Daniela Schadt hat am 4. September in Berlin eine Gala zur Förderung der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen im kulturellen Bereich besucht. Unter dem Motto Kunst kennt keine Grenzen
veranstalteten der Paritätische Wohlfahrtsverband und der VIA Unternehmensverbund Berlin die Parieté-Gala.
Unter der Regie des Choreographen Giorgio Madia standen an diesem Abend Künstlerinnen und Künstler mit und ohne Behinderung auf der Bühne. Daniela Schadt erinnerte in ihrer Begrüßung als Schirmherrin der Veranstaltung an die Zielsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention und verwies auf die Aufgabe von Politik und Gesellschaft, Rahmenbedingungen zur aktiven Teilhabe von Behinderten zu schaffen: Wir wollen für die Inklusion arbeiten, weil wir alle davon profitieren, in einer offenen Gesellschaft zu leben, die allen Menschen Teilhabe ermöglicht. Wollen wir unserem Auftrag gerecht werden, dann muss es uns auch darum gehen, Menschen mit Behinderungen die Entfaltung ihrer kreativen, künstlerischen und intellektuellen Fähigkeiten zu ermöglichen.
Der Paritätische Wohlfahrtsverband Berlin ist Dach- und Spitzenverband der freien Wohlfahrtspflege. Unter seinem Dach sind rund 700 eigenständige, gemeinnützige Organisationen und Selbsthilfegruppen u.a. im Bereich Kinder-, Jugend-, Alten- und Familienhilfe, ambulanter und stationärer Pflege, sozialer und psychosozialer Versorgung, Behindertenhilfe, interkultureller Arbeit und Migrationssozialarbeit zusammengeschlossen.
Die gemeinnützige VIA Verbund gGmbH mit vier Tochtergesellschaften betreut und beschäftigt seit 1991 Menschen mit Behinderungen und unterstützt Pflegebedürftige und Senioren in Berlin. Insgesamt engagieren sich über 600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unterschiedlichen Sozial- und Gesundheitsbereichen. Zu den Arbeitsfeldern gehören Psychiatrie und Behindertenhilfe genauso wie Qualifizierung und Kultur.
Ansprache von Daniela Schadt:
In der Ankündigung des heutigen Abends wurde ein sehr schöner und passender Satz von Richard von Weizsäcker zitiert, den ich gern aufgreifen möchte: Was im Vorhinein nicht ausgegrenzt wird, muss hinterher auch nicht eingegliedert werden!
Mit diesen Worten hat Richard von Weizsäcker ebenso wie mit seiner viel beachteten und unter dem Titel Es ist normal, verschieden zu sein
bekannten Rede aus dem Jahr 1993 den Gedanken der Inklusion, dem Leitmotiv der UN-Behindertenrechtskonvention, schon 15 Jahre vor ihrem Inkrafttreten treffend umrissen.
Um dem Anliegen der Behindertenrechtskonvention gerecht zu werden, müssen wir uns den Satz von Richard von Weizsäcker immer wieder vor Augen führen und uns bewusst machen, was Inklusion für uns alle bedeutet. Inklusion bedeutet gerade nicht, Menschen mit Behinderung in etwas Bestehendes zu integrieren, sondern allen Menschen von vornherein die uneingeschränkte Teilnahme an allen gesellschaftlichen Aktivitäten auf allen Ebenen und in vollem Umfang zu ermöglichen. Folglich hat sich nicht der Mensch mit Behinderung um die Wahrung seiner Rechte zu bemühen, sondern Politik und Gesellschaft müssen Rahmenbedingungen zur aktiven Teilhabe aller schaffen. Dazu verpflichtet dieses Leitmotiv der UN-Behindertenrechtskonvention nicht nur Parlament und Gesetzgeber, sondern uns alle. Die Gesellschaft und damit wir alle sind zur Sicherstellung einer behindertengerechten, barrierefreien Infrastruktur verpflichtet. Und diesen Auftrag nehmen wir gerne an. Wir wollen für die Inklusion arbeiten, weil wir alle davon profitieren, in einer offenen Gesellschaft zu leben, die allen Menschen Teilhabe ermöglicht.
Im Bereich von Kunst und Kultur bedeutet Inklusion nicht nur die bloße Teilhabe als Zuschauer und Betrachter von Schauspiel, Tanz und Kunstobjekt – was allein schon eine Mammutaufgabe wäre, wie uns gleich durch die Künstler bewusst gemacht wird. Wollen wir unserem Auftrag gerecht werden, dann muss es uns auch darum gehen, Menschen mit Behinderungen die Entfaltung ihrer kreativen, künstlerischen und intellektuellen Fähigkeiten zu ermöglichen.
Ich sehe diesen Auftrag als Chance und Glück – nicht nur für Menschen mit Behinderung, sondern für uns alle. Wo, wenn nicht in der darstellerischen Kunst ist es normal, verschieden zu sein? Die Bühne lebt davon, dass nicht-konforme Charaktere ihre Begabung und ihr Können zum Einsatz bringen. Gewiss, auch hier gibt es Grenzen: Wir dürfen Behinderung nicht zur Schau stellen, sondern sollten sie als Teil unseres Menschseins zeigen, als Teil unserer Normalität als Verschiedene.
Genau diese Balance zwischen Inklusion und Integrität trifft der heutige Abend mit seinem unverkrampften Zugang zum Thema Inklusion im kreativ künstlerischen Bereich. Wir sehen dem Programm mit Vorfreude und Neugier entgegen, um, wie es die Gründerin des Theaters Ramba Zamba
, Gisela Höhne, treffend beschrieben hat, zu erfahren, wie man die Dinge auch sehen kann, in welche Tiefe man kommen kann und wie sehr ich auch manchmal draußen stehe vor einer Tür, die sich mir erst öffnet, wenn ich alle Vorurteile loslasse, alle vorgefassten Bilder und Meinungen.
Allen Künstlerinnen und Künstlern, die heute auftreten, und allen Verantwortlichen, die diesen Balanceakt gewagt haben, möchte ich von ganzem Herzen danken, dass Sie sich der Inklusion im künstlerischen Bereich angenommen haben. Mein Dank gilt insbesondere den Initiatoren des heutigen Abends, dem Paritätischen Wohlfahrtsverband und dem VIA-Unternehmensverbund.
Ihnen, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer, wünsche ich einen unvergesslichen Kunstgenuss und dass sich heute Abend viele Türen öffnen mögen, die uns den Zutritt zu einer inklusiven Kunstszene ermöglichen, in der es normal ist, verschieden zu sein!