Gespräch mit Studierenden zu ihrer Situation in der Corona-Pandemie

Schwerpunktthema: Rede

Schloss Bellevue, , 26. Januar 2021

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Elke Büdenbender haben am 26. Januar mit Studentinnen und Studenten über deren Situation in der Corona-Pandemie gesprochen. Zur Begrüßung sagte er ihnen: "Wir wollen Ihnen jedenfalls versichern: Sie sind nicht vergessen! Sie werden gebraucht, gerade in einer Zeit, in der wichtige, wichtige Transformationen vor uns stehen!"

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Elke Büdenbender im Gespräch per Videoschalte mit Studierenden zu ihrer Situation in der Corona-Pandemie.

Meine Frau und ich, wir freuen uns sehr, dass Sie heute alle unsere Gäste sind. Endlich, denn wir waren schon vor Weihnachten, am 14. Dezember, miteinander verabredet. Ganz mutig wollten wir ein Präsenztreffen abhalten. Das ist damals nichts geworden, und heute klappt es auch nicht. Aber ich freue mich, dass wir wenigstens auf diese Weise zusammenkommen.

Natürlich wollten wir auch schon vor Weihnachten über Corona sprechen und wie es Studierenden in dieser schwierigen Zeit geht. Und es gibt auch heute noch Grund genug, ein solches Gespräch zu führen.

Die Lage ist unverändert ernst. Immer noch infizieren sich viel zu viele Menschen mit dem Virus: Intensivstationen, Krankenhäuser arbeiten nach wie vor am Limit; Pflegepersonal, Ärztinnen und Ärzte sind überlastet. Und vor allen Dingen sterben immer noch viel zu viele Menschen. Vielleicht haben wir in dem halben Jahr vor Weihnachten zu sehr über die statistischen Veränderungen diskutiert und zu wenig darüber gesprochen, dass jeder Tod ein Schicksal ist, das Menschen berührt, die ihre Liebsten verloren haben. Dass er Angehörige quält, die in den letzten Stunden ihres Vaters, ihrer Mutter oder Großmutter nicht dabei sein konnten. Deshalb haben wir gerade am vergangenen Wochenende eine Initiative #lichtfenster ins Leben gerufen, mit der wir Anteilnahme, Mitgefühl, Solidarität zeigen wollen – mit den Opfern von Corona, aber eben auch mit den Angehörigen der Menschen, die verstorben sind.

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Vollständiger Mitschnitt des Gesprächs


Heute aber, liebe Studierende, soll es vor allem um Sie gehen. Wir haben viel über den besonders vulnerablen Teil der Bevölkerung gesprochen, über ältere Menschen in Altenheimen, in Pflegeheimen, in Kliniken, und weniger über die Jungen. Wir beide wissen aus Gesprächen mit Schülerinnen und Schülern, mit Auszubildenden, dass das gerade für junge Leute eine außergewöhnlich belastende Zeit ist. Wir haben dabei gehört, dass auch die Situation auf dem Ausbildungsmarkt nicht ganz einfach ist. Heute wollen wir mal etwas genauer ins Studentenleben unter Corona-Bedingungen schauen und Sie werden uns gleich sagen, ob das überhaupt ein Studentenleben ist

Sicherlich, wir alle haben etwas Hoffnung geschöpft. Mehrere Impfstoffe sind in rasend kurzer Zeit entwickelt worden, die Impfungen haben begonnen, wenn auch aus der Sicht von manchen viel zu langsam. Aber der Impfstart gibt uns allen ein wenig Hoffnung. Aber: Auch wenn wir das Licht am Ende des Tunnels sehen, wir haben noch eine Strecke des Tunnels vor uns – Sie natürlich auch.

Ich kann verstehen, dass Sie sich die Frage stellen: Wann hört das endlich auf? Und zweitens: Was wird eigentlich aus meinen Plänen – für das Studium, für den Beruf? Und ich kann mir vorstellen, dass es neben den Studienplänen auch noch ein paar andere Belastungen gibt. Etwa, dass die ökonomische und soziale Lage von vielen Studentinnen und Studenten ganz unterschiedlich ist. Wer darauf angewiesen ist, sein Studium mit Nebenjobs zu finanzieren, hat im Augenblick Schwierigkeiten, ihn zu erhalten oder hat ihn gar schon verloren. Und in vielen Studienfächern ist es Pflicht, Praktika zu machen – auch das wird im Augenblick schwieriger. Das werden Sie uns alles erzählen.

Ich hoffe dennoch, dass Sie weder die Lust am Studieren verloren haben, noch dass Sie sich zu sehr alleingelassen fühlen, obwohl das Studium komplett anders verläuft. Es ist eine Herausforderung für die Universitäten und Hochschulen, fast völlig auf Präsenzveranstaltungen zu verzichten, nur noch auf Videokonferenzen und Videovorlesungen angewiesen zu sein, alles auf digital umzustellen. Nicht alle waren darauf vorbereitet, auch nicht alle Lehrenden. Aber Sie sind ja wahrscheinlich alle miteinander digitale Profis und haben da weniger Probleme.

Dennoch, es fehlt natürlich etwas in diesem Leben. Es fehlt der Austausch während des Studiums, um Anreize zu bekommen, um Ideen zu bekommen, um Motivation zu bekommen. Dazu braucht man Menschen um sich herum, und das haben Sie im Augenblick nur in beschränktem Maße.

Wir würden deshalb gerne von Ihnen wissen: Was funktioniert eigentlich an der Universität im Augenblick ganz ordentlich? Über das wird weniger geredet als über das, was nicht funktioniert. Haben Sie keine Hemmungen, auch darüber zu sprechen! Welche Pläne sind bei Ihnen im Augenblick in Frage gestellt oder möglicherweise schon vollkommen zunichte gemacht worden? Wie sehr ringen Sie um die ökonomische Basis für Ihr Studium?

Das sind nur drei von vielen Themen, über die meine Frau und ich gerne mit Ihnen reden wollen. Wir wollen Ihnen jedenfalls versichern: Sie sind nicht vergessen! Sie werden gebraucht, gerade in einer Zeit, in der wichtige, wichtige Transformationen vor uns stehen!