Staatsbankett in der Republik Korea

Schwerpunktthema: Rede

Seoul/Korea, , 12. Oktober 2015

Bundespräsident Joachim Gauck hat am 12. Oktober eine Ansprache beim Staatsbankett in der Republik Korea gehalten: "Es gilt, den Frieden in der Welt zu erhalten und zu fördern, aber er ist bedroht, durch Kriege unterschiedlicher Art und durch Terror. Gemeinsam wollen wir denen Schutz bieten, die vor Gewalt und Verfolgung fliehen müssen."

Bundespräsident Joachim Gauck hält eine Rede beim Staatsbankett gegeben von der Präsidentin der Republik Korea, Park Geun-hye, im Amtssitz 'Das Blaue Haus' in Seoul anlässlich des Staatsbesuchs

In diesem Jahr feiern wir bedeutsame Jahrestage. In Europa und Asien gedenken wir des Endes des Zweiten Weltkrieges und wir erinnern uns an den Ausbruch des furchtbaren Bruder- und Stellvertreterkrieges vor 65 Jahren, in dessen Folge Korea geteilt wurde. Ich habe gehört, wie Sie über Deutschland und die Wiedervereinigung sprechen, und es erfüllt mich mit großem Schmerz, dass die alte Kulturnation Korea immer noch zerrissen ist.

Frau Präsidentin,

während Ihres Besuches in Deutschland, an den ich mich gern erinnere, haben Sie die Zeit der koreanischen Teilung als siebzig lange Jahre bezeichnet. Unser Herzenswunsch ist es, dass Sie nicht noch einmal so lange warten müssen, sondern dass sich Ihr intensiver Wunsch nach Wiedervereinigung in absehbarer Zeit erfüllen möge. Mit Recht haben Sie gesagt, dass die Erfahrung der Teilung uns verbindet. Und deshalb war es ein besonderes Zeichen dieser Verbundenheit, dass Sie Ihre als Dresden Declaration bekannt gewordene Rede gerade in jener Stadt hielten, die heute in Deutschland als wichtiges Symbol der europäischen Versöhnung gilt. Sie haben uns Deutsche mit völligem Recht daran erinnert, dass uns ein großes Glück mit der Möglichkeit der Wiedervereinigung widerfahren ist. Deutschland wird Korea deshalb von ganzem Herzen und mit all seinen Erfahrungen auf dem Weg zu einer möglichen Wiedervereinigung und zur Aussöhnung mit den Nachbarn unterstützen.

Ich freue mich mit Ihnen, Frau Präsidentin, dass sich die Beziehungen zwischen unseren Ländern so hervorragend entwickelt haben. Dieser Staatsbesuch soll das erneut unterstreichen. Wir sind verbunden, auch durch gemeinsame Werte, durch unser Bekenntnis zu Demokratie und zu den Menschenrechten. Und wenn wir uns umschauen in der Welt, so spüren wir es, wir als stabile und lebendige Demokratien stehen vor großen und gemeinsamen Herausforderungen. Es gilt, den Frieden in der Welt zu erhalten und zu fördern, aber er ist bedroht, durch Kriege unterschiedlicher Art und durch Terror. Gemeinsam wollen wir denen Schutz bieten, die vor Gewalt und Verfolgung fliehen müssen. Während unseres Gesprächs heute haben wir uns auch erinnert, dass wir als hochindustrialisierte Länder besondere Verantwortung tragen für den Klimaschutz. Aber auch im Innern stehen unsere Gesellschaften vor neuen Fragen – zum Beispiel müssen wir uns gemeinsam fragen, wie wir dem demographischen Wandel begegnen.

Angesichts dieser und anderer großer Herausforderungen freue ich mich besonders über die zahlreichen bilateralen Kontakte, die zum beiderseitigen Vorteil ein immer engeres Netz unserer Beziehungen weben. Vor einem Jahr etwa war der deutsche Außenminister hier bei Ihnen zu Gast, und sein koreanischer Amtskollege nahm nicht nur an der diesjährigen Münchner Sicherheitskonferenz teil, sondern besuchte im Juni auch Berlin. Dann haben wir das Deutsch-Koreanische Forum und wir verfügen mit ihm seit 2002 über eine hervorragende Möglichkeit des Austausches. Ich erinnere mich noch gut an meine Teilnahme an der 12. Ausgabe des Forums, das war in Goslar – unweit der früheren deutsch-deutschen Grenze. Auch die dortigen Begegnungen haben mein Herz für Korea geöffnet.

Seit mehr als 150 Jahren werden die Beziehungen unserer Länder vom Handel getragen. In Deutschland haben wir höchsten Respekt vor der wirtschaftlichen Erfolgsgeschichte Koreas. Innerhalb weniger Jahrzehnte ist Korea nach einer schwierigen Nachkriegszeit von einem Agrarland zu einem asiatischen Tiger-Staat geworden, der beim Schiffsbau, bei der Produktion von Elektronik, bei Halbleitern und Autos weltweit eine führende Rolle spielt. Für die deutsche Wirtschaft ist Korea bereits seit vielen Jahren einer der attraktivsten und wichtigsten Märkte in Asien. Der bilaterale Handel hat sich in den vergangenen 25 Jahren sogar verfünffacht – was für eine Bilanz! Das von Deutschland besonders geförderte Freihandelsabkommen zwischen Korea und der Europäischen Union hat unserem wirtschaftlichen Austausch neue Impulse verliehen. Wir sollten uns immer wieder bewusst machen, dass offene Märkte, fairer Wettbewerb und Investitionssicherheit unerlässlich sind für eine weitere Vertiefung auch der koreanisch-deutschen Wirtschaftsbeziehungen. Wir sollten uns gemeinsam dafür einsetzen, Frau Präsidentin, dass es auf diesem Gebiet keine Rückschritte gibt und wir ein Vorreiter in Ostasien bleiben können.

Korea zeigt übrigens auch, welche Bedeutung gerade der kulturellen Ausstrahlungskraft einer Gesellschaft zukommt: Korean Wave hat in den vergangenen Jahren nicht nur Ostasien, sondern große Teile der Welt erfasst – auch Deutschland. Und in Korea selbst erfreuen sich klassische Musik und Literatur aus Deutschland nach wie vor großer Beliebtheit.

Zu dem kulturellen Erbe zählt die herausragende Bedeutung von Bildung. Ich will hier erwähnen, wie häufig ich mich über diese aktiven und begeisterten Studenten an unseren Musikhochschulen freue, die aus Ihrem Land bei uns in Deutschland sind. Lassen Sie mich nun noch zu einer wichtigen Brücke zwischen unseren Ländern kommen, denn besonders für unsere Länder sind Bildung und Wissenschaft entscheidend. Wir sehen darin eine Voraussetzung für die Zukunftsfähigkeit unserer Länder. Und deshalb ist uns die koreanisch-deutsche Kooperation gerade in diesen Bereichen auch so wichtig. Etwa 350 Hochschulpartnerschaften und mehr als sechzig deutsche Lektoren an koreanischen Universitäten prägen die wissenschaftlichen Kontakte. Ich begrüße es sehr, dass deutsche Universitäten ihre Präsenz in Korea ausbauen. Aus akademischem Austausch entstehen wertvolle Verbindungen, die häufig ein Leben lang erhalten bleiben. Das gilt auch für die Koreanerinnen und Koreaner, die sich nach einem Studium in Deutschland im Alumni-Netzwerk Deutschland-Korea zusammengefunden haben.

Und ich freue mich, dass mich wichtige, führende Repräsentanten auf dieser Reise, auf diesem Staatsbesuch, begleiten. Miteinander wollen wir dafür sorgen, dass sich die Ebene des Dialogs, dass sich die Netzwerke weiter ausbreiten und ausbilden können. Darin sehen wir ein wesentliches Element, wo wir intensiv zusammenarbeiten. Es sind eben nicht nur unsere Erinnerungen an den Vereinigungsprozess, es sind auch unsere Bemühungen um eine Sicherung des Sozialstaats, um die Weiterentwicklung dieser genannten Elemente von Bildung, Forschung und Hochtechnologie, die unsere Länder zueinander streben lassen.

Ich bitte Sie nun, meine Damen und Herren, mit mir das Glas zu erheben auf das Wohl von Präsidentin Park, auf die hervorragenden Beziehungen zwischen unseren Ländern und auf eine glückliche Zukunft dieser gewachsenen, tiefen Freundschaft zwischen Korea und Deutschland!