Staatsbankett in der Republik Bulgarien

Schwerpunktthema: Rede

Sofia/Bulgarien, , 22. Juni 2016

Bundespräsident Joachim Gauck hat am 22. Juni bei einem Staatsbankett anlässlich des Staatsbesuchs in der Republik Bulgarien eine Ansprache gehalten: "Ausdrücklich begrüße ich den Einsatz Bulgariens für die regionale Stabilität und die europäische Perspektive der Balkanstaaten, deren Bedeutung uns gerade im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise wieder so deutlich vor Augen geführt wurde."

Bundespräsident Joachim Gauck hält eine Ansprache beim Staatsbankett im Wappensaal des Präsidialamtes in Sofia anlässlich der Reise nach Bulgarien

Herr Präsident,

vielen Dank für die persönlichen Worte. Das war ein gelungener Ausdruck unserer bilateralen Beziehungen. Gerne erinnere ich mich an unsere früheren Begegnungen: an Ihren Antrittsbesuch in Deutschland 2012, an unsere vertrauensvollen Gespräche in Berlin 2014 und bei den Arraiolos-Treffen.

Für die Vielfalt der bulgarisch-deutschen Beziehungen gibt es viele Belege – etwa den regen Austausch in Wissenschaft und Bildung: Mehr als 150 bulgarische und deutsche Hochschulen leisten dazu durch Partnerschaften ihren Beitrag. Rund 7.000 bulgarische Studierende sind an deutschen Hochschulen eingeschrieben. Besonders freue ich mich aber über das traditionell große – und weiter wachsende – Interesse vieler Bulgaren an der deutschen Sprache. Und über das Interesse hunderttausender meiner Landsleute, die Ihr Land jedes Jahr als Reiseziel besuchen und schätzen.

Eine tragende Säule unserer Beziehungen sind auch die engen wirtschaftlichen Verflechtungen: Deutschland ist wichtigster Handelspartner Bulgariens, und rund 5.000 deutsche Unternehmen unterhalten Geschäftsbeziehungen nach Bulgarien. Diese Firmen unterstützen den Wirtschaftsstandort Bulgarien, unter anderem mit ihrem Beitrag zur beruflichen Ausbildung. Vor allem aber legen sie das Fundament, das jungen Menschen in ihrer bulgarischen Heimat eine solide Zukunftsperspektive geben kann.

Lieber Herr Präsident,

mehrere Jahre waren Sie als Bauunternehmer in Deutschland tätig, und noch immer pflegen Sie enge persönliche Beziehungen zu Deutschland. Mit dem Berliner Bundeskanzleramt und dem Reichstagsgebäude – davon haben Sie einmal berichtet – haben Sie beim Bau zentraler Orte der deutschen Demokratie mitgewirkt. Da kann man ohne zu übertreiben sagen: Wohl nur wenige Staatschefs in Europa – ja weltweit – kennen mein Land so gut wie Sie.

Vor allem aber haben Sie Ihrem Land in den vergangenen Jahren einen großen Dienst erwiesen – als weitsichtiger, kluger Vermittler. Ihr nachdrückliches Engagement für die Fortsetzung des Reformprozesses in Bulgarien, Ihr klares Bekenntnis zur Rechtsstaatlichkeit und Ihr Eintreten für ein modernes Bulgarien in Europa genießen unseren Respekt. In Deutschland verfolgen wir diesen Prozess mit Sympathie und bieten unsere Unterstützung an.

Verdient um Ihr Land gemacht haben Sie sich auch, Herr Präsident, indem Sie immer wieder eine konsequente und ehrliche Auseinandersetzung mit der kommunistischen Vergangenheit eingefordert haben.

Heute bilden die Mitgliedschaften in der Europäischen Union und der NATO das Fundament unserer Beziehungen. Wir arbeiten eng zusammen, jüngst auch in der Flüchtlingsfrage: Bulgarien leistet einen Beitrag zur Sicherung der Außengrenzen – keine einfache, aber eine wichtige Aufgabe. Wir bemühen uns gemeinsam um eine europäische Lösung des Flüchtlingsproblems. Denn wie wir Menschen auf der Flucht begegnen, das ist ein Prüfstein für unsere freiheitlichen Gesellschaften.

Ausdrücklich begrüße ich den Einsatz Bulgariens für die regionale Stabilität und die europäische Perspektive der Balkanstaaten, deren Bedeutung uns gerade im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise wieder so deutlich vor Augen geführt wurde.

Wir wissen: Europa steht vor großen Herausforderungen. Morgen wird Großbritannien über den Verbleib des Landes in der Union abstimmen. Natürlich liegt diese Entscheidung ganz bei den Menschen dort in Großbritannien. Doch Bulgarien und Deutschland, wir sind uns einig, dass wir uns ein starkes Großbritannien in einer starken Europäischen Union wünschen.

Im September werde ich beim nächsten Arraiolos-Treffen erneut in Bulgarien zu Gast sein. Darauf freue ich mich schon jetzt, genauso wie auf die kommenden beiden Tage in Ihrem Land.

So bitte ich Sie nun, meine Damen und Herren, mit mir Ihr Glas zu erheben – auf das Wohl des Herrn Präsidenten Plevneliev, auf das bulgarische Volk, auf die Freundschaft zwischen Bulgarien und Deutschland und auf unsere Zukunft in einem geeinten Europa!