"Wissenschaft im 21. Jahrhundert - Herausforderungen für liberale Demokratien in einer globalisierten Welt"

Schwerpunktthema: Rede

Haiderabad, , 5. März 2003

I.

Die Universität von Haiderabad ist noch nicht besonders alt. Ich habe mir aber sagen lassen, dass sie als Institut für Postgraduierte in Lehre und Forschung zu den führenden Universitäten Indiens gehöre.

Warum spricht der deutsche Bundespräsident hier? Warum nimmt er sich die Zeit, eine Universität zu besuchen - bei einem Staatsbesuch, der im Verhältnis zur Größe Indiens nicht besonders lange dauert?

Die Antwort ist ganz einfach: Ich bin überzeugt davon, dass es die Wissenschaften sind, die für die Zukunft unseres Planeten entscheidend sein werden. In den Wissenschaften werden die wichtigen Weichen gestellt für unsere Fahrt in die nähere und in die weitere Zukunft. Darum tragen Wissenschaftler heute eine so große Verantwortung, oft weit über ihr Fachgebiet hinaus.

Dazu kommt: Die Wissenschaft ist heute weniger denn je allein eine regionale oder nationale Sache. Kaum irgendwo ist der internationale Austausch so rege und so selbstverständlich wie in den Wissenschaften. Das ist in den einzelnen Disziplinen gewiss unterschiedlich - aber im Großen und Ganzen kann man sicher sagen, dass die scientific community eine global communitiy ist.

Das bedeutet beides: Zusammenarbeit und Wettbewerb. Zusammenarbeit ist notwendig und wird immer notwendiger, aber dass die Universitäten um die besten Erkenntnisse, die besten Forscher und Lehrer und auch um die besten Studenten miteinander im Wettbewerb sind, das kann, wenn der Wettbewerb fair ausgetragen wird, die Sache der Wissenschaft nur fördern.

II.

Ich freue mich darüber, dass seit dem Regierungsabkommen von 1974 eine ganze Reihe deutscher und indischer Forschungseinrichtungen eng zusammenarbeiten. Die Agenda für die deutsch-indische Partnerschaft im 21. Jahrhundert aus dem Jahr 2000 hat die Bedeutung dieser Zusammenarbeit noch einmal unterstrichen.

Unsere beiden Länder haben sich im Wissenschafts- und im Wirtschaftsaustausch viel zu geben. Deutschland ist eines der wohlhabendsten Länder der Welt und in vielen Bereichen technologisch an der Weltspitze. Das ist so im Automobilbau, im Maschinenbau, in der Umwelt- und Energietechnik und im schienengebundenen Verkehr, um nur einige Bereiche zu nennen. Auch viele Bereiche der Biotechnologie, der chemischen Produktion und der Verfahrenstechnik gehören dazu.

Ich weiß, dass auf der Prioritätenliste vieler indischer Studierender die USA ganz oben stehen. Ich verstehe das, aber ich sage Ihnen: Ein Blick nach Deutschland lohnt sich ganz gewiss auch. Als führende Wirtschaftsnation in Europa und als weltoffenes Land würden wir uns darüber freuen, wenn der Austausch von Studenten und Wissenschaftlern zwischen beiden Ländern noch stärker würde.

Ich will Sie nicht mit Zahlen langweilen. Ich finde es aber schon eindrucksvoll, dass die Alexander von Humboldt Stiftung im vergangenen Jahr 140 Forscher aus Indien mit einem Stipendium zu einem Forschungsaufenthalt in Deutschland eingeladen hat; Indien steht damit weltweit auf Platz zwei bei den Humboldt-Stipendiaten. Das ist ein Zeichen für die Bedeutung und die Stärke der indischen Wissenschaft, denn die Humboldt Stiftung nimmt nur die besten Forscher ihres Fachs in ihr Programm auf. Wir freuen uns, wenn wir Jahr für Jahr weitere hochqualifizierte indische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Kreis der "Humboldt-Familie" begrüßen dürfen.

Ich freue mich auch darüber, dass die Arbeit und die verschiedenen Programme des DAAD immer mehr indische Studenten zu einem Studienaufenthalt in Deutschland bewegen. In den vergangenen zwanzig Jahren hat sich ihre Zahl verdreifacht. Ich werde mich gleich im Anschluss mit Altstipendiaten des DAAD und der Humboldt-Stiftung treffen. Ich bin gespannt, von welchen Erfahrungen in Deutschland sie mir berichten werden.

Besonders gut finde ich, dass es mehr als 40 deutsch-indische Hochschulkooperationen gibt, an denen auf deutscher Seite 29 und auf indischer Seite 27 Hochschulen und Institute beteiligt sind. Die Zahlen zeigen, dass einige Institute gleich mehrfach kooperieren. Diese Partnerschaften öffnen auch den Weg für den weiteren Austausch von Studierenden und Wissenschaftlern. Jährlich entstehen 80 deutsch-indische wissenschaftliche Veröffentlichungen, mittlerweile gibt es schon rund 1.500 gemeinsame Publikationen.

Über die Schwerpunkte der weiteren Zusammenarbeit haben sich die Mitglieder des Deutsch-Indischen Ausschusses für Wissenschaft und Zusammenarbeit im Jahre 2001 geeinigt. Sie haben sich auf Themen verständigt, die im 21. Jahrhundert ohne Zweifel größte Bedeutung haben werden. Das sind:

  • Gesundheitsforschung,
  • Raum- und Luftfahrtforschung,
  • Informationstechnologie,
  • Biotechnologie,
  • Umweltforschung und
  • Materialwissenschaften, hier vor allem die Nanotechnologie.

III.

Jetzt aber genug der Zahlen und Statistiken. Ich möchte einige Gedanken mit Ihnen teilen, die die Wissenschaften und die Arbeit der Wissenschaftler betreffen. Ich spreche Sie dabei nicht zuerst als Wissenschaftler an, die sich hingebungsvoll ihrer jeweils besonderen Arbeit widmen, sondern ich spreche Sie an als die politischen und sozialen Menschen, als die Bürger, die Sie ja auch sind.

Eines steht fest: Ohne wissenschaftliche Arbeit, ohne Fortschritt in der Technik, in der Forschung und in der Theoriebildung können wir die großen Probleme nicht bewältigen, vor denen die Gesellschaften in allen Ländern der Erde stehen. Gerade die Felder der deutsch-indischen Zusammenarbeit, die ich gerade genannt habe, sind wichtige Beispiele dafür:

  • Die klimatischen Veränderungen auf der Erde verlangen nach einer immer genaueren, umfassenderen Umweltforschung. Die Ursachen der immer häufiger auftretenden Klimakatastrophen müssen besser erforscht werden, damit nicht in Zukunft Millionen von Menschen zu Opfern schlimmer Katastrophen werden - vom wirtschaftlichen Schaden ganz abgesehen. Der Schutz der natürlichen Ressourcen - dabei denke ich ganz besonders an das trinkbare Wasser - muss stärker in den Mittelpunkt unserer Bemühungen treten.

  • Die von Menschen zu verantwortenden klimatischen Veränderungen auf der Erde tragen zu den immer häufiger auftretenden Klimakatastrophen bei. Das darf man nicht einfach hinnehmen, dagegen kann und muss man etwas tun. Darum muss der Schutz der natürlichen Ressourcen stärker in den Mittelpunkt unserer Bemühungen treten. Besonders wichtig ist die Nutzung unerschöpflicher Energiequellen. Die wichtigsten Energiequellen sind heute noch Erdöl und Erdgas. Beides wird knapper, das wissen wir alle. Wer seine Wirtschaft nicht energieeffizienter macht und auf die Nutzung unerschöpflicher Energiequellen ausrichtet, der wird in einen harten Verteilungskampf um die knappen Erdölreserven der Welt geraten.

Darum ist es so wichtig, dass wir weltweit Energiequellen erschließen und immer stärker nutzen, die die Umwelt weniger belasten und die den Frieden auf der Welt nicht antasten. Wir dürfen das Energiekapital der Erde nicht länger verbrauchen. Wir müssen lernen, das Energieeinkommen der Erde, die Solarenergie in all ihren Formen, für unsere Bedürfnisse zu nutzen. Ich habe den Eindruck, dass in Indien in diese Richtung schon viel geschieht und darüber bin ich sehr froh.

  • Die Raumfahrt und damit verbunden die Satellitentechnologie schafft immer neue Kommunikationsmöglichkeiten. Wenn ich höre, dass durch den indischen Satelliten INSAT die Fernsehstationen rund 85 Prozent der indischen Bevölkerung erreichen, auch in schwer zugänglichen Landesteilen, dann wird deutlich, dass Satellitentechnik zu einem Rückgrat der Informations- und Bildungspolitik geworden ist - natürlich nicht nur in Indien. Dazu kommen die wichtigen Aufklärungsmöglichkeiten mit Blick auf Wettervorhersagen, auf Ernten und Bodenschätze. Bei vielen in Deutschland ist zu wenig bekannt, wie entwickelt das indische Raumfahrtprogramm ist. Dabei gehören auch Deutschland und die europäische Weltraumagentur ESA zu den Kunden der indischen Raumfahrtorganisation ISRO.

  • Bekannt sind bei uns allerdings die großen Leistungen Indiens auf dem Gebiet der Datenverarbeitung und der Informationstechnologie. Es wird sich gewiss auch bis Haiderabad herumgesprochen haben, dass man bei uns in Deutschland versucht, gerade für diesen Bereich indische Fachkräfte anzuwerben.

Zu dem großen Erfolg Indiens auf diesem Feld hat gewiss die traditionelle indische Leidenschaft und Begabung für Mathematik beigetragen. Die modernen Techniken für Information und Kommunikation haben außerordentlich große wirtschaftliche Bedeutung. Sie können aber auch eine wunderbare Hilfe für Benachteiligte sein, besser oder überhaupt am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Der Anschluss an das weltweite Informations-Netz kann das traditionelle Bildungsgefälle zwischen Stadt und Land verringern. Auch in abgelegenen Gegenden bekommen Menschen Zugang zu Bildung und Information, die bisher wegen fehlender Schulen und anderer Einrichtungen davon abgeschnitten waren. Partizipation durch Information und Bildung wird eines der ganz großen Themen der kommenden Jahre sein - und damit verbunden auch die Kommunikationstechnologie.

  • Riesige, bis vor wenigen Jahren in dieser Form noch gar nicht absehbare Fortschritte macht auch die Biotechnologie. Nahezu täglich erreichen uns aus den Labors und aus den Forschungsstätten atemberaubende Meldungen von neuen Möglichkeiten: Krankheiten, die wir für unbesiegbar gehalten hatten, scheinen heilbar zu werden. Seuchen sollen im Ansatz zu verhindern sein. Genetische Defekte lassen sich möglicherweise korrigieren. Neue Pflanzensorten sollen den Hunger ganzer Weltregionen stillen. Viele Hoffnungen verbinden daher die Menschen in allen Teilen der Welt mit diesen Fortschritten.

IV.

Die Menschen verbinden allerdings mit all diesen Fortschritten nicht nur Hoffnungen, sondern auch Sorgen und Ängste. Gerade am Beispiel der Biotechnologie lässt sich zeigen, wie die Möglichkeiten der Wissenschaft umschlagen können in verantwortungslose Hybris - ohne Rückbindung an menschliche Werte und moralische Überzeugungen. Vor nicht langer Zeit haben einige Wissenschaftler behauptet, das erste geklonte Menschenkind sei geboren worden. Zwar fehlt dazu bislang jeglicher Beweis, aber man kann wohl davon ausgehen, dass es irgendwo irgendjemanden gibt, der daran arbeitet, aus welchen Motiven auch immer.

Das bedeutet: Die Fortschritte in den Wissenschaften stellen uns immer wieder neu vor grundsätzliche Fragen:

  • Wie gehen wir mit der Natur um?
  • Welches Menschenbild haben wir?
  • Was kann Fortschritt heute bedeuten - und was darf er nicht bedeuten?

Es geht auch um ganz praktische Fragen:

  • Werden in Forschung und Wissenschaft die richtigen Schwerpunkte gesetzt oder lassen wir uns von bestimmten Moden leiten, die dann auch die stärkste finanzielle Unterstützung bekommen?
  • Kümmern wir uns eventuell nur um die Luxusprobleme von wenigen?
  • Vernachlässigen wir darüber vielleicht Forschungsfelder, die für viele Menschen überlebenswichtig sind?

Hier wirft die Wissenschaft also Fragen auf, die sie nicht allein beantworten kann. Das sind politische und ethische Fragen, die in der ganzen Gesellschaft diskutiert werden müssen.

Es ist eine scheinbar einfache Frage, die wir uns vorlegen müssen. Sie lautet: Was ist gut für den Menschen? Die Frage ist nicht neu. Sie ist gestellt worden, seit Menschen angefangen haben, über ihr Tun und über ihre Ziele nachzudenken. Sie muss aber immer wieder neu gestellt werden, sie muss immer ganz konkret gestellt werden, sie muss immer bezogen sein auf die tatsächlichen Möglichkeiten, die wir haben, haben werden oder haben können.

Die Frage kann nicht einer allein beantworten. Und sie kann auch nicht von dem einen stellvertretend für andere gegeben werden. Sie muss im Gespräch gefunden werden und die Antwort muss Bestand haben vor den ethischen Grundsätzen, die in den Kulturen der Welt über die Jahrtausende hin entwickelt worden sind.

V.

Die Suche nach einer richtigen Antwort fordert - was den Rahmen der Wissenschaft selber angeht - die interdisziplinäre Auseinandersetzung. Ich freue mich darüber, wenn ich sehe, dass das hier, an der Universität von Haiderabad, schon strukturell angelegt ist. Das entspricht gewiss auch dem indischen Denken, das in seiner spirituellen Tradition stärker an einem ganzheitlichen, holistischen Naturverständnis orientiert ist.

Ich freue mich auch darüber, dass 1998 ein indischer Wissenschaftler den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften bekommen hat, ein Mann, der in seinen Schriften ein ums andere Mal deutlich gemacht hat, dass Wissenschaft eine soziale und politische Dimension hat - und der den Menschen und seine Bedürfnisse in den Mittelpunkt seines Denkens und Forschens gestellt hat: Amartya Sen.

Gerade in all den politischen und wirtschaftlichen Fragen, die mit der Globalisierung zusammenhängen, hat Amartya Sen gezeigt, dass eine klare ethische Haltung keine Eigenschaft naiver Idealisten ist.

Die Armen und Besitzlosen dieser Welt haben unter den Ökonomen keinen kenntnisreicheren Fürsprecher. Seine Einsichten sind gesellschaftlich so revolutionär, wie sie wissenschaftlich herausragen. Sen sagt: Die Lebensqualität eines Landes können wir nicht an seiner Wachstumsrate oder an seinem Wohlstand ablesen. Nein: Der entscheidende Maßstab der Lebensqualität ist die Freiheit. Freiheit heißt, die Menschen als die außerordentlich vielseitigen Kreaturen anzuerkennen, die sie nun einmal sind.

Sen ist auf ansteckende Weise Optimist. In dem Streben nach Freiheit und Demokratie, so Sen, hat die Menschheit ein universales Ideal gefunden. Zu der Einen Welt gibt es keine Alternative. Globalisierung macht uns zu Weltbürgern - und zu freien Weltbürgern sollen alle werden.

Ein solches Denken, eine solche Haltung halte ich für beispielhaft, ja für unbedingt notwendig, wenn die Wissenschaft in den kommenden Jahren der großen Verantwortung gerecht werden will, die ihr aus ihren immensen Möglichkeiten erwächst. Die immer noch größer werdenden Unterschiede zwischen Arm und Reich - weltweit und innerhalb vieler Länder -, der Skandal des Hungers von Milliarden Menschen, die schlimmen Folgen von Ausbeutung und ökonomischen Fehlentscheidungen müssen auch die Wissenschaftler als Herausforderung an ihre Arbeit begreifen.

Im Deutschen spricht man vom Elfenbeinturm, wenn man ein Denken beschreiben will, das nur um sich selber kreist. Die Wissenschaft kann aber nicht im Elfenbeinturm leben. Ihre Forschungsergebnisse, ja schon ihre Forschungsvorhaben haben eine soziale und politische Dimension. Das wissenschaftliche Arbeiten soll gewiss frei sein. Die Verfassung garantiert in Deutschland ausdrücklich die Freiheit von Forschung und Lehre. Freiheit bedingt aber immer auch Verantwortung. Darum ist es notwendig, die politischen ethischen und sozialen Folgen immer mitzudenken.

Genau das fordern auch die neuen Leitlinien der indischen Forschungs- und Wissenschaftspolitik, die Ministerpräsident Vajpayee im Januar vorgestellt hat. Ich finde es gut und richtig, dass dort auf die Bedeutung sozialverträglicher Entwicklung und auf die ethischen und sozialen Implikationen der Forschung ausdrücklich hingewiesen wird.

VI.

Wissenschaft und Technik brauchen den internationalen Gedankenaustausch. Das kann nur funktionieren in einer friedlichen Welt. Das ist ein Grund mehr, warum es sich lohnt, für eine friedlichere Welt zu streiten und für eine gerechtere Welt.

Ich weiß, dass das manchmal nicht leicht ist, weil Ängste überwunden werden müssen und weil Vertrauen wachsen muss. Darum gehört nach meiner Auffassung die weltweite Abrüstung wieder in das Zentrum der politischen Aufmerksamkeit. Dabei kann es nicht darum gehen, berechtigte Interessen der Nationen zu vernachlässigen. Es muss vielmehr darum gehen, Interessengegensätze auf vernünftige, friedliche Weise und zum gegenseitigen Nutzen zu überwinden.

Ohne selber Pazifist zu sein, bin ich davon überzeugt, dass militärische Gewalt nur in extremen Ausnahmesituationen und nur unter ganz strengen Bedingungen zu verantworten ist. Es gilt der Primat der Politik. Er gibt uns zwei Dinge vor: Erstens muss die Politik über den Einsatz des Militärs entscheiden, und zweitens ist es eine dauernde Verpflichtung, für Konflikte politische Lösungen zu suchen und zu finden.

Wissenschaft verbindet die verschiedenen Kulturen auf der Erde. Wissenschaftler in Europa und in Indien, in Amerika und in China arbeiten oft an den gleichen Aufgaben und Problemen. Sie verfolgen oft gleiche Ziele. Sie lesen die gleichen Forschungsberichte und besuchen die gleichen Kongresse.

Es ist gewiss richtig, wenn man sagt: Es gibt keine deutsche Physik, keine indische Chemie und keine amerikanische Biologie. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung über die Sachfragen kennt keine Nationen oder Kulturen.

Manche politischen, sozialen und ethischen Fragen werden in den verschiedenen Kulturen aber manchmal durchaus unterschiedlich gesehen. Hier sollten wir möglichst genau, möglichst sensibel aufeinander hören und miteinander sprechen. Wir sollten versuchen, ohne Arroganz und ohne Besserwisserei auszukommen. Wir sollten aber auch vermeiden, bloß nebeneinander herzuleben und nebeneinander her zu forschen. Besonders bei Fragen der Fortpflanzungsmedizin müssen wir uns darum bemühen, zu international gültigen ethischen Standards zu kommen.

Die Wissenschaft bestimmt unser Schicksal - morgen noch mehr, als sie es heute schon tut. Wir sind aber freie Menschen und wir können bestimmen, welche Wissenschaft wir wollen, welche wir für richtig halten. Wir können und müssen uns gemeinsam immer wieder neu darüber verständigen, welche Richtung wir dem Fortschritt geben wollen. Wir müssen abwägen, welche Möglichkeiten unser Leben wirklich freier machen und welche uns bloß neuen Zwängen unterwerfen.

Wir haben große Möglichkeiten. Wir sollten sie nutzen für eine gute Zukunft der Menschen, in Indien, in Deutschland und überall auf der Welt.