Rede von Bundespräsident Johannes Rau anlässlich der Eröffnung der Ausstellung "Dänen in Lübeck" mit Königin Margrethe II. von Dänemark

Schwerpunktthema: Rede

Lübeck, , 5. September 2003

Wir sind sehr froh darüber, dass wir heute in Ihrer Stadt sein können aus einem so schönen und festlichen Anlass. In den letzten Jahren sind meine Frau und ich oft hier gewesen. Wir haben schöne Erinnerungen wie an die Wiedereröffnung des Buddenbrook-Hauses am 14. Juni 2000 oder an das 600-jährige Bestehen der Schiffergesellschaft im Jahre 2001. Aber heute ist doch ein ganz besonderer Tag, denn unser Besuch in Ihrer schönen Hansestadt wird auf eine ganz besondere Art und Weise "gekrönt": Wir haben das Glück, gemeinsam mit Ihnen, Majestät, und mit Ihnen, Königliche Hoheit, hier in Lübeck zu sein.

Der Bürgermeister hat schon den Anlass genannt. Ich gestehe: fünfundzwanzig Jahre in einer mehrtausendjährigen Geschichte, das ist im Grunde nur ein ganz, ganz kurzer Abschnitt. Aber wie dieser kurze Abschnitt die Stadt geprägt und ihr die Tore zur Welt geöffnet hat, wie diese fünfundzwanzig Jahre Lübeck geweckt haben und aus Lübeck eine Weltstadt gemacht haben, die immer ein Zuhause blieb, das finde ich eindrucksvoll. Ich hätte diesen Waldemar gerne kennengelernt. Ich hätte gerne gewusst, wie man das macht, und ich denke, einiges von dem, wir haben es soeben gehört, können wir heute noch lernen. Wir haben ja bittere Erfahrungen. Die Dänen hatten bittere Erfahrungen mit uns Deutschen gemacht im vorigen Jahrhundert. Aber wir haben auch traumhaft schöne Erfahrungen gemacht. Es hat Zeiten gegeben, da war der preußische Außenminister ein dänischer Diplomat. Es hat Zeiten gegeben, da gab es Patriotismus, aber keinen Nationalismus. Und in solchen Zeiten ist Lübeck aufgeblüht und solche Zeiten wünschen wir uns auf andere Weise jetzt wieder.

Im vergangen Jahr sind meine Frau und ich zu einem Staatsbesuch in Dänemark gewesen. Und wir waren beeindruckt und bewegt von der Gastfreundschaft, von der Freundlichkeit, von der Freundschaft der Menschen und von dieser Fülle von Brücken, die es zwischen Dänemark und Deutschland gibt. Nicht nur zwischen Lübeck und Dänemark, sondern im Miteinander der Minderheiten in Südschleswig und in Dänemark. Wir sind beeindruckt davon, dass der Geist der Feindschaft nicht mehr existiert, dass die, die uns Parolen zurufen, kein Gehör mehr finden und dass wir das europäische Haus gemeinsam bauen und gemeinsam bewohnen können. Dies europäische Haus hat in der Ostsee sein Binnenmeer. Wer, wie ich, noch die Jahre erlebt hat, in denen diese Ostsee nicht frei war für Schiffe aller Art und aller Nationalität, in denen die Ostseegrenze in der DDR für DDR-Bürger nicht besucht werden konnte, der kommt aus dem Staunen darüber nicht heraus, dass es seit 1990 eine neue, eine helle, eine friedliche Zeit gibt für unsere Völker.

Daran zu erinnern, ist dies Jubiläum und ist die Ausstellung, die wir, Majestät, Königliche Hoheit, soeben vorab haben sehen können, ein lebendiges und wunderschönes Beispiel. Und wenn ich mir eins wünsche, dann ist es, dass die Ausstellungsmacher in diesen Wochen und Monaten erleben, dass die Menschen neugierig sind und kommen. Das gilt für Lübeck, und das gilt für die Orte, in denen diese Ausstellung eines Tages gezeigt werden soll, bis hin in die baltischen Staaten. Dies ist ein heller Tag für Lübeck, dies ist ein schöner Tag für Deutschland.

Ich grüße Sie alle, ich wünsche den Dänen und den Deutschen und denen, die ein friedliches Europa wollen und bauen, von Herzen Gottes Segen.