war eine der erfreulichsten Nachrichten der vergangenen Wochen. Ich hoffe für Ihr Land, dass die Aufbruchsstimmung anhält und sich noch verstärkt – und dass diese Stimmung sich auch jenen vermittelt, die für den Reformkurs große Opfer bringen mussten, die von Existenzsorgen gequält werden und sich nichts mehr wünschen, als dass ihr Alltag wieder in geregelte Bahnen findet. Ich bin froh, mit meinen Begleitern aus der deutschen Wirtschaft Anzeichen für den Aufschwung gefunden zu haben. Und ich möchte Ihnen versichern: Deutsche Unternehmen wollen und werden Teil dieser positiven Entwicklung sein, so wie wir es heute gehört haben, mit neuen Millionen Investitionen des Volkswagen-Konzerns und der Schaffung neuer Arbeitsplätze als ein Beispiel.

Jeder, der zum Abbau der Jugendarbeitslosigkeit etwas beitragen kann, soll sich beteiligen – Partner aus Deutschland und auch aus anderen Ländern Europas. Deshalb war mir mein heutiger Besuch im Berufsausbildungszentrum ATEC so wichtig. Wir brauchen doch alle solche Beispiele des Gelingens. Wir brauchen Orientierung, um das Problem grundlegend und in der Fläche zu bewältigen. Es darf doch nicht sein, dass so viele Jugendliche ohne berufliche Perspektive bleiben.

Bitte sehen es Sie mir nach, wenn ich in so prachtvoller Umgebung ein so ernstes Thema anspreche. Aber das liegt mir doch wirklich am Herzen. Und hier im Saal sind gerade so viele Menschen versammelt, von denen ich weiß, dass sie ähnlich empfinden. Vielleicht sollte ich noch einmal kurz auf meinen Besuch bei ATEC zurückkommen. Wir haben auch mit jungen Leuten gesprochen, die in diesem Ausbildungsprogramm tätig sind. Wir haben durchweg in Gesichter geschaut, die Zuversicht und Optimismus ausstrahlen. Einer war sogar dabei, der war noch in der Ausbildung und hatte schon ein Unternehmen gegründet. Er hatte eine unternehmerische Idee, für die das Vorstandsmitglied des Volkswagenkonzerns sich sofort interessiert hat. Er hat den jungen Mann angesprochen und ihm beispielsweise geraten, gleich einen Patentschutz zu beantragen. Das sind natürlich tolle Begegnungen, die uns ermutigen – Zeichen der Zuversicht. Wir spüren alle, das Land braucht eine wirtschaftliche Erholung und wirtschaftlichen Erfolg und das wird in den nächsten Jahren Priorität haben. Das heißt aber nicht, dass alles andere auf Sparflamme kochen soll. Im Gegenteil: Wie bedeutend sind Kultur und Bildung für jeden Fortschritt. Wichtig ist der Austausch darüber, was sich eine Nation vornimmt und was sie sich zutraut. Meine Damen und Herren, Ihre Arbeit hat gerade in Zeiten wie diesen großes Gewicht.

Lassen Sie uns deshalb das Glas erheben: auf Portugal, auf die Kraft Portugals, auch schwierige Situationen zu meistern. Und auf die Freundschaft unserer beiden Länder, die uns auch in Zukunft beflügeln soll!