Eröffnung des Bürgerfestes 2014 mit geladenen ehrenamtlichen und engagierten Bürgern

Schwerpunktthema: Rede

Schloss Bellevue, , 5. September 2014

Bundespräsident Joachim Gauck hat am 5. September zur Eröffnung des Bürgerfestes eine Ansprache gehalten: "Danke für die unzähligen Stunden ehrenamtlicher Arbeit, die Sie unserem Land schenken! Danke für Ihre Entschlossenheit und Ihre Ausdauer, für Ihre Fantasie und Ihr Einfühlungsvermögen, für all Ihre Talente und Fähigkeiten, die Sie in Ihre freiwilligen Aufgaben einbringen."

Bundespräsident Joachim Gauck bei seiner Rede im Park von Schloss Bellevue

Sehr geehrte Damen und Herren,

und die wichtigste Anrede heute lautet: Liebe Bürgerinnen und Bürger! Denn unser Fest ist Ihnen gewidmet, Ihnen, die Sie Ihre Rolle als Bürger auf beeindruckende Weise mit Leben füllen. Herzlich willkommen hier im Park von Schloss Bellevue!

Daniela Schadt und ich haben Sie eingeladen, um Danke zu sagen.

Danke für die unzähligen Stunden ehrenamtlicher Arbeit, die Sie unserem Land schenken! Danke für Ihre Entschlossenheit und Ihre Ausdauer, für Ihre Fantasie und Ihr Einfühlungsvermögen, für all Ihre Talente und Fähigkeiten, die Sie in Ihre freiwilligen Aufgaben einbringen.

Danke vor allem dafür, dass Sie Ihr Bürgersein nicht nur als Katalog von Rechten und Ansprüchen verstehen, sondern auch als Aufforderung – manche würden sogar sagen: als Verpflichtung –, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen.

Und nicht zuletzt danke dafür, dass Ihre Familien Sie dabei unterstützen, dass Partner und Kinder nicht murren, wenn Zeit und Kraft in ein Ehrenamt fließen.

Sie, liebe Ehrengäste, engagieren sich auf je unterschiedliche Weise: als Mitglied im Gemeinderat oder im Sportverein, in der Kirche, beim Umweltschutz oder in einem Kulturzentrum, in der Jugendarbeit oder in der Denkmalpflege. Viele von Ihnen haben ihr Ehrenamt in der unmittelbaren Nachbarschaft oder im Umkreis des Wohnorts gefunden. Andere reisen dafür um die halbe Welt. An sie denke ich heute ganz besonders, beispielsweise an die deutschen Ärzte, die in den Ebola-Gebieten Großartiges leisten. Natürlich auch an die Bundeswehrsoldaten, die im Auslandseinsatz sind und so auch die Arbeit unserer zivilen Helfer absichern, etwa vom Deutschen Roten Kreuz oder vom Technischen Hilfswerk. Und ich denke an die Freiwilligen, die sich in den vergangenen Monaten als Beobachter in Krisengebieten in Gefahr gebracht haben. Ihnen allen möchte ich hier, bei einem Anlass, den wir Bürgerfest nennen, ganz besonders herzlich sagen: Danke sehr!

In den vergangenen Jahren ist mir bei unseren Veranstaltungen eine enorme Vielfalt von Engagement begegnet. Ich bin in der glücklichen Lage auch bei meinen Besuchen im In- und Ausland immer wieder Menschen mit besonderer Leidenschaft für ein Thema zu treffen. Das hat meinen Blick auf das Ehrenamt verändert. Früher ging es mir wie wahrscheinlich vielen in Deutschland: Bei Ehrenamt dachte ich an die Freiwillige Feuerwehr und an den Jugendklub, an den Sport und an die Kirchen. An Männer, die im Vereinsvorstand sitzen, und Frauen, die zupacken und die Arbeit schaffen.

Aber das ist nur ein Teil der Wirklichkeit. Engagement ist viel facettenreicher als es oft wahrgenommen wird! Es lohnt sich, auch die Nischenprojekte zu entdecken, zu fördern oder über das eigene Mittun nachzudenken. Modernes Engagement dauert manchmal nur zehn Minuten, aber die können sehr bedeutsam sein, etwa wenn bei einer Briefaktion von Amnesty International ein Menschenleben gerettet wird.

Engagement gelingt in jedem Alter. Schon Schüler setzen sich dafür ein, dass Kinder mit Behinderung gemeinsam mit ihnen Sport treiben, ein Handwerk lernen, musizieren oder Theater spielen können.

Zugleich gibt es Menschen, die mit weit über 80 Jahren noch ehrenamtlich aktiv sind – eine kaum wahrgenommene Gruppe, wie eine Studie jüngst belegt hat. Eine Teilnehmerin, die dieses positive Altersbild verkörpert und mit 89 – das darf ich verraten – ihre Erfahrungen in Seminaren mit Power-Point-Vorträgen weitergibt, kann ich heute Abend unter uns begrüßen. Liebe Frau Burck, es ist mir eine besondere Freude!

Auf unserem Festgelände werden Sie sehen: Es geht uns in diesem Jahr auch darum, Ehrenämter mit Seltenheitswert zu zeigen oder mit Leuchtturmprojekten zur Nachahmung anzuregen, beispielsweise mit den Mehrgenerationenhäusern, wie sie das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vorstellt. In Zeiten des demografischen Wandels werden solche Lösungen sicher an Attraktivität gewinnen. Oder Sie besuchen unseren Ort der Begegnung, an dem Eckart von Hirschhausen drei Diskussionsrunden moderiert. Eine wird sich dem digitalen Engagement – der Freiwilligenarbeit im Internet – widmen. Ich freue mich, dass uns das Kompetenzzentrum Öffentliche IT, gefördert vom Bundesminister des Innern, ein neues Strategiepapier zum Digitalen Engagement zur Verfügung stellt. Und dass ein Berliner Verein mit dem schönen Namen Sozialhelden darüber spricht, wie sich Menschen mit Behinderung auf einer Internetplattform über die Barrierefreiheit in deutschen Städten austauschen.

Sie merken: Wer möchte, kann heute Abend nicht nur feiern und das kulinarische und künstlerische Angebot genießen, sondern auch neue Projekte und Methoden des Ehrenamts kennenlernen. Natürlich freiwillig. Die Mischung aus Ernst und Unterhaltung bestimmen Sie selbst, liebe Gäste. Dafür, dass Sie zwischen vielen Varianten wählen können, danke ich unseren zahlreichen Partnern sehr herzlich. Damit meine ich Sie, verehrte Künstler auf der Bühne und kreative Vordenker schon im Vorfeld dieser Veranstaltung, und Sie, liebe Aussteller aus den Vereinen und Verbänden, Stiftungen und Initiativen, Bund, Ländern und Kommunen. Und ich meine natürlich die Unternehmen, die als Förderer maßgebliche Beiträge geleistet haben. Nicht zu vergessen die zahlreichen Helferinnen und Helfer hinter den Kulissen. Ohne Sie wäre diese Veranstaltung nicht denkbar gewesen. Daniela Schadt und ich wissen Ihren Einsatz sehr zu schätzen!

Mein Wunsch für uns alle, für mehr als 4.500 Menschen hier im Park: Lassen Sie uns das Beste aus diesem großen Treffen machen. In Frohsinn und Dankbarkeit für das Erreichte und gern auch in dem Bewusstsein: Engagement in Deutschland kann sogar noch mehr leisten als heute, wenn wir – die Bürgerinnen und Bürger – uns für neue Formen und Wege öffnen.

Nun der letzte und wichtigste Satz: Das Bürgerfest 2014 möge beginnen!