Eröffnung der Kieler Woche

Schwerpunktthema: Rede

Kiel, , 16. Juni 2018

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat am 16. Juni die Kieler Woche mit einer Ansprache eröffnet. Darin heißt es: "Dass Segeln heute ein Sport ist, der junge und nicht mehr ganz so junge Menschen auf wirklich schöne Art zusammenbringt, freut mich ganz besonders. Dass die Begeisterung für Wind, Wasser und Wellen nicht nach Herkunft, Aussehen oder Glauben fragt."

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier beim Besuch im 'Camp 24/7', ein Segelcamp für Kinder, Jugendliche und Familien anlässlich der Eröffnung der Kieler Woche 2018

Es ist soweit! Am Kai und auf der Förde, in der ganzen Stadt – Seefahrts- und Segelbegeisterte wissen es weit über Kiel hinaus: Es ist wieder Kieler Woche!

Der Soundcheck gestern ist gelungen, habe ich mir sagen lassen. Und ab heute ist die Stadt dann wieder fest in den Händen der kleinen und großen Seefahrer. Ich finde es großartig, mit welcher Leidenschaft und Freude die Kieler seit 136 Jahren den Segelsport feiern. Während Profis und Amateure miteinander fachsimpeln und klönen, freuen sich tausende Familien und Gäste über dieses wunderbare Fest und über den Blick auf die Boote und Schiffe – ganz egal ob bei strahlendem Sonnenschein oder norddeutschem Schietwetter. Aber klar ist natürlich: In der nächsten Woche ist Sonnenschein, liebe Kielerinnen und Kieler!

Allen, die heute hier sind; allen die aus der Ferne zuschauen: schön, Sie heute mit an Bord zu haben! Und nach dieser Woche in Berlin darf ich auch sagen: Es ist schön, dass Ihr mich in Kiel an Bord genommen habt.

Heute Nachmittag, als wir auf der Thor Heyerdahl waren, konnten wir schon sehen, was auf der Förde los ist. Dass Segelschiffe so freudig empfangen und gefeiert werden, das war ja nicht immer so. Wenn Segel am Horizont auftauchten, war das nicht selten ein Grund zu Besorgnis. Jedenfalls solange Wikinger noch Nord- und Ostsee unsicher machten. Klosterruinen, wie die auf Lindisfarne vor der Nordostküste von England, zeugen noch davon. Das war – vor 1225 Jahren – der erste große Überfall der Nordmänner in Westeuropa und damit auch der Beginn jener Wikingerzeit, die unseren Kontinent so nachhaltig geprägt hat.

Sie hat schließlich einen neuen Handels- und Kulturraum entstehen lassen. Und heute freuen wir uns über jedes skandinavische Schiff am Horizont und unsere Freunde aus Dänemark, Norwegen und Schweden, wie auf alle anderen Gäste, die hier sind, und wir feiern gern und lange mit ihnen.

Gemeinsam auf See, auf einem Segelboot zumal, da lernen wir einander besser kennen, als im Chatroom oder auf Instagram. Heute Nachmittag zum Beispiel, da bin ich mit Jugendlichen auf der Thor Heyerdahl die Förde hinuntergesegelt. Ein großartiges Erlebnis. Ich hab immer noch ein bisschen den salzigen Geschmack auf den Lippen.

Dass Segeln heute ein Sport ist, der junge und nicht mehr ganz so junge Menschen auf wirklich schöne Art zusammenbringt, freut mich ganz besonders. Dass die Begeisterung für Wind, Wasser und Wellen nicht nach Herkunft, Aussehen oder Glauben fragt. Und auch, dass Dreimaster am Horizont heute kein Grund mehr zu Besorgnis sind, dass sie uns ein Lächeln auf die Lippen zaubern – auch ein bisschen Kribbeln in den Bauch.

Wenn wir miteinander reden und miteinander vorankommen, wenn wir gemeinsam feiern, uns gegenseitig nicht mehr als Bedrohung sehen, sondern als Bereicherung, dann ist das doch eine der größten Errungenschaften überhaupt! Und ich finde: Das sollten wir uns gemeinsam bewahren!

Genau das soll jetzt im Lauf der nächsten Woche bei gutem Wetter auch hier passieren – mit unzähligen sportlichen Wettbewerben und viel Gelegenheit, die Kiellinie gemeinsam auf- und abzulaufen. Ums kurz zu machen, meine Damen und Herren, bitte ich jetzt um Nachsicht: Es wird nämlich etwas lauter. Ich sag‘ schon mal: Leinen los für eine großartige Woche, bereitmachen fürs Signal!