Mittagessen mit dem Präsidenten der Slowakischen Republik

Schwerpunktthema: Rede

Schloss Bellevue, , 12. Dezember 2016

Bundespräsident Joachim Gauck hat am 12. Dezember bei einem Mittagessen mit dem Präsidenten der Slowakischen Republik eine Ansprache gehalten: "Allen Rückschlägen und Untiefen des europäischen Einigungsprozesses zum Trotz sollten wir uns daran erinnern, dass Freiheit die Voraussetzung dieser Einigung war und zugleich auch dauerhaft ihre Folge ist. Wir sehen dann klarer, welcher Weg hinter uns und welcher vor uns liegt."

Bundespräsident Joachim Gauck hält eine Tischrede zu Beginn des gemeinsamen Mittagessens mit dem Präsidenten der Slowakischen Republik, Andrej Kiska, im Schinkelsaal in Schloss Bellevue

Ich freue mich, Sie heute hier erneut begrüßen zu können. Ich erinnere mich gern an unsere persönlichen Begegnungen, an Ihren Besuch in Berlin vor zwei Jahren und besonders an die so eindrücklichen Veranstaltungen, die uns zum 25-jährigen Jubiläum der Friedlichen Revolutionen – unter anderem in Leipzig und Bratislava – mit unseren Kollegen zusammenführten.

Die Geschichte unserer beiden Länder verbindet uns. Sie verbindet uns auch persönlich, und das trotz unseres Altersunterschieds.

Brüderchen, schließ das Tor – so heißt eine Ballade, die der tschechische Liedermacher und Poet Karel Kryl 1968 schrieb, als sowjetische Panzer durch Bratislava und Prag rollten. Es heißt darin: Diese Nacht wird so schnell nicht vergehen.

Nun, noch einmal 21 Jahre hat sie gedauert. Als die Nacht 1989 mit dem Beginn der Samtenen Revolution schließlich zu Ende ging, waren Sie, Herr Präsident, in dem Alter, in dem ich den Prager Frühling erlebt hatte. Wir bilden also eine Art doppelte Zeitzeugenschaft für den Freiheitswillen der Slowaken, der Tschechen und der Deutschen.

Ich bin dankbar dafür, dass unsere Länder heute eng verbunden sind. Der Blick zurück zeigt uns, was in den vergangenen 27 Jahren erreicht wurde. Die Slowakei ist ein wichtiger Partner geworden, ein freies, selbstbestimmtes Mitglied der Europäischen Union, der Eurozone und des Schengen-Raums und schließlich der NATO. Das ist eine außerordentliche Erfolgsgeschichte, auch unter den anderen erfolgreichen Transformationsgeschichten.

Für ein wirtschaftlich starkes, modernes und global engagiertes Europa stand und steht die Slowakei auch während ihrer EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2016. Die Bratislava-Agenda für Sicherheit, Wachstum und Migration, die während des Gipfels im September beschlossen wurde und bis März kommenden Jahres – zum 60. Jahrestag der Unterzeichnung der Römischen Verträge – umgesetzt werden soll, zeugt von diesem Engagement.

Allen Rückschlägen und Untiefen des europäischen Einigungsprozesses zum Trotz sollten wir uns daran erinnern, dass Freiheit die Voraussetzung dieser Einigung war und zugleich auch dauerhaft ihre Folge ist. Wir sehen dann klarer, welcher Weg hinter uns und welcher vor uns liegt.

Dass die Slowakische Republik heute eine selbstbewusste Bürgergesellschaft, eine stabile Demokratie und ein erfolgreicher Wirtschaftsstandort ist, hat sie auch Persönlichkeiten wie Ihnen, Herr Präsident, zu verdanken, die ihre eigene unternehmerische Erfolgsgeschichte mit sozialem und schließlich mit politischem Engagement verbunden haben. Vor allem aber ist es ein Verdienst der slowakischen Bevölkerung, die diesen Wandel auch mit der Bereitschaft zu persönlichen Opfern erreicht hat.

Herr Präsident, die Slowakei kann stolz sein auf das Erreichte. Und wir können uns gemeinsam daran freuen. Seien Sie noch einmal herzlich willkommen in Berlin. Ich freue mich darauf, dass wir heute Abend im Berliner Dom gemeinsam einen kulturellen Glanzpunkt mit Künstlern aus Ihrem Land erleben dürfen.

Ich erhebe mein Glas auf einen erfolgreichen, glücklichen Weg der Slowakischen Republik und auf die Freundschaft unserer Länder.