Bundespräsident:
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
es sind ungewöhnliche Zeiten, die wir erleben – ungewöhnliche und für viele Familien belastende Zeiten.
Die Corona-Pandemie verändert unser Leben vollkommen. Sie verändert unser Zusammenleben. Wir müssen Abstand halten zueinander aus Verantwortung füreinander. Ja, das ist ein Gebot der Mitmenschlichkeit. Aber es fällt uns oft schwer.
Elke Büdenbender:
Viele Menschen sitzen nun zu Hause. Gerade in den Städten heißt das oft: allein zu Hause, getrennt von den Lieben, weit weg von der Familie. Andere verbringen sehr viel mehr Zeit als sonst mit dem Partner, der Partnerin, mit der Familie. Viele schöpfen daraus Kraft, sind dankbar für die Nähe, für die Zeit miteinander, mit den Kindern.
Aber dieser neue Alltag als Familie, der hat es in sich. Wer kümmert sich um die Kinder, wenn die Eltern als Ärztin und Pfleger, als Busfahrer und Kassiererin arbeiten? Wie lassen sich Homeoffice und Schule zu Hause unter einen Hut bringen? Die Jüngste quengelt, wenn der Chef anruft. Der 12-Jährige macht am Computer alles, nur keine Hausaufgaben. Die Mittlere hat Hunger, jetzt, sofort. Und jetzt auch noch die Osterferien zu Hause!
Bundespräsident:
Und dazu kommt noch eine große Sorge: Die, die uns besonders brauchen, dürfen wir nicht mehr sehen – die einsame Mutter, den gebrechlichen Vater, die Großeltern. Noch schwerer, wir dürfen sie nicht besuchen im Krankenhaus oder im Pflegeheim. Das reißt uns das Herz entzwei. Und doch gilt gerade hier: Halten wir Abstand, um sie zu schützen! Halten wir Abstand, aber zeigen wir ihnen, dass wir ihnen nahe sind.
Ja, das fordert uns, das überfordert uns manchmal, manches wächst einem über den Kopf. Aber wir sind sicher: Die meisten von Ihnen verstehen, dass Einschränkungen für diese Zeit notwendig, ja lebensnotwendig sind, und gehen damit um. Und viele wachsen jetzt sogar über sich selbst hinaus. Sie sind als Familien stark, und das macht unsere Gesellschaft stark.
Elke Büdenbender:
Eines liegt mir dennoch ganz besonders am Herzen: Dass wir nicht die vergessen, die diese Krise ganz besonders hart trifft. Die alleinerziehenden Mütter und Väter. Oder die Alleinstehenden, deren Bedürfnis nach Nähe nun jäh eingeschränkt ist. Oder die Familien, die auf allerengstem Raum zusammenleben und jetzt noch größere Existenzsorgen haben als früher.
Und: die Kinder, die Frauen, für die das eigene Zuhause leider kein Ort der Geborgenheit und Sicherheit ist – und die jetzt viel häufiger Opfer von häuslicher Gewalt zu werden drohen.
Ja, viele soziale Einrichtungen sind geschlossen. Aber auch jetzt gibt es Anlaufstellen für Menschen in Not; einige können Sie gleich sehen. Es gibt Menschen, die helfen – in den Jugendämtern, in der Kinder- und Jugendhilfe, in Frauenhäusern, über Nottelefone oder ganz privat. Die Lebensmittel verteilen, elektronisch die Hausaufgaben betreuen, die Messengerdienste und digitale Treffpunkte einrichten.
Bundespräsident:
Ihnen allen, den vielen, vielen, die helfen, möchten wir beide heute von ganzem Herzen danken. Sie leben vor, was Solidarität heißt – im Großen wie im Kleinen. Sie zeigen, was unser Land zusammenhält!
Ja, wir müssen Abstand halten. Aber wir sind uns gleichzeitig nah. Und jeder kann etwas tun.
Elke Büdenbender:
Sie tun das schon, Tag für Tag. Sie halten zusammen. Füreinander, für uns alle. Wir sind überzeugt: So bewältigen wir diese Zeit. Mit Abstand, aber gemeinsam.
Bundespräsident:
Alles Gute – und geben wir acht aufeinander.