Empfang für Stipendiaten der Initiative "Afrika kommt!"

Schwerpunktthema: Rede

Schloss Bellevue, , 21. Oktober 2022

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Stipendiatinnen und Stipendiaten von "Afrika kommt!", einer Initiative der Deutschen Wirtschaft für Führungsnachwuchs aus Afrika, am 21. Oktober zu einem Empfang in Schloss Bellevue begrüßt: "Bildung schafft Hoffnung. Und Hoffnung brauchen wir momentan ganz besonders, weil eine Vielzahl von Krisen unsere Welt prägt. Die Krisen treffen unsere beiden Kontinente mit großer, aber nicht mit gleicher Wucht – das gilt insbesondere für den Klimawandel."

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hält eine Ansprache beim Empfang der Stipendiatinnen und Stipendiaten von 'Afrika kommt!' im Großen Saal in Schloss Bellevue

Immer wenn der Empfang von Afrika kommt! in meinem Kalender steht, freue ich mich auf diesen Tag: auf Ihre Erzählungen, liebe Fellows, Ihre Erfahrungen, die Sie in Deutschland und in der deutschen Wirtschaft gemacht haben – ganz im Sinne des Swahili-Sprichwortes: Elimu haina mwisho. Wörtlich übersetzt heißt es: Bildung hat kein Ende. Wir haben ein deutsches Sprichwort dafür: Man lernt nie aus.

Und dafür, dass man nie auslernt, steht das Programm, das Sie im Rahmen von Afrika kommt! absolvieren: Sie lernen von den Firmen, in denen Sie acht Monate tätig sind, und die Firmen profitieren von Ihrer Expertise. Ihnen allen, den Stipendiatinnen und Stipendiaten und den Unternehmen, ein herzliches Willkommen hier in Schloss Bellevue! Mein Dank geht an alle Partnerunternehmen, an die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit, das Auswärtige Amt und die deutschen Botschaften in Afrika, dass sie dieses Programm nun bereits zum zehnten Mal verwirklichen.

Elimu haina mwisho: Sie, lieber Herr Kikwete, werben ebenfalls für dieses Ziel. Wir haben uns gerade schon ausgetauscht. Und ich freue mich, dass wir uns beide erinnern an unser Zusammentreffen vor acht Jahren in Tansania. Damals waren Sie Präsident und ich deutscher Außenminister. Heute engagieren Sie sich als Vorsitzender der Global Partnership for Education. Ihr Ziel ist es, dass Kinder überall auf der Welt in die Schule gehen können, gerade in den ärmsten Ländern. Ich bin dankbar, dass Deutschland dieses Engagement inhaltlich und finanziell unterstützt und dass Sie, lieber Herr Kikwete, heute hier bei diesem Empfang dabei sein können.

Liebe Stipendiatinnen und Stipendiaten, mit Afrika kommt! bauen Sie Netzwerke: ein Netzwerk zwischen Ihnen und Ihren Partnerunternehmen; ein Netzwerk der Stipendiatinnen und Stipendiaten, quer über viele Länder Afrikas hinweg, mit über 200 Alumni, von denen ich viele in den letzten Jahren hier in diesem Raum gesehen habe; ein Netzwerk zwischen Deutschland und Ihren Heimatländern.

Diese Netzwerke haben schon beeindruckende Erfolgsgeschichten hervorgebracht. So haben mehrere Afrika kommt!-Alumni gemeinsam eine Westafrika-Niederlassung des Medizintechnik-Unternehmens B. Braun gegründet. Und in Ostafrika vertreibt Patrick Okello landwirtschaftliche Geräte der Andreas Stihl AG und hilft damit Bauern, ihre Erträge auf den Feldern zu steigern. Und sicher hätten Sie, Herr Fischer, und die Vertreter anderer Unternehmen, die hier im Saal sind, noch andere Erfolgsgeschichten zu berichten. Liebe Stipendiatinnen und Stipendiaten, und auch liebe Unternehmen: Nutzen Sie das Potenzial dieser Netzwerke! Ich freue mich auf viele weitere Afrika kommt!-Erfolgsgeschichten, wenn Ihre Nachfolger hier zusammenkommen.

Liebe Fellows, die Grundlage für diese Erfolge, die haben Sie selbst gelegt. Es sind Ihre hervorragenden Qualifikationen, mit denen Sie hierherkommen. Und ich hoffe, dass Sie Ihren persönlichen wirtschaftlichen Erfolg nutzen, um Bildung und berufliche Ausbildung nach Ihrer Rückkehr in Ihren Ländern weiter zu fördern und noch mehr Menschen zu erreichen. Sie können alle als Vorbilder, als Multiplikatoren, als Ausbilder, als Arbeitgeber wirken, Sie können Ihre Erfahrungen und Ihre Expertise weitergeben und damit neue Perspektiven schaffen für andere Menschen und in Ihren Heimatländern!

Bildung schafft Hoffnung. Und Hoffnung brauchen wir momentan ganz besonders, weil eine Vielzahl von Krisen unsere Welt prägt.

Die Krisen treffen unsere beiden Kontinente mit großer, aber nicht mit gleicher Wucht – das gilt insbesondere für den Klimawandel. Afrikanische Länder haben einen geringen CO2-Ausstoß, leiden aber ganz besonders unter extremen Wetterereignissen, mit enormen wirtschaftlichen und sozialen Konsequenzen. Unsere globale Pflicht ist und bleibt, die Folgen des Klimawandels überall auf der Welt deutlich zu verlangsamen und zu begrenzen, damit auch unsere Kinder und unsere Kindeskinder eine lebenswerte Welt erleben und damit wir ihnen gleichzeitig ökonomische Perspektiven schaffen. Nachhaltiges und grünes Wachstum – diese Chance brauchen gerade die Länder Afrikas.

Globale Krisen wie der Klimawandel brauchen globale Lösungen. Diese Lösungen werden derzeit jedoch erschwert durch Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine. Meine Bitte ist, dass wir uns nicht auseinandertreiben lassen. Dass wir wissen: Nur geeint können wir Putins Gewalt und Zerstörungswut etwas entgegensetzen. Und nur zusammen können wir die globalen Folgen von Russlands Krieg abmildern, besonders die steigenden Preise für Energie- und Nahrungsmittel; es muss uns gelingen, nicht nur bei der Verlängerung der Vereinbarung über Getreideexporte aus der Ukraine. Wir müssen darüber hinaus weiterhin viel tun, um den Hunger in vielen afrikanischen Ländern zu bekämpfen.

Dazu brauchen wir weltweit starke Partnerschaften, besonders auch zwischen Deutschland und afrikanischen Ländern. Wir müssen in Partnerschaften nicht immer in allem einer Meinung sein. Aber wir müssen unsere gemeinsamen Interessen gemeinsam verfolgen: Wir alle gemeinsam brauchen verlässliche internationale Regeln. Und wir alle müssen ein Interesse daran haben, dass, wo immer Konflikte entstehen, wir sie mit friedlichen Mitteln beilegen. Wir müssen alle gemeinsam Interesse daran haben, dass wirtschaftliche Entwicklung nicht abbricht, sondern dass wir sie fördern. Wir brauchen globale Antworten auf globale Krisen, und das gilt insbesondere für den Klimawandel.

Afrika und Europa sind Nachbarkontinente. Unsere Kontinente, unsere Länder sind füreinander wichtige Partner bei Handel, Investitionen und nicht nur bei Entwicklungszusammenarbeit. Und ich kann sagen: Wir in Deutschland, wir in Europa stehen bereit, um uns partnerschaftlich mit Afrika weiterzuentwickeln mit dem Ziel, uns gegenseitig zu stärken. Dafür werbe ich bei meinen Besuchen auf dem afrikanischen Kontinent – so auch bei meiner letzten Reise vor der Corona-Pandemie nach Kenia und bei meiner ersten großen Reise in diesem Jahr in den Senegal.

Das Programm Afrika kommt! und Sie alle tragen dazu bei, dass wir solche verlässlichen Partnerschaften aufbauen und stärken, dass wir Perspektiven schaffen, dass wir weiter voneinander lernen. Denn für gute Partnerschaften gilt: Elimu haina mwisho – man lernt nie aus!