Ich kann Ihnen sagen: Eine tolle Aussicht ist das von hier oben! Gut gelaunte Gäste und zufriedene Gärtner – Gießkannenschleppen fiel nämlich heute aus, und trotzdem wurde reichlich gegossen! Ärgern sollten Sie sich nicht über den Regen, denn bei der Internationalen Gartenschau vor zwei Jahren in Berlin, da fing es während meiner Eröffnungsrede pünktlich an zu regnen, und heute hörte es pünktlich auf. Das ist ein gutes Zeichen! Herzlichen Dank für den prächtigen Empfang!
Zunächst ein großes Kompliment an die Stadt Heilbronn und an das gesamte BUGA-Team. Was hier auf der Gartenschau so wächst und blüht, das macht Freude auf den nahenden Frühling! Sie alle haben sich mächtig ins Zeug gelegt, haben buchstäblich das Erdreich in Bewegung gesetzt, sogar zwei neue Seen angelegt, Sie haben tausende Bäume gepflanzt und noch viel mehr Blumen, vom Neckarufer bis auf den Dachgarten. Am Ergebnis erfreuen sich ab heute die Gäste aus unserer gesamten Republik und aus der weiten Welt. Liebe BUGA-Macherinnen und -Macher, Sie dürfen stolz darauf sein! Und wir sagen Ihnen heute Dank für Ihre Mühen, für Arbeit am Boden und mit den Partnern, für durchwachte Nächte und nie endende Hoffnung auf Sonnenschein: herzlichen Dank!
Vom Maler Oskar Kokoschka stammt der kluge Satz: Unkraut ist die Opposition der Natur gegen die Regierung der Gärtner.
Leider hat Kokoschka nichts dazu gesagt, welche Rolle er dem Bundespräsidenten zugedacht hat. In unserem eigenen Garten daheim hat mich meine Frau eher fürs Brot-und-Butter-Geschäft eingeteilt, Rasenmähen oder Laubsäckeschleppen in aller Regel. Aber bei der Bundesgartenschau hat der Bundespräsident eine ganz besondere Rolle: Seit Theodor Heuss haben alle meine Vorgänger die BUGA eröffnet – und heute darf ich das tun. Es ist mir eine Ehre und Riesenfreude zugleich!
Bundesgartenschauen werden häufig die Olympischen Spiele der Gärtner
genannt. Hier gelten auch die olympischen Prinzipien: Dabeisein ist alles. Hier kann sich jeder einschreiben in die Akademie der blühenden Künste, jeder kann sich neue Kenntnisse mitnehmen.
Und trotzdem: Jede BUGA ist etwas ganz Besonderes. Diese BUGA hat sogar eine eigens komponierte Hymne. Im Refrain heißt es: Hier ist das blühende Leben […] – hier sind wir daheim!
Daheim in Heilbronn: einer Stadt am Fluss, einer Stadt der Zukunft!
Und es stimmt: Hier am Fluss ist Zukunft entstanden. Denn wenn es um die Zukunft der Städte geht, ist kein Thema so wichtig wie das Wohnen. Das wissen wir nicht erst, seit vor wenigen Tagen Zehntausende in Berlin und anderswo für bezahlbares Wohnen auf die Straße gingen. Deswegen bin ich froh, dass sich die BUGA neben den blühenden Künsten genau dieser Frage widmet.
Wir müssen verhindern, dass unsere Städte zum sozialen Kampfplatz um das Wohnen werden. Das bedeutet: Wir müssen das Wohnen für alle Bürger bezahlbar und unsere Städte für alle lebenswert machen. Hier in Heilbronn sehen wir Ansätze, wie das gelingen kann: Wo früher Güter umgeschlagen wurden, wächst ein Modellstadtteil. 3.500 Menschen werden hier ein neues Zuhause finden, eingerahmt von Neckar und BUGA-Park. Wohnraum in der Natur und nicht gegen die Natur – auch das ist diese Bundesgartenschau!
Gute Architektur, moderne Materialien und effiziente Energietechnik haben etwas Besonderes wachsen lassen – etwas Besonderes mit Vorbildfunktion: eine kluge Mischung aus Miet- und Eigentumswohnungen, aus Wohnen und Arbeiten, Büros und Cafés, aus Kita und betreutem Wohnen.
Und was mir besonders wichtig ist: Hier stehen keine sterilen Schlafburgen ausschließlich für Besserverdienende. Nein, hier mischt sich genossenschaftlicher und sozialer Wohnungsbau hinein. Und sogar einen Rekord gibt es zu bewundern: das höchste Holz-Hochhaus in Deutschland. Was ich besonders schön finde: Da oben auf den obersten Etagen wollten die Planer keine Penthäuser, sondern hier darf buchstäblich jeder jedem aufs Dach steigen. Der Fahrstuhl fährt ganz nach oben, die Aussicht ist für alle da.
Ich weiß: Nicht alles, was hier am Neckarbogen entstanden ist, lässt sich eins zu eins in die gesamte Republik übertragen. Aber ich wünsche mir, dass es viele zum Nachdenken bringt, dass es einen Ansporn setzt. Denn nicht nur in den Metropolen, nicht nur in Berlin, Hamburg oder München sind steigende Mieten ein Problem – nein, in ganz vielen anderen Groß- und Mittelstädten, auch hier in Heilbronn, wird Wohnen immer teurer! Und für viele heißt das: zu teuer! Für Alleinerziehende, Rentner, junge Familien, gerade für diejenigen ohne großes Einkommen. Dabei sollte doch eines klar sein: Gerade die Polizistin und der Busfahrer, der Pfleger und die Erzieherin – all die, die die Stadt am Leben halten, müssen auch in der Stadt leben können!
Und da reicht es natürlich nicht, den Mangel zu verwalten. Wenn Wohnungen fehlen, müssen Wohnungen gebaut werden – und eben nicht nur im obersten Preissegment. Dafür gibt es Ansätze und Lösungen. Klar ist: Ideologische Grabenkämpfe schaffen keine neuen Wohnungen. Sondern wir brauchen beherzte Kommunen, Investoren, Bauherren und Stadtplaner, die sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst sind. Und die Spielräume wirklich nutzen, die es heute schon gibt, die Baugrund zur Verfügung stellen und kluge Projekte umsetzen.
Hier hat das funktioniert, weil die Grundstücke nicht an den Meistbietenden verkauft wurden, sondern an denjenigen mit dem besten Konzept. Es ging nicht um kurzfristige Gewinnmaximierung, sondern um langfristige Maximierung von Lebensqualität.
Davon würde ich mir mehr wünschen in unserem Land. Denn Wohnen ist die Existenzfrage schlechthin. Für jeden Einzelnen und für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft. Wenn Wohnkosten die Menschen an unterschiedliche Enden der Stadt treiben, werden sich Menschen mit unterschiedlichem Einkommen kaum mehr begegnen. Und wir spüren doch heute schon: Aus Mauern zwischen den Lebenswelten werden Mauern in den Köpfen. Ich finde: Diesen Mauern müssen wir in einer Demokratie mit der Abrissbirne zu Leibe rücken!
Doch wir sind heute nicht hier, um nur über Beton zu sprechen, wir wollen die Pflanzen und Blüten in den Mittelpunkt rücken. Denn der Mensch lebt nicht vom Brot allein oder von Straßen und Häusern, sondern er braucht Anregung, er braucht Kultur, er braucht Natur, kurz: Er braucht Schönheit!
Und genau das finden die Bewohner hier vor der Haustür. Alle anderen müssen vielleicht etwas weiter zur BUGA fahren, aber ich kann ihnen sagen: Es lohnt sich! Ich wünsche Ihnen, den Machern der BUGA und der Stadt Heilbronn wunderbare 173 Tage bis zum 6. Oktober, viel Sonnenschein und begeisterte Besucher aus nah und fern! Ich freue mich jetzt auf den Rundgang und sage ganz zum Schluss noch einmal herzlichen Dank an alle, die diese tolle Schau möglich gemacht haben!