Empfang für Stipendiaten der Initiative "Afrika kommt!"

Schwerpunktthema: Rede

Schloss Bellevue, , 18. Februar 2016

Der Bundespräsident hat am 12. Februar beim Empfang der Stipendiaten der Initiative "Afrika kommt!" eine Ansprache gehalten: "In diesen unruhigen Zeiten, in denen Terror und Krieg, Flucht und Vertreibung die Schlagzeilen beherrschen, droht sich in Deutschland und Europa ein eindimensionales Bild von unserem Nachbarn Afrika zu verfestigen. Es ist ein Bild, das die vielen hellen Facetten, die Mut und Hoffnung machen, ausblendet."

Bundespräsident Joachim Gauck hält eine Rede  im Langhanssaal anlässlich des Empfangs für Stipendiaten von 'Afrika kommt!' in Schloss Bellevue

Änderungen vorbehalten. Es gilt das gesprochene Wort.

Heute Vormittag richten wir unseren Blick auf Gesichter des aufstrebenden Afrika. Ich freue mich, junge Fach- und Führungskräfte aus sieben Ländern der Subsahara-Region hier in Berlin zu begrüßen: Frauen und Männer, die in ihrer Heimat unternehmerische Verantwortung übernehmen und die Zukunft ihrer Volkswirtschaften mitgestalten wollen. Es ist schön, dass Sie zu uns nach Deutschland gekommen sind. Herzlich willkommen im Schloss Bellevue!

Als Stipendiatinnen und Stipendiaten des Programms Afrika kommt! sind Sie nun seit fast einem Jahr zu Gast in unserem Land. Sie haben Einblicke ins deutsche Wirtschaftsleben gewonnen, in Partnerunternehmen mitgearbeitet und sich im internationalen Management weitergebildet. Sie konnten wertvolle Kontakte knüpfen und Freundschaften schließen, sind in unsere Kultur eingetaucht und haben die deutsche Sprache gelernt. Nicht zuletzt waren und sind Sie eine Bereicherung für die Partnerunternehmen: Die deutschen Kollegen haben von Ihnen viel über afrikanische Arbeitsweisen und afrikanische Märkte gelernt. Auf den Punkt gebracht: Sie, liebe Stipendiaten, lernen von Deutschland – und Deutschland lernt von Ihnen.

In wenigen Tagen werden Sie in Ihre Heimatländer zurückkehren. Viele werden dort weiter für das deutsche Partnerunternehmen arbeiten, andere werden in die alte Firma zurückkehren oder sich selbständig machen, um eigene Geschäftsideen zu entwickeln. Ihre Perspektiven sind in jedem Fall glänzend: Fast alle Absolventen Ihres Programms sind gefragte Experten der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Afrika. Als Mittler zwischen den Kulturen öffnen sie deutschen und afrikanischen Unternehmen Türen. Und sie sind Vorbilder für ihre jungen Landsleute: Ihre Erfolgsgeschichten ermutigen andere, ebenfalls anzupacken und zu tun, wovon sie träumen.

Afrika kommt! ist ein faszinierendes Projekt. Ein Projekt, das zum Austausch von Wissen beiträgt und Netzwerke wachsen lässt, das Brücken zwischen der deutschen Wirtschaft und der Wirtschaft afrikanischer Länder baut und die kulturelle Verständigung fördert. Ein Projekt, das sich für beide Seiten lohnt: für die Stipendiaten, die oft einen Karrieresprung machen, wenn sie in ihre Heimat zurückkehren, und für die deutschen Unternehmen, die dank ihrer Partner vor Ort besser Fuß fassen können auf afrikanischen Märkten, die für sie immer wichtiger werden. Nicht zuletzt ist das Projekt ein Motor der Entwicklung, denn die Heimatländer profitieren von gut ausgebildeten Nachwuchskräften, von neuen Ideen und gezielten Investitionen.

Die Geschichte vieler Länder zeigt: Entwicklung ist nur auf der Basis eines stabilen Wirtschaftswachstums möglich. Deshalb ist es sinnvoll, wenn staatliche Strategien der Entwicklungszusammenarbeit durch privatwirtschaftliche Initiativen ergänzt werden. Ich danke den deutschen Unternehmen, die Afrika kommt! finanzieren und Stipendiaten aufnehmen! Sie alle sehen die Potenziale der Subsahara-Region. Sie leisten auch einen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung. Und Sie haben erkannt, wie wichtig die Nachwuchsförderung in Afrika ist, auch in Ländern, in denen deutsche Firmen bislang noch gar nicht vertreten sind.

Wir brauchen mehr Initiativen wie Afrika kommt!. Wir brauchen mehr Handschläge zwischen Unternehmern aus Europa und Afrika. Und wir müssen noch mehr Menschen in Deutschland und Europa von den Stärken unseres Nachbarkontinents überzeugen.

In diesen unruhigen Zeiten, in denen Terror und Krieg, Flucht und Vertreibung die Schlagzeilen beherrschen, droht sich in Deutschland und Europa ein eindimensionales Bild von unserem Nachbarn Afrika zu verfestigen. Es ist ein Bild, das die vielen hellen Facetten, die Mut und Hoffnung machen, ausblendet. Bei meinem Besuch in Nigeria vor wenigen Tagen habe ich einige dieser Facetten gesehen: Wirtschaftskraft und kulturelle Vielfalt, gesellschaftlichen Aufbruch und demokratische Erneuerung.

Afrika kommt! wirft ein Schlaglicht auf diese positiven Seiten. Sie alle, liebe Stipendiatinnen und Stipendiaten, stehen für die vielen selbstbewussten, weltoffenen Afrikaner, die ihre Zukunft in die eigenen Hände nehmen und über Grenzen hinweg kooperieren. Sie zeigen uns ein Bild von Ihrem Kontinent, das nur selten von den Medien vermittelt wird. Ich bin mir sicher: Ihr Aufenthalt in unserem Land hat auch dazu beigetragen, in Deutschland Stereotype zu überwinden.

Ich wünsche Ihrer Initiative für die Zukunft viel Erfolg. Afrika kommt! ist ein beeindruckendes Beispiel dafür, wie zwischen Europa und Afrika Partnerschaft gelebt wird. Partnerschaftliche Zusammenarbeit, das heißt vor allem: Hinsehen, zuhören, verstehen lernen. Ich freue mich auf die Begegnung mit Ihnen!