Bundespräsident Steinmeier verleiht Verdienstorden an Holocaustüberlebende Zilli Schmidt

Schwerpunktthema: Pressemitteilung

7. April 2021


Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat der Sinteza Zilli Schmidt für ihr Engagement als Zeitzeugin das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland verliehen. Da aufgrund der Corona-Pandemie keine persönliche Begegnung möglich ist, hat er ihr einen handschriftlichen Brief geschickt:

Liebe, verehrte Frau Schmidt,

auf den heutigen Termin hatte ich mich besonders gefreut: Ihnen am 7. April, dem Vortag des 50. Jahrestages des ersten Weltkongresses der Roma, den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland persönlich aushändigen zu können. Wir hatten auf einen Frühlingstag gehofft, an dem wir Sie hätten ehren können, wie es Ihnen zusteht. Doch die andauernde Pandemie macht das leider unmöglich. Ich hoffe sehr, dass wir diese Ehrung zu einem späteren Zeitpunkt nachholen können.

Als deutsche Sinteza und Überlebende des Völkermordes haben Sie noch im hohen Alter Zeugnis abgelegt. Sie haben uns berichtet vom Leiden der Sinti und Roma unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, in Lety, Auschwitz und in Ravensbrück, wohin man Sie verschleppt hatte. Vor allem aber haben Sie uns von Auschwitz erzählt, wo Sie und viele Ihrer Angehörigen festgehalten und gequält wurden. Viele wurden dort ermordet, darunter Ihre damals vierjährige Tochter Gretel, Ihre Eltern und Ihre Schwester mit ihren sechs Kindern. Nur Sie selbst und zwei Ihrer Brüder überlebten.

Sie haben als Zeugin vor Gericht gesprochen, bei Veranstaltungen und – anlässlich des 74. Jahrestages der ‚Liquidation des Zigeunerfamilienlagers‘ in Auschwitz-Birkenau – eine bewegende Rede am Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma Europas gehalten. Besonders beeindruckt aber hat mich Ihr autobiographisches Buch ‚Gott hat mit mir etwas vorgehabt! Erinnerungen einer deutschen Sinteza‘.

Liebe Zilli Schmidt, Gott hat etwas vorgehabt mit Ihnen. Durch Ihre Vermittlung wissen wir heute mehr über das Leiden der Sinti und Roma, aber auch so viel mehr über ihr Leben, ihre Musik und ihre Kultur. Und wir erleben Sie auch heute noch – mit 96 Jahren! – als unerschütterliche Kämpferin gegen Hass, Ausgrenzung und Rechtsextremismus. Dafür danke ich Ihnen und dankt Ihnen Ihr Land. Ich wünsche Ihnen von Herzen Glück und Gesundheit.