Ich darf Ihnen allen ein herzliches Willkommen sagen, ein herzliches Willkommen zum zehnten Forum Bellevue zur Zukunft der Demokratie
. Sie merken, auch an der Anordnung hier, Corona hat uns weiter fest im Griff; die Infektionen sind in diesen Tagen, in diesen Wochen sogar noch um ein Vielfaches höher als in der Spitzenzeit im Frühjahr, die zweite Welle erfasst uns härter als die erste.
Mund und Nase zu bedecken, Abstand zu halten – beim Einkaufen, in Bussen und Bahnen oder am Arbeitsplatz –, das ist vielen von uns fast schon in Fleisch und Blut übergegangen. Aber dass wir weiter auf Treffen mit Freunden und auf Familienfeste verzichten müssen, auf Besuche in Restaurants und Bars, auf Theater, Konzerte, Schwimmbäder und Sportstudios, alles das kostet Kraft und Geduld.
Über die Maßnahmen, eben nur kursorisch genannt, wird natürlich gestritten und gerungen. Als wir beim letzten Forum Bellevue im Juni beieinander saßen und die Frage gestellt haben, wie es unserer Demokratie in Zeiten der Pandemie geht, ging Herta Müller mit den Kritikern staatlicher Maßnahmen in Deutschland hart ins Gericht, sie sagte: Wir gehorchen keiner staatlichen Willkür, wir gehorchen dem Leben. Das ist die Freiheit der Verantwortung für sich selbst und für andere.
Es bleibt eben eine Tatsache, dass man über alles streiten kann, aber nicht über die Existenz eines lebensgefährlichen Virus, dem wir uns entgegenstellen müssen.
Wir wissen heute mehr über das Virus als im Frühjahr, aber wir wissen auch: Es ist noch nicht unter Kontrolle, die Ansteckungszahlen sind zu hoch. Corona ist und bleibt in diesem Herbst und Winter eine große, eine tödliche Gefahr. Wir alle müssen diese Gefahr weiterhin ernst, wir müssen sie sehr ernst nehmen. Vorerst sind weiterhin Vernunft und Geduld, Rücksicht und Vorsicht unsere wichtigsten Ressourcen, um Gesundheit, auch um Menschenleben zu schützen.
Lassen wir nicht zu, dass das Virus unsere Gesellschaft spaltet! Ich wünsche mir, dass Junge und Alte, Gefährdete und weniger Gefährdete zusammenstehen, in der Krise, aber auch in der Zeit danach. Und wir haben in den vergangenen Monaten doch gesehen, dass wir um den richtigen Kurs zwar streiten, aber dann doch immer wieder einen gemeinsamen Weg finden konnten, auf dem wir bislang relativ – meint: im Vergleich zu anderen – gut durch die Krise gekommen sind. Wir haben zwischendurch sogar erlebt, dass der Kampf gegen Corona die Demokratie, den Zusammenhalt stärken kann.
Und das ist eine Erfahrung, die kann uns auch Mut machen, Zuversicht geben für die kommenden Wochen. Und da gibt es noch einen Hoffnungsschimmer, einen Lichtblick in dieser eher dunklen Jahreszeit: Die Entwicklung von Impfstoffen nämlich macht große Fortschritte, auch ein oder sogar zwei deutsche Unternehmen leisten entscheidende Beiträge zur Überwindung der Pandemie. Darüber können wir uns freuen. Wir wissen, das ist noch nicht das Ende der Pandemie, aber es lässt uns auf erste Schritte hin zur Normalisierung hoffen. Es ist vielleicht das lang ersehnte Licht am Ende des Tunnels.
Ich bleibe zuversichtlich. Die Beschränkungen dieser Tage zur Eindämmung der Infektionsdynamik sind zwar nicht leicht zu ertragen. Aber wir werden die Corona-Krise gemeinsam bewältigen. Das Virus wird uns die Zukunft nicht stehlen. Ganz im Gegenteil, wir können vielleicht sogar aus der Krise für die Zukunft lernen. Es ist deshalb wichtig, dass wir auch jetzt nach vorn schauen und vor allen Dingen die Zeit nach der Seuche in den Blick nehmen. Gerade jetzt, mitten in der Pandemie, dürfen wir die anderen großen Aufgaben der Menschheit nicht aus den Augen verlieren. Wir sollten uns fragen, was wir heute verändern müssen, um in eine bessere Zukunft aufzubrechen.
Und genau das möchte ich heute tun mit meinen Gästen, hier beim zehnten Forum Bellevue zur Zukunft der Demokratie
. Aus der Krise in die Zukunft – Wie gelingt Transformation gemeinsam?
, so lautet die Frage, über die wir gleich diskutieren wollen, auf Abstand und, wie Sie sehen, leider ganz ohne Publikum hier im Saal – Sie wissen, warum. Ich freue mich, vier Gäste begrüßen zu können, die Veränderungsprozesse, wie Sie gleich feststellen werden, aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten: Hier bei mir im Schloss sind die Ökonomin Maja Göpel, die Autorin Thea Dorn und der Staatsrechtler Udo di Fabio, und aus Wien zugeschaltet ist uns der Politikwissenschaftler Wolfgang Merkel. Herzlich willkommen Ihnen allen. Und ich freue mich natürlich, dass außer uns viele an den Bildschirmen mit dabei sind, wo auch immer Sie uns gerade zuschauen. Seien Sie uns ebenfalls herzlich willkommen im Forum Bellevue!
Der Kampf gegen die Erderwärmung ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Wenn wir nicht nur die unmittelbaren ökologischen Gefahren des Klimawandels, sondern auch seine sozialen und wirtschaftlichen Folgen für die Existenzgrundlage von Hunderten Millionen Menschen betrachten, wenn wir die internationalen Konflikte berücksichtigen, die er heraufbeschwört, dann müssen wir schlussfolgern: Er ist die größte Herausforderung überhaupt. Was auf dem Spiel steht, ist nicht weniger als die Zukunft unserer Kinder und Enkel, das Überleben der Menschheit auf diesem Planeten.
Die dramatischen Szenarien, vor denen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler seit Jahrzehnten warnen, sind in manchen Teilen der Welt bereits Wirklichkeit geworden, in anderen deuten sie sich an: Das Eis an den Polen schmilzt, der Meeresspiegel steigt; Länder in Afrika und Asien werden von Dürren, Stürmen und Überschwemmungen heimgesucht; Millionen Menschen sind auf der Flucht, weil ihre Heimat unbewohnbar geworden ist. Wir haben in diesem Jahr die Berichte über verheerende Waldbrände in Australien und Kalifornien verfolgt. Und wir haben hier in Deutschland den dritten Dürresommer in Folge erlebt und sehen vielerorts, wie Natur und Landwirtschaft leiden.
Aktivistinnen und Aktivisten mahnen uns unermüdlich, dass wir keine Zeit mehr zu verlieren haben, wenn wir diese Entwicklung noch stoppen wollen. Und es ist nicht zuletzt ihrem Engagement zu verdanken, dass auf dem weiten Feld der Klimapolitik vieles in Bewegung gekommen ist. Die Länder der Europäischen Union und andere große Industriestaaten haben sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2050 klimaneutral zu sein; China will im Jahr 2060 keine Treibhausgase netto mehr produzieren. Das Ziel der klimaneutralen Welt ist beschlossen, aber ist es wirklich schon fest in unserer Zukunft verankert? Wir wissen: In der Gegenwart prallen unterschiedliche Wahrnehmungen und natürlich auch Interessen aufeinander. Die große Frage ist deshalb, auf welchem Weg wir das Ziel erreichen können, ohne Wohlstand und Zusammenhalt, Freiheit und Demokratie zu gefährden, und vor allem ohne die Menschen zu verlieren, die wir auf dem Weg Richtung Ziel brauchen.
Ich glaube, bei vielen Menschen in unserem Land ist das Bewusstsein längst gewachsen, dass wir umdenken, umsteuern, auch radikal umsteuern müssen, um die Kurve der Klimaerwärmung abzuflachen. Flatten the curve, haben wir in der Pandemie gelernt, und das ist eine Erfahrung, die wir im Umgang mit Klimaerwärmung auch anwenden müssen, und zwar nicht später, sondern so früh wie möglich, jetzt. In Politik, Wirtschaft und Gesellschaft wächst die Einsicht, dass wir einen grundlegenden Wandel brauchen, der alle Bereiche unseres Lebens betrifft: die Art, wie wir Energie erzeugen und unseren Abfall entsorgen, wie wir wirtschaften und produzieren, wie wir arbeiten und wohnen, uns fortbewegen und ernähren.
In den vergangenen Jahren hat sich eine Menge getan – ich denke an die Energiewende, den Einstieg in den Zertifikatshandel oder die Veränderung der Mobilität hin zur Elektromobilität, an die vielen kreativen Pionierinnen und Pioniere des Wandels, die uns vorleben, wie man ökologisch und gleichzeitig erfolgreich wirtschaften kann. Ich denke aber auch an die vielen Menschen in unserem Land, die im Alltag selbst Verantwortung übernehmen, indem sie klimabewusst einkaufen, essen oder reisen. Manches ist auf einem guten Weg, vieles andere muss vertieft, beschleunigt oder überhaupt erst in Gang gesetzt werden. Wir leben, mit dem berühmten Wort von Reinhart Koselleck, in einer Sattelzeit, in einer Zeit des Übergangs.
Es ist ein Übergang, der wegen seiner Tragweite immer wieder mit anderen großen Transformationen der Menschheitsgeschichte verglichen wird. Manche wollen sie gar vergleichen mit der neolithischen Revolution, als die Menschen sesshaft wurden, andere mit der Industriellen Revolution, dem Übergang zur Industriegesellschaft, der traditionelles Handwerk zerstörte, hergebrachte berufliche Qualifikationen entwertete und zugleich eine Wanderung in die Städte in Gang setzte. Aus der Geschichte wissen wir, dass solche Veränderungsprozesse Gesellschaften unter Druck setzen, dass sie tiefe Gräben aufreißen können.
Auch die großen Transformationen der Gegenwart – Globalisierung, Digitalisierung und der Übergang ins postfossile Zeitalter –, auch diese Umwälzungen stellen soziale und politische Ordnungen auf die Probe. Hier im Forum Bellevue haben wir seit 2017 immer wieder über Risse und Ressentiments in westlichen Gesellschaften gesprochen, über den Verlust von Vertrauen in die Institutionen der liberalen Demokratie, über eine neue Sehnsucht nach autoritären Lösungen. Viele dieser Phänomene lassen sich auf die gewaltigen Umbrüche unserer Zeit zurückführen – man könnte also sagen, dass wir heute mit der zehnten Veranstaltung in dieser Reihe direkt ins Herz unseres Themas vorstoßen.
Denn es sind diese Umbrüche, die Menschen einerseits in Bewegung setzen, andererseits aber auch verunsichern, Zukunftsängste und Abwehrreaktionen auslösen. Wer befürchtet, seinen Platz in der Gesellschaft, seine Arbeit, seinen Wohlstand zu verlieren, wer seine Art zu leben bedroht sieht und sich übergangen oder fremdbestimmt fühlt, der wendet sich möglicherweise enttäuscht von der Demokratie ab. Es sind populistische Kräfte, die daraus dann politisches Kapital zu schlagen versuchen, indem sie versprechen, entweder den Wandel aufzuhalten oder auf jeden Fall die Kontrolle wieder zurückzugewinnen – durch Abschottung im Nationalstaat, durch Ausgrenzung von anderen, durch Umsetzung eines vermeintlich einheitlichen Volkswillens
, den die, so heißt es häufig, Eliten in der Politik, den Wissenschaft und Medien längst verraten haben.
Es gibt natürlich auch die anderen, es gibt auch diejenigen, denen der Umbruch nicht schnell genug gehen kann. Vor allem viele junge Menschen wollen den Wandel zu einer Welt ohne Kohle, Erdgas und Erdöl nicht später, sondern jetzt und sofort. Sie fordern, Empfehlungen der Wissenschaft unmittelbar umzusetzen, ohne Verhandlungen und Kompromisse. Manche von ihnen haben oft nur wenig Vertrauen in die Institutionen und Verfahren der repräsentativen Demokratie, die aus ihrer Sicht zu langsam, zu entscheidungsschwach, zu stark von kurzfristigen Interessen dominiert sind, um die Klimawende noch zu schaffen.
Ihr Protest folgt, wie Udo di Fabio gesagt hat, den Imperativen unbestreitbaren Wissens und Gewissens
. Die große Leidenschaft, mit der dieser Protest auftritt, erinnert durchaus an andere Protestbewegungen der Geschichte, an den Arbeiterprotest gegen die Ausbeutung in menschenunwürdigen Verhältnissen, an den Friedensprotest gegen die atomare Rüstung. Immer wieder haben solche Bewegungen zum Fortschritt beigetragen, und wir sollten der Klimabewegung dieses demokratische Potenzial zum ökologischen Fortschritt überhaupt nicht absprechen. Die Antwort aber, wie auch die sozialen und kulturellen Belange anderer in die demokratische Entscheidungsfindung einfließen, wie gemeinsame Lösungen aussehen können, diese Antwort ist damit noch nicht gegeben.
Ich bin überzeugt: Der Aufbruch in ein klimaneutrales Deutschland kann nur gelingen, wenn wir als Gesellschaft gemeinsam vorangehen. Auf welchem Weg wir die Klimaziele erreichen wollen, wie wir Industrie, Landwirtschaft, Energieversorgung, Verkehr umbauen wollen, wie wir in Zukunft miteinander leben wollen, darüber müssen wir im demokratischen Verfahren streiten und verhandeln. Klimaschutz darf kein technokratisches Projekt sein und auch keine Politik im Notstandsmodus
, wie Wolfgang Merkel zu Recht gesagt hat.
Denn nur wenn wir heute unterschiedliche Perspektiven berücksichtigen, Interessen ausgleichen, Lösungen aushandeln, Kompromisse finden und Skeptiker mit Argumenten überzeugen, nur dann können wir unsere Gesellschaft im Wandel zusammenhalten und Demokratie und Freiheit für morgen bewahren.
Was wir jetzt brauchen, ist deshalb eine demokratische Klimapolitik, an der die Bürgerinnen und Bürger beteiligt sind; eine gerechte Klimapolitik, die Belastungen fair verteilt und Chancen für alle bietet; und eine globale Klimapolitik, die die Zukunft unseres Planeten auf allen Kontinenten im Blick behält. Wie ein solcher Aufbruch in eine gemeinsame Politik der Veränderung gelingen kann, darüber wollen wir diskutieren. Lassen Sie mich vorab einige wenige Punkte nennen, die mir am Herzen liegen.
Ich finde, nach einigen Monaten Corona-Pandemie und –Krise hat sich gezeigt, dass unsere Demokratie, vielleicht entgegen mancher Skepsis, durchaus in der Lage ist, schnell und entschlossen zu handeln. Wir sehen aber auch, dass es ein großes Bedürfnis nach öffentlicher Debatte gibt, auch den Wunsch nach einer stärkeren Beteiligung der Parlamente an den politischen Entscheidungen. Und gerade im Kampf gegen den Klimawandel, der viel komplizierter ist als der Kampf gegen das Virus, müssen wir beides schaffen: Wir brauchen schnelle und wirksame Entscheidungen, und wir brauchen die gesellschaftliche Debatte und Aushandlung der weiteren Schritte. Der Handlungsdruck in der Klimakrise macht demokratische Verständigung und Beteiligung nicht unwichtiger, sondern eher wichtiger.
Eine Klimapolitik, die Veränderung gestalten und den Zusammenhalt bewahren will, braucht repräsentative Verfahren, eine lebendige Öffentlichkeit und rechtsstaatliche Kontrolle. Diskussionen und Verhandlungen sind keine Schwäche, sondern eine Stärke der Demokratie, gerade in Zeiten des Wandels. Wir haben in den vergangenen Jahren gesehen: Wichtige klimapolitische Weichenstellungen, vom Ausstieg aus der Kernenergie über den Einstieg in erneuerbare Energien bis zum Kohlekompromiss, all diese Entscheidungen waren in der Gesellschaft hoch umstritten. Und es ist am Ende erst in mühsamen Verhandlungen gelungen, Lösungen zu finden, die jedenfalls von einer großen Mehrheit von Menschen mitgetragen werden.
Wir wissen heute: Wir und die Generationen vor uns hätten früher handeln können oder sogar handeln müssen. Aber daraus darf man kein Argument gegen die Demokratie machen, auch und insbesondere nicht gegen die repräsentative Demokratie! Der Austausch von Wissen, Ideen und Argumenten, die immer mögliche Korrektur von Entscheidungen, wenn notwendig im Lichte neuer Erkenntnisse, all das macht Fortschritt und Problemlösung überhaupt erst möglich. Wie sonst, wenn nicht durch öffentliche Diskussion und Kontrolle, sollten wir Vertrauen in Politik, Akzeptanz von Beschlüssen, Bereitschaft zur Veränderung eigentlich erreichen? Und wie sonst, wenn nicht durch die repräsentative Einbeziehung der anderen und den Ausgleich von Interessen, sollten wir den Zusammenhalt der Gesellschaft auch in Zukunft bewahren können?
In der Corona-Krise verschärfen sich Problemlagen, wir sehen aber auch, wie viel Solidarität in dieser Gesellschaft tatsächlich steckt. Und wir erkennen, dass Demokratie einen handlungsfähigen Staat braucht, um die sozialen und ökonomischen Folgen der Pandemie zu bewältigen. Wenn wir in die klimaneutrale Gesellschaft aufbrechen, dann darf Politik diejenigen nicht aus den Augen verlieren, die mit dem Wandel nicht so leicht Schritt halten können. Wer befürchtet, seine Arbeit oder seinen Beruf zu verlieren, der braucht eine Perspektive für den Übergang. Und wer nur eine winzige Rente hat oder jetzt in der Corona-Krise um seine Existenz ringt, der braucht mit Blick auf die unvermeidbaren Kosten des ökologischen Umbaus Hilfe und Unterstützung und auch Empathie, wenn wir das Feld nicht den Populisten jeder Couleur überlassen wollen.
Politik darf die Zumutungen nicht verschweigen, die mit großen Veränderungen einhergehen. Sie muss vor allem aber auch Chancen aufzeigen. Chancen aufzeigen, indem sie sagt, dass Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit durch ökologische Innovation, mehr Lebensqualität durch saubere Luft und weniger Lärm, dass das auch zu den Chancen für eine andere Zukunft gehört. Will sagen: Wir brauchen eine gemeinsame Idee von der Zukunft dieser Gesellschaft und damit auch ein positives Bild von der Zukunft, um den Wandel tatsächlich zu gestalten und die Mehrheit der Menschen auf diesem Weg mitzunehmen. Nur mahnen, dass es ums Überleben geht, dass eigentlich alles schon viel zu spät sei, das allein weckt nicht den Mut, der erforderlich ist. Aber Mut brauchen wir, wenn wir unsere Welt neu denken und in eine klimaneutrale Gesellschaft aufbrechen wollen!
Der Kampf gegen das Virus hat uns auch einmal mehr gezeigt, dass wir große Krisen nur bewältigen können, wenn wir über Grenzen hinweg zusammenarbeiten. Die Grundlagen für globales Handeln gegen die Erderwärmung sind gelegt, das Pariser Abkommen war ein Wendepunkt. Sorgen macht gleichwohl, dass es bei der Umsetzung nach wie vor knirscht und hakt. Und es macht mir zusätzlich Sorgen, dass sich immer mehr Staaten von der Idee der internationalen Kooperation verabschieden. Aber es gibt eben nicht nur dieses Signal, sondern auch andere, es gibt positive Signale: Die Europäische Union will ihre Emissionen schneller senken als bisher geplant, und auch in den USA liegt nach der Präsidentschaftswahl ein klimapolitischer Neustart in der Luft und damit auch Kooperationsmöglichkeiten, Kooperationswille mit uns Europäern und Deutschen.
In diesem Jahr der Pandemie sehen wir, wie viel wir erreichen können, wenn wir verantwortungsvoll, mit Vernunft und vor allem gemeinsam handeln. Das ist eine ganz wertvolle Erfahrung, aus der wir Kraft schöpfen können. Und ich glaube, wir haben allen Grund zur Zuversicht, auch wenn wir – jetzt noch mitten in der Krise – auf den gewaltigen Berg von Herausforderungen blicken, der nicht nur in der Klimapolitik vor uns liegt.
Lassen Sie uns deshalb jetzt, gerade jetzt über gemeinsame Wege des Wandels diskutieren, mit größerer Ernsthaftigkeit, als das manchmal in der Öffentlichkeit geschieht. Und wir wollen hier im Forum Bellevue einen kleinen Beitrag leisten, dass dieses Gespräch nicht nur hier, sondern möglichst an vielen anderen Stellen in der Gesellschaft weitergeführt wird.
Herzlichen Dank an die Gäste, dass Sie hier sind, an Wolfgang Merkel in Wien. Ich freue mich auf unser Gespräch.