Interview mit der Schwäbischen Zeitung

Schwerpunktthema: Interview

22. Dezember 2013

Daniela Schadt hat der Schwäbischen Zeitung ein Interview gegeben, das am 22. Dezember erschienen ist. Darin heißt es zum Thema Flüchtlinge: "Ich habe mit Joachim Gauck im Auffanglager Friedland die ersten syrischen Flüchtlinge besucht, die nach Deutschland gekommen sind. Das hat mich sehr bewegt. Eine Frau erzählte mir, dass ihr Cousin mit seinem kleinen Sohn draußen auf der Terrasse in Syrien saß, und plötzlich wurden beide von einer Granate getötet. Solche und ähnliche traumatische Erfahrungen machen die Menschen in diesem Krieg jeden Tag."

Daniela Schadt in Schloss Bellevue

Daniela Schadt hat der Schwäbischen Zeitung ein Interview gegeben, das am 22. Dezember erschienen ist.

Frau Schadt, wie geht es Heiligabend und an den Feiertagen bei Ihnen und Joachim Gauck zu?

Wir verbringen Weihnachten eigentlich ganz normal - so wie früher auch. Wie viele Menschen feiern wir Heiligabend im Kreise der Familie mit Baum, schönem Essen, und natürlich geht es nachmittags in die Kirche.

Wie sieht dieses Jahr das Festtagsmenü aus?

An Heiligabend ist kaum Zeit zum Kochen. Den Weihnachtsbraten - Gans oder Ente - gibt es erst am 1. Weihnachtsfeiertag.

Die Rolle der First Lady bringt viele Zwänge mit sich - auch wegen des Protokolls. Wie stark fühlen Sie sich eingeschränkt?

Beim Protokoll arbeiten sehr hilfsbereite und liebenswürdige Menschen, die den Bundespräsidenten und mich tatkräftig unterstützen. Und man sollte nicht außer Acht lassen, dass es in jedem Beruf Einschränkungen gibt. Eine Krankenschwester z.B. muss sich im Umgang mit den Patienten ja auch ein Stück zurücknehmen.

Aber es gibt schon einen Unterschied zwischen einer Krankenschwester und der Lebensgefährtin des Bundespräsidenten...

Bei allem, was ich tue, schauen die Menschen ganz genau hin. Das ist der Unterschied. Früher als Journalistin habe ich beim Schreiben einfach gelöscht, wenn mir etwas nicht gefallen hat und es durch eine bessere Formulierung ersetzt. Jetzt kann ich es nicht mehr ungeschehen machen, wenn ich öffentlich einen Fauxpas begehe.

Was verstehen Sie unter Fauxpas?

(denkt nach) ... Der schlimmste Fauxpas war vielleicht, als ich Charlène von Monaco einmal beim Staatsbankett auf die kurze Schleppe ihres Kleides getreten bin. Das Ganze spielte sich innerhalb einer Zehntelsekunde ab – aber eben auch genau vor Dutzenden von Pressekameras.

Vermissen Sie es, wie früher als politische Journalistin Ihre Meinung ungefiltert äußern zu können?

Das Schreiben fehlt mir schon. Natürlich kann ich nicht allen Leuten auf die Nase binden, was mir gerade durch den Kopf schwirrt. Aber ich habe ja auch als Journalistin in meinen Kommentaren nicht gleich jeden spontanen Einfall niedergeschrieben. Die Einschränkungen sind jedoch nicht so groß, wie ich es vorher befürchtet hatte. Ich kann auch öffentlich noch viel von dem sagen, was mir am Herzen liegt. Und zudem es ist manchmal auch sehr sinnvoll, wenn man einfach nur zuhört.

Als Schirmherrin von UNICEF Deutschland beschäftigen Sie sich derzeit vor allem mit dem Syrien-Krieg und dem Leid von Millionen Kindern. Was hat den Anstoß für dieses Engagement gegeben?

Ich habe mit Joachim Gauck im Auffanglager Friedland die ersten syrischen Flüchtlinge besucht, die nach Deutschland gekommen sind. Das hat mich sehr bewegt. Eine Frau erzählte mir, dass ihr Cousin mit seinem kleinen Sohn draußen auf der Terrasse in Syrien saß, und plötzlich wurden beide von einer Granate getötet. Solche und ähnliche traumatische Erfahrungen machen die Menschen in diesem Krieg jeden Tag. Das dürfen wir nicht vergessen!

Wie stellt sich die Lage in Syrien aktuell dar?

Der Krieg nimmt kein Ende. Die Brutalität ist unfassbar. Millionen Menschen gehen jetzt in den dritten Kriegswinter. Seit November gibt es wieder Fälle von Kinderlähmung in Syrien. Und zu Krieg, Flucht und Armut kommen jetzt auch noch Kälte, Schnee und Nässe hinzu. Viele Schulen sind zerstört. Rund drei Millionen Kinder gehen deshalb nicht mehr zur Schule. Hier droht eine verlorene Generation heranzuwachsen.

Wie können wir helfen?

Es geht um Spenden für Decken, Heizöl, Medikamente, Wasseraufbereitung und den Wiederaufbau von Schulen. Dieser Krieg und seine Folgen bedrohen inzwischen mehr als 5,5 Millionen Kinder. Dennoch sind viele Menschen, die helfen wollen, verunsichert und fragen sich, ob ihr Geld auch dort ankommt, wo es benötigt wird. UNICEF hat hervorragende Partner in Syrien. Da ist jeder Euro gut investiert.

In Berlin-Hellersdorf und anderswo gab es heftige Ablehnung und offene Ressentiments gegenüber Kriegsflüchtlingen aus Syrien. Fehlt es in Deutschland an Mitgefühl und Solidarität?

Es gibt überall in Deutschland Beispiele tätiger Solidarität mit Flüchtlingen aus Syrien. Vielen ist klar: Niemand ist zum Flüchtling geboren. Diese Menschen kommen aus einem Land, in dem seit mehr als 1000 Tagen Gewalt und Krieg regieren. Und es ist doch verständlich, wenn Eltern versuchen, mit ihren Kindern dieser Hölle zu entfliehen.

Im Westen - auch in Deutschland - herrscht Ratlosigkeit beim Blick auf Syrien und diesen schrecklichen Krieg. Hat die Weltgemeinschaft alles getan, um die Gewalt zu beenden und einen Waffenstillstand zu erreichen?

Es ist nicht meine Aufgabe, diese oder jene außenpolitische Initiative zu bewerten. Ich habe mir Zeichnungen von Kindern aus Syrien zeigen lassen. Da sehen Sie Kampfflugzeuge, Panzer, Geschütze und Menschen, die auf dem Boden liegen und verbluten. Mir wurde erzählt, dass Kinder aus Syrien andere Bilder malen, viel fröhlichere, sobald sie wieder in Sicherheit sind und psycho-therapeutisch begleitet werden. Das hat mich sehr beeindruckt.

Werden Sie sich weiter für Kinder aus Syrien einsetzen?

Mir ist spontan die Idee einer Ausstellung mit solchen Kinderzeichnungen gekommen. Anhand dieser Bilder, die zunächst durch die erlebten Kriegsgeschehnisse geprägt sind und dann - nach der Flucht - wieder heitere Themen zum Inhalt haben, lassen sich auch positive Entwicklungen und Verbesserungen zeigen. Wir dürfen Nichts schönreden und weichzeichnen. Aber man kann schon mit relativ bescheidenen Mitteln etwas bewirken und den Kindern und ihren Familien in Syrien helfen.

Die Fragen stellte: Rasmus Buchsteiner.