Zu den Folgen der Anschläge von Paris

Schwerpunktthema: Rede

Schloss Bellevue, , 9. Januar 2015

Bundespräsident Joachim Gauck hat sich am 9. Januar zu den Folgen des Anschlags auf die Redaktion des französischen Satiremagazins "Charlie Hebdo" in Paris geäußert: "Unsere Demokratie ist stärker als der Terror. Und: Wir lassen uns durch Hass nicht spalten. Als Gemeinschaft der Demokraten stehen wir zusammen. Für uns ist nicht entscheidend, wie jemand heißt oder wer seine Mutter ist, an welchen Gott er glaubt oder welche Feste er feiert."


Wie in jedem Jahr versammeln sich hier im Schloss Bellevue Menschen, die unser Land prägen, zum Neujahrsempfang.

Aber in diesem Jahr schauen wir Vertreter der offenen Gesellschaft nicht nur uns selber an, sondern wir blicken nach Frankreich.

Denn das abscheuliche Verbrechen, das in Paris geschah, das war ein Angriff auf die Freiheit – auf die Freiheit der Franzosen, auf die Freiheit der Europäer, auf die Freiheit der offenen Gesellschaft.

Wir sind erschüttert und fassungslos. Aber jene, die solche Taten verüben oder damit sympathisieren, auch jene, die daraus Kapital schlagen wollen – ihnen allen sagen wir:

Das Attentat erschüttert uns, aber es erschüttert nicht unsere Überzeugungen! Wir werden unsere Freiheit nicht einschränken, wir werden sie gebrauchen. Wir verteidigen gerade jetzt das freie Wort, die Demokratie, die ohne Pressefreiheit ihre Lebenskraft verliert.

Wir stehen ein für die Versammlungsfreiheit und für die Religionsfreiheit – für die Freiheit insgesamt. Ich bin sicher: Unsere Demokratie ist stärker als der Terror.

Und: Wir lassen uns durch Hass nicht spalten.

Als Gemeinschaft der Demokraten stehen wir zusammen. Für uns ist nicht entscheidend, wie jemand heißt oder wer seine Mutter ist, an welchen Gott er glaubt oder welche Feste er feiert.

Für uns zählt, was die Verschiedenen miteinander verbindet: das Bekenntnis zu Verfassung, Rechtsstaat und Menschlichkeit. Das ist das Fundament einer Gesellschaft, in der wir alle friedlich miteinander leben können.

Dafür setzen sich in diesen Tagen Hunderttausende ein, Anhänger der verschiedensten politischen Lager und Religionen, darunter Christen, Muslime und Juden. Die Botschaft ist ganz eindeutig:

Unsere Gemeinschaft ist groß.

Und sie ist stark.

Wir lassen sie durch Extremisten, gleich welcher Richtung, nicht klein und nicht schwach machen.

Wir sind weder ohnmächtig noch hilflos:

Wir haben entschlossene Bürger, und wir haben Institutionen und Gesetze, um Fanatismus und Gewalt zu begegnen.

Wir trauern um die Opfer von Paris. Wir fühlen mit den Familien. Wir sind solidarisch mit unseren Freunden in Frankreich.

Ich schließe mich all denen, den Millionen Menschen an, die auf der ganzen Welt bekennen:

Wir sind Charlie!