Staatsbankett zu Ehren des Präsidenten der Sozialistischen Republik Vietnam

Schwerpunktthema: Rede

Schloss Bellevue, , 25. November 2015

Bundespräsident Joachim Gauck hat am 25. November bei einem Staatsbankett zu Ehren des Präsidenten der Sozialistischen Republik Vietnam, Truong Tan Sang, eine Ansprache gehalten: "Vor 40 Jahren nahmen Vietnam und die Bundesrepublik Deutschland diplomatische Beziehungen auf. Die zahlreichen Jubiläumsveranstaltungen sind ein beeindruckendes Zeugnis dafür, wie intensiv der Kontakt zwischen unseren Staaten ist."

Der Präsident der Sozialistischen Republik Vietnam, Truong Tan Sang, hält eine Rede im Großen Saal in Schloss Bellevue anlässlich des Staatsbanketts zu seinen Ehren in Schloss Bellevue

Ihnen allen ein ganz herzliches willkommen hier in Schloss Bellevue!

Es ist das erste Mal, dass das Staatsoberhaupt Vietnams offiziell bei uns in der Bundesrepublik Deutschland zu Gast ist. Ich freue mich über dieses historische Ereignis und über unsere heutige Begegnung.

Ihr Besuch, Herr Präsident, ist auch deshalb ein besonderer Besuch, weil er den Höhepunkt eines Jubiläumsjahres markiert. Vor 40 Jahren nahmen Vietnam und die Bundesrepublik Deutschland diplomatische Beziehungen auf. Die zahlreichen Jubiläumsveranstaltungen sind ein beeindruckendes Zeugnis dafür, wie intensiv der Kontakt zwischen unseren Staaten ist.

Uns verbindet das starke Band gemeinsamer Interessen: an Stabilität und an Sicherheit, an Wirtschaftswachstum und Zusammenarbeit in unserer globalisierten Welt. Immer öfter erfordert die Wahrnehmung dieser Interessen ein breit abgestimmtes Vorgehen. Zusätzlichen Gestaltungsspielraum gewinnen wir, wenn wir gemeinsam darauf hinwirken, auch die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und ASEAN zu stärken.

Die Globalisierung verlangt von uns, Verkrustungen aufzubrechen. Ihr Land hat auf diese Herausforderung mit einem ehrgeizigen Reformprogramm reagiert. Marktwirtschaftliche Öffnung, Anreize für Auslandsinvestitionen sowie Reformen in Bildung und Wissenschaft – all das sind wichtige Schritte auf dem Weg zu einer modernen Wirtschaftsnation. Mein besonderer Respekt aber gilt dem vietnamesischen Volk. Mit großem Fleiß, mit Kraft und Kreativität hat es sich wirtschaftlichen Aufstieg erarbeitet.

Deutschland begleitet und fördert das Streben nach weiterer Modernisierung Ihres Landes auf vielfältige Weise. Die strategische Partnerschaft, die wir im Jahre 2011 vereinbart haben, bietet große Chancen, dass wir uns einander weiter nähern. Und diese Chancen wollen wir nutzen. Dafür bedarf es weiterhin großer Anstrengungen beider Seiten.

Ich begrüße die Entschlossenheit Ihres Landes, den Freihandel zu fördern. Dazu zählt die geplante Vereinbarung eines wegweisenden Freihandelsabkommens mit der Europäischen Union. Wegweisend deshalb, weil es nicht nur den Marktzugang entscheidend verbessern würde, sondern zugleich die Rechte von Arbeitnehmern und den Schutz der Umwelt. Als größter EU-Handelspartner Vietnams haben wir ein besonderes Interesse daran, mit diesem Abkommen die wirtschaftlichen Beziehungen zum Nutzen aller weiter zu stärken. Deutsche Unternehmen entdecken zunehmend die Chancen des vietnamesischen Marktes. Projekte wie der Bau des Deutschen Hauses in Ho-Chi-Minh-Stadt und Pläne für die Eröffnung einer deutsch-vietnamesischen Außenhandelskammer bezeugen, wie groß das Interesse der deutschen Wirtschaft an Ihrem Land ist.

Wirtschaftliche Beziehungen benötigen jedoch einen verlässlichen Rahmen. In unserer Gemeinsamen Erklärung von Hanoi haben Deutschland und Vietnam dem Dialog über Rechtsstaatlichkeit einschließlich der Durchsetzung der Menschenrechte insgesamt eine hervorragende Bedeutung beigemessen. Hier sehe ich noch großes Potential, Fortschritte in der Praxis zu erzielen und Gestaltungskräfte der vietnamesischen Gesellschaft für den Transformationsprozess zu mobilisieren.

Denn eines sollten wir nicht vergessen: Die Bürger, sie sind unsere wichtigsten Brückenbauer für den gemeinsamen Weg in die Zukunft. Dabei kommt es vor allem auf die jungen Leute an. Ich denke da zum Beispiel an die Studierenden der Vietnamesisch-Deutschen Universität in Ho-Chi-Minh-Stadt oder an die vielen jungen Vietnamesen, die in Deutschland studieren. Viele setzen dabei eine Familientradition fort. Insgesamt leben hierzulande mehr als 120.000 Vietnamesen, das ist eine beeindruckende Zahl. Aber noch beeindruckender ist es, wie Ihre Landsleute mit Fleiß und Einsatzbereitschaft unser Land bereichern. Ich denke dabei nicht nur an die traditionsreiche und vielfältige vietnamesische Kultur, von der ich mir wünschte, sie wäre noch stärker sichtbar im deutschen Alltag. Ich denke zugleich an die vielen fleißigen Kaufleute und Unternehmer vietnamesischer Herkunft und an den vietnamesischen Lern- und Bildungswillen, der eine so wichtige Brücke für die Zukunft bildet. Und ich denke auch an das selbstverständliche, harmonische Miteinander, das das Zusammenleben von Vietnamesen und Deutschen insgesamt auszeichnet, auch dieses ist ein wichtiges, manchmal auch unterschätztes Element unserer Partnerschaft.

In diesen unruhigen Zeiten wollen wir alles tun, um die guten Beziehungen zwischen unseren Staaten weiter zu stabilisieren und auszubauen. Und in diesem Sinne erhebe ich mein Glas auf die Gesundheit von Präsident Sang und seiner Gattin und auf die Freundschaft zwischen Vietnam und Deutschland.