Begrüßung des spanischen Königspaares

Schwerpunktthema: Rede

Schloss Bellevue, , 1. Dezember 2014

Bundespräsident Joachim Gauck hat am 1. Dezember beim Mittagessen anlässlich des Antrittsbesuchs Ihrer Majestäten König Felipe VI und Königin Letizia von Spanien eine Rede gehalten: "Unsere Länder haben beide erlebt, wie die europäische Staatengemeinschaft uns unterstützt hat bei der Stabilisierung der Demokratie. Es sind diese historischen Erfahrungen, die Spanien wie Deutschland gelehrt haben, weltweit für Demokratie und Menschenrechte einzutreten."

Bundespräsident Joachim Gauck und Daniela Schadt begrüßen gemeinsam mit König Felipe VI und Königin Letizia von Spanien Schülerinnen und Schüler des Berliner Robert-Blum-Gymnasiums

Vor vier Monaten saßen wir in Lüttich nebeneinander und erinnerten gemeinsam mit den Repräsentanten vieler anderer Länder an den Beginn des Ersten Weltkriegs. Und nun habe ich die Freude, Sie, Majestät, nur wenige Monate nach Ihrer Amtseinführung in Schloss Bellevue zu begrüßen. Ein schönes Zeichen der guten Beziehungen zwischen Spanien und Deutschland!

Auch persönlich wissen wir Sie unserem Land seit langem verbunden. Als Sie von meinem Amtsvorgänger Richard von Weizsäcker erstmals offiziell in Deutschland empfangen wurden – damals noch als Kronprinz –, da war das vereinte Deutschland gerade einmal neun Monate alt. Nun haben wir vor wenigen Wochen den 25. Jahrestag der Friedlichen Revolution gefeiert. Wir werden nicht vergessen, wie schnell und vorbehaltlos Ihre Regierung damals, gleich nach dem Fall der Berliner Mauer, signalisiert hat: Ihr könnt auf uns zählen! Voller Vertrauen hat Spanien damals ja zur Deutschen Einheit gesagt. Das verbindet, wie so vieles mehr:

Unsere beiden Länder teilen das Wissen, dass Freiheit und Demokratie nicht vom Himmel fallen, sondern dass es Menschen sind, die sie erkämpfen. Dass es Anstrengung kostet, zu innerer Einheit und Versöhnung zu finden. Und Einsatz, das Errungene zu sichern. Unsere Länder haben beide erlebt, wie die europäische Staatengemeinschaft uns unterstützt hat bei der Stabilisierung der Demokratie. Es sind diese historischen Erfahrungen, die Spanien wie Deutschland gelehrt haben, weltweit für Demokratie und Menschenrechte einzutreten. Das Bekenntnis zu diesen Werten haben Sie, Majestät, in Ihrer Rede vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen jüngst eindrucksvoll bekräftigt.

Das gemeinsame Engagement für gemeinsame Werte und Ziele ist in der heutigen Zeit von großer Bedeutung: Um uns herum sehen wir viele Krisenherde. Die Gewalt in Syrien und im Irak, die Krise im Osten Europas und die tödliche Seuche, die in einigen Ländern Westafrikas wütet, bereiten vielen Menschen großes Leid. In wenigen Wochen übernimmt Spanien einen Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Wir freuen uns mit Ihnen und wissen zugleich, wie groß die Verantwortung ist.

Auf Deutschlands Unterstützung können Sie zählen. Denn nur mit vereinten Kräften können wir eine internationale Ordnung des Rechts, des Respekts, der friedlichen Entwicklung voranbringen. An solch einer Ordnung mitzuwirken ist eine Frage der Glaubwürdigkeit – und es ist unser ureigenes Interesse. Diese Krisen scheinen sich weit entfernt abzuspielen. Aber sie wirken sich sehr direkt auf uns aus. Seuchen wie Ebola machen nicht an Grenzen halt – Spanien hat das schmerzlich erfahren – ebenso wenig die Flüchtlinge, die vor Gewalt und Aussichtslosigkeit nach Europa fliehen.

Es sind keine leichten Zeiten, und ich hoffe, Sie verzeihen, dass meine Begrüßungsworte dies widerspiegeln. Eines will ich ganz klar sagen: Es ist ermutigend zu wissen, dass Spanien ein Staatsoberhaupt hat, das um den Wert der Vielfalt weiß. Einheit, nicht Uniformität – was Sie in Ihrer Antrittsrede auf Spanien bezogen, ist zugleich auch die Essenz europäischer Stärke. In Zeiten der globalen Vernetzung wird sie immer wichtiger.

Vielfalt prägt – mehr denn je – auch mein Land: Wer hier in Berlin und an anderen Orten in Deutschland durch die Straßen geht, hört viel Spanisch – und begegnet vielen jungen Spaniern, die hier Erfahrungen sammeln und zugleich das kulturelle, wirtschaftliche und akademische Leben in Deutschland mit Kreativität und Engagement bereichern. Sie werden unsere Länder noch enger miteinander verbinden. Einige von ihnen sind aus wirtschaftlichen Gründen nach Deutschland gekommen. Wir wissen: Ihr Land übernimmt große Anstrengungen, die Krise zu überwinden.

Die wirtschaftlichen Daten geben Hoffnung, dass Sie die Früchte dieser Anstrengungen bald ernten können. Trotz der Erfolge bleibt auch in Zukunft vieles zu tun – nicht zuletzt wegen der vielen Schicksale, gerade junger Menschen, die hinter den hohen Arbeitslosenzahlen stehen. Als Freund und Partner Spaniens steht Deutschland gerne mit Rat und Tat zur Seite, um der jungen Generation ihre verdiente Chance zu eröffnen.

Majestät, es gibt viel Gesprächsstoff! Leider nicht genug Zeit, alle Fragen zu besprechen. Darum eine Bitte zum Abschluss – bevor nun unser Essen kalt wird oder die Zeit für unsere Gespräche knapp: Kommen Sie noch oft nach Deutschland!

Erheben wir nun das Glas auf die gemeinsame Zukunft Spaniens und Deutschlands!