Entlassung von Bundesministerin Andrea Nahles

Schwerpunktthema: Rede

Schloss Bellevue, , 28. September 2017

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat am 28. September bei der Entlassung von Bundesministerin Andrea Nahles eine Ansprache gehalten "Es ist nicht an mir, die künftige Rollenverteilung vorherzusagen. Ich weiß aber, unser Land braucht sowohl eine arbeitsfähige Regierung, als auch eine starke und verantwortungsvolle Opposition."

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hält eine Rede im Großen Saal bei der Entlassung der Bundesministerin für Arbeit und Soziales in Schloss Bellevue

Die Zeit nach einer Bundestagswahl ist eine Zeit von Übergängen und Veränderungen. Das ist eine Regelmäßigkeit in unserer erwachsenen Demokratie. Wir sind vertraut mit diesem Prinzip, und noch mehr: Wir vertrauen auf seine Gültigkeit.

Liebe Andrea Nahles, Sie kennen die Übergänge der Demokratie aus langer politischer Erfahrung: Von der Jugendorganisation in den Kreistag, vom Parlament in die Exekutive, aus der Opposition in die Regierung und von der Parteiaufgabe in das öffentliche Amt. Und nun: von der Regierungsbank in den Fraktionsvorsitz.

Wie kaum eine Zweite wissen Sie aber auch: Der demokratische Übergang ist kein Naturgesetz. Sein Funktionieren und seine Akzeptanz bei den Bürgern beruhen auf gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen, die es zu erarbeiten, zu bewahren und immer wieder zu erneuern gilt. Nur wenn unsere demokratischen Institutionen für gute Lebensbedingungen aller Bürgerinnen und Bürger sorgen, sie schützen und verbessern, bleibt das Vertrauen in diese Institutionen erhalten.

Als Bundesministerin für Arbeit und Soziales haben Sie sich um diese Voraussetzungen verdient gemacht. Mit großer Ernsthaftigkeit, mit politischem Geschick und Durchhaltevermögen haben Sie eine Vielzahl von Regierungsvorhaben angepackt – und auf den Weg gebracht. Dazu gehörten viele Ihrer politischen Herzensthemen: vom Mindestlohn bis zur Tarifeinheit, die Inklusion, zuletzt die Stärkung der Betriebsrenten, und – ich will nichts vergessen – zu Beginn der Legislaturperiode auch die Zahlbarmachung von Ghetto-Renten.

Ich will zu Ihrer Entlassung aus dem Amt der Bundesministerin eines hervorheben: Ihre Zielorientierung, gepaart mit Pragmatismus, Ihr beherztes Zugehen auf alle politisch Beteiligten und die Energie, mit der Sie Überzeugungsarbeit leisten, all das hat Ihnen Respekt auf breiter Flur eingebracht. Nicht nur innerhalb Ihrer Partei, unter Gewerkschaften und Sozialverbänden, sondern auch beim Koalitionspartner, bei Unternehmen und Wirtschaftsverbänden.

Es ist nicht an mir, die künftige Rollenverteilung vorherzusagen. Ich weiß aber, unser Land braucht sowohl eine arbeitsfähige Regierung als auch eine starke und verantwortungsvolle Opposition. Ich weiß, Frau Nahles, dass Sie die staatspolitische Bedeutung beider Säulen unserer Demokratie aus persönlicher Erfahrung kennen, und bin daher zuversichtlich, dass Sie Ihre neuen Aufgaben mit derselben Verantwortung und demselben Nachdruck erfüllen werden wie Ihre bisherigen. Herzlichen Dank Ihnen und alles Gute.