Ich kann mich für die vielen freundlichen Worte über mein Land und über mich nur bedanken. Aber um ehrlich zu sein: Ich konnte kaum glauben, dass dies wirklich der erste Staatsbesuch eines deutschen Bundespräsidenten in Zypern ist. Umso mehr ist es mir eine Ehre, von Ihnen hier empfangen zu werden. Vielen Dank für die Einladung. Und vielen Dank für diesen herzlichen Empfang!
Aber auch wenn das der erste Besuch eines deutschen Bundespräsidenten ist, so kenne ich persönlich Ihr Land doch ziemlich gut. Nicht nur, weil ich hier gute Freunde habe, sondern vor allem, weil die Situation auf dieser Insel in meinen langen Jahren als Außenminister immer ein großes Thema war. Manchmal verbunden mit großer Hoffnung, häufig aber auch mit bitterer Enttäuschung, wenn Lösungen, die zum Greifen nah schienen, nicht zustande kamen.
Noch deutlicher ist mir aber in Erinnerung, welche Stärke die Menschen in Zypern an den Tag legen, die mit den Herausforderungen einer schwierigen Nachbarschaft umgehen müssen und trotz aller Hindernisse unermüdlich an einer besseren Zukunft für kommende Generationen arbeiten. Seit mittlerweile zwanzig Jahren ist das unsere gemeinsame Zukunft in Europa.
Welcher Zeitpunkt könnte geeigneter sein als die ersten Frühlingstage, um diese zwanzig Jahre zu feiern! Mein Freund Joachim Sartorius, der heute hier bei uns ist, hat in seinem wunderbaren Buch über diese Insel geschrieben: Das Gefühl, dass Zypern immer noch ein Terrain für Wunder ist, kam im Frühjahr. Es hatte mit den Blumen zu tun, die überall aus dem kargen Boden schossen.
Der karge Boden – eine passende Metapher für unsere heutige Zeit. Eine Zeit der Konflikte, der Herausforderungen. In einer solchen Zeit können wir nicht einfach auf Wunder warten, die plötzlich aus dem Boden schießen. Wir müssen uns dafür anstrengen. Wir müssen die Samen der künftigen Blumen säen. Und wir müssen es gemeinsam tun!
Für Deutschland ist die Republik Zypern ein wichtiger Partner in der Europäischen Union und im östlichen Mittelmeerraum. Und für uns beide, Deutsche wie Zyprer, ist das vereinte Europa das Fundament, auf dem wir stehen, und die Zukunft, auf die wir hinarbeiten. Die diesjährigen Europawahlen sind entscheidend für die Erneuerung des europäischen Versprechens. Diese Wahlen sind entscheidend, um Lösungen für unsere gemeinsamen Herausforderungen von der Migrationsfrage bis zum Klimawandel zu finden und um die europa- und demokratiefeindlichen Stimmen Lügen zu strafen, die Erneuerung versprechen, deren Weg aber nur in den Winter der Vergangenheit zurückführt.
Herr Staatspräsident, gemeinsam rufen wir alle Bürgerinnen und Bürger in Zypern und Deutschland auf, ihre Stimme abzugeben – um die europäische Zukunft mitzugestalten, die sie sich erträumen.
Die Menschen in Zypern blicken dieses Jahr nicht nur auf zwanzig Jahre EU-Mitgliedschaft zurück, sondern auch auf ein halbes Jahrhundert der Teilung ihrer Insel. Ich glaube, dass wir in diesen Tagen des anbrechenden Frühlings Grund haben, der Zukunft mit einigem Optimismus entgegenzublicken. Die Ernennung der neuen Persönlichen Gesandten des Generalsekretärs der Vereinten Nationen ist ein wichtiger Schritt, um die VN-geführten Gespräche mit neuem Leben zu füllen und den Stillstand der letzten Jahre zu überwinden. Deutschland ist bereit, den VN-geführten Prozess zu unterstützen. Erst vergangene Woche hat die Bundesregierung zum ersten Mal in der langen Geschichte der wichtigen Arbeit der Vereinten Nationen auf der Insel die Entsendung deutscher Polizeikräfte beschlossen, die sich an der friedenssichernden Mission beteiligen werden.
Und ganz persönlich möchte ich hinzufügen, Herr Staatspräsident, dass ich Ihr ernsthaftes Engagement für Fortschritte in der Zypernfrage von Herzen begrüße. Sie und ich haben unseren Ländern in der Vergangenheit beide als Außenminister gedient, und ich weiß um den reichen Erfahrungsschatz und die weitreichenden internationalen Netzwerke, die Sie in Ihr Amt mitgebracht haben. Gleichzeitig sind Sie ein verdienter Akademiker, der bis weit in sein aktives politisches Leben hinein wissenschaftliche Arbeiten und Bücher zur Zypernfrage veröffentlicht hat. Ich denke, dass wir in Zeiten wie diesen solche gelehrten Staatsmänner und -frauen brauchen, die ein konkretes Bild von einer besseren Zukunft zeichnen und es auch umsetzen können.
Sie können sich darauf verlassen, dass Deutschland an der Seite Ihres Landes steht. Und wenn ich mich in diesem Raum umsehe, sehe ich so viele Menschen, die das bezeugen können. Ich freue mich, hier heute zahlreiche Zyprer und Deutsche zu sehen, die unsere politischen, kulturellen, wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Verbindungen Tag für Tag vertiefen. Ich bin sicher, dass dieser Besuch die enge Partnerschaft zwischen unseren beiden Ländern als Freunde innerhalb Europas weiter festigen wird.
Erheben wir gemeinsam das Glas auf die Gesundheit von Staatspräsident Christodoulides und seiner Familie, auf die Freundschaft zwischen Deutschland und Zypern und auf ein friedliches und geeintes Europa: Sti filía metaxí tis Germanías ke tis Kípru ke se mía irinikí ke enoméni Evrópi!