Es wäre schon ziemlich borniert, sich am Internationalen Frauentag zum Ende einer solchen Veranstaltung als Letzter an das Pult zu stellen, dann – als einziger Mann! – das Wort zu ergreifen, lässig den Blick durch den Raum schweifen zu lassen, ein bedeutungsvolles Räuspern, und dann ein gönnerhaftes, besonders gut gemeintes Schlusswort zu halten. Ich will nicht ausschließen, dass mir das in der Vergangenheit durchaus auch schon gelungen
ist.
Und ich fürchte, genau da ist das Problem. Eines der größten männlichen Missverständnisse scheint mir zu sein, dass manche immer noch behaupten, die ganze Gleichstellungsdebatte sei ja gut und richtig, habe aber mit einem selbst als Mann gar nicht so fürchterlich viel zu tun.
Jedenfalls würde das so manchen Aussetzer auch jener erklären, die es gut meinen und eigentlich besser wissen müssen – und sei es nur das nächste rein männlich besetzte Panel zu einer Debatte, die nicht nur Männer betrifft. Wir alle kennen es, das berüchtigte manel
des Grauens.
Wer auch immer diesem Missverständnis nach wie vor unterliegen mag, dem sage ich heute klipp und klar: Es ist nicht damit getan, einmal im Jahr Rosen zu verteilen.
Nein, es steht uns Männern gut zu Gesicht, wenn wir uns selbst für die Gleichstellung von Frau und Mann einsetzen, mehr noch: wenn wir selbst aktiv dabei helfen und die Gleichstellung mit umsetzen, wo immer wir können, und zwar jeden Tag im Jahr. Beginnend bei der Erziehung unserer Kinder, insbesondere aber, wenn wir Auszubildende, Studierende oder Mitarbeitende aussuchen. Wenn wir als Erzieher Gemeinschaftsspiele vorschlagen, als Lehrer Noten geben, als Professoren wissenschaftlichen Nachwuchs heranziehen oder als Politiker Gesetze formulieren. Und auch das: Wir Männer müssen Zivilcourage und Mut zeigen, wann immer Frauen geringgeschätzt und für gleiche Arbeit nicht gleich entlohnt werden. Wann immer sie übergangen, missachtet oder angegriffen werden.
Kurzum: Wenn es um die Gleichstellung der Geschlechter geht, sollten wir Männer einander Vorbilder sein, denn unser Handeln prägt am Ende die Gesellschaft um uns herum.
Ob in der Wirtschaft oder in der Politik, in der Wissenschaft oder in der Kultur, funktionierende Gleichstellung braucht das Engagement aller Geschlechter. Das gilt ganz besonders im digitalen Raum, der bisher vor allem von Männern gebaut wurde und deshalb vielleicht schon manches männliche Vorurteil in seinen Algorithmen versteckt hält.
Vor allem die digitalen Medien, das erfahren wir täglich, können das Beste und das Schlimmste in uns hervorbringen – und vor allem Frauen erfahren dort viel zu oft Hass, Beleidigungen, Bedrohungen und sexualisierte Gewalt.
Wir müssen uns diesem Hass gemeinsam und mit aller Kraft entgegenstellen. Unser Handeln heute entscheidet darüber, wie lebenswert die digitale Welt von morgen sein wird – für Frauen und für Männer.
Über die vergangenen Jahrzehnte sind wir weit gekommen auf dem Weg der Gleichstellung der Geschlechter. Aber das Ziel haben wir noch lange nicht erreicht.
Digitalisierung ist weiblich – das war der Titel unserer heutigen Veranstaltung. Und dieser Titel war ganz sicher nicht als Zustandsbeschreibung gemeint. Eher schon als Kampfansage. Sicher ist: Digitalisierung wird nur gelingen, wenn sie demokratischer – und wenn sie weiblicher wird.
Ich würde mich freuen, wenn die Ergebnisse unserer Veranstaltung heute einen Beitrag dazu geleistet haben.