Ich freue mich, dass wir heute Abend gemeinsam einer guten Tradition im Schloss Bellevue sozusagen ein neues Kapitel hinzufügen können. Wieder einmal kann ich wunderbare Künstlerinnen und Künstler zum Adventskonzert beim Bundespräsidenten begrüßen; Künstler, die gleich für Sie, liebe Gäste, dieses Schloss mit vorweihnachtlichen Klängen erfüllen.
Es gehört zur Tradition des Adventskonzerts, dass hier unter anderem eine ganze Reihe von hilfreichen und engagierten Menschen eingeladen sind, die dem Bundespräsidenten oder auch seiner Frau oder beiden im vergangenen Jahr besonders mit Rat und Tat zur Seite gestanden haben. Ihnen allen sage ich schon einmal hier zu Beginn meinen herzlichen Dank, ausdrücklich auch im Namen meiner Frau.
Die großen Feste im Jahr haben die Eigenschaft, dass sie sich nicht darum kümmern, ob wir auf sie vorbereitet sind. Sie stehen unverrückbar im Kalender, und sie kommen unbeirrbar auf uns zu. Auch wenn wir vielleicht gerade nicht, wie wir sagen, in vorweihnachtlicher Stimmung sind, oder wenn uns, aus welchen Gründen auch immer, gar nicht zum Feiern zumute ist: Das Fest kommt dennoch. Und auch dieses Jahr wird es wieder Weihnachten, egal, wie es um unsere innere Gestimmtheit oder um unsere äußeren Lebensumstände steht.
Das kann für manche etwas Aufdringliches, ja sogar Nervendes und Belastendes haben – das kann aber auch, und so geht es mir, etwas Lösendes, Befreiendes bedeuten: Gott sei Dank hängt Weihnachten nicht davon ab, wie uns gerade persönlich zumute ist. Natürlich können wir dem Fest auf allerlei Weise ausweichen und versuchen, es nicht zur Kenntnis zu nehmen, wenn wir nicht wollen. Aber das dürfte den meisten schwerfallen, wenn unsere ganze Lebens- und Umwelt mehr oder weniger von den Klängen und Düften und von der Atmosphäre des weihnachtlichen Festes erfüllt ist.
Das Schöne an den großen Festen ist jedoch, dass sie tatsächlich nicht mit einem Mal, sozusagen über Nacht einfach da sind, sondern dass sie eine Zeit der Ankündigung, der Vorbereitung, der langsamen Einstimmung haben, die ihnen vorausgeht. Der Advent ist diese Zeit der Vorbereitung und Einstimmung. Er ist voller Symbole, die auf das nahende Fest hinweisen: zum Beispiel der Adventskalender mit den an jedem Tag neu sich öffnenden Türchen oder der Adventskranz, an dem Kerze für Kerze das Licht heller wird.
Was für Kinder sich als Symbol sozusagen von selber versteht, das können wir Erwachsenen uns ausbuchstabieren, können es auf unser Leben und unsere gegenwärtige Wirklichkeit beziehen. So können die Türen des Adventskalenders uns an die Hoffnung erinnern, die sich jede und jeder in Lebenslagen wünscht, die wir alle irgendwie kennen, die uns bedrückend oder ausweglos erscheinen. Dass uns dann eben doch noch eine neue Tür aufgeht, dass uns doch noch ein neuer Weg möglich erscheint, ein Ausweg, eine neue Spur, der wir vorsichtig folgen können. Und das wachsende Licht des Adventskranzes kann uns hoffen lassen, dass uns in all unserem Dunkel nicht nur, wie man so sagt, ein neues Licht aufgeht, sondern dass uns Licht und Wärme geschenkt werden. Und dass auch wir selber da, wo wir es können, und da, wo wir gebraucht werden, Licht und Wärme schenken.
Zur Adventszeit gehört in Deutschland seit jeher schöne und, wie wir sagen, besinnliche Musik. Solche Musik, solche innigen Lieder zum Beispiel von Sehnsucht und Glückssuche gibt es in den verschiedensten Kulturen. So heißt es in einem persischen Liebeslied, das wir nachher hören: Wie schön ist es um dich herum.
Und in einem türkischen Lied hören wir die schmerzvolle, tiefe Sehnsucht nach Frieden. Alte und neue Musik, von Bach bis zur Gegenwart, Lieder aus nah und fern, sie alle weisen uns einen Weg, um uns Weihnachten zu nähern und einer Sache, die Weihnachten zutiefst innewohnt: der Hoffnung auf ein friedvolles Miteinander überall auf der Welt.
Ich freue mich sehr, dass Musikerinnen und Musiker der mir seit langem bekannten Deutschen Kammerphilharmonie Bremen unter der Leitung von Paavo Järvi an diesem Konzert mitwirken. Damit haben wir ein Orchester gewonnen, das sich über die Jahre immer wieder als musikalisch überragend, als innovativ und als kreativ erwiesen hat. Am Konzert ebenfalls beteiligt sind der Orchid-Kammerchor Bremen, weiter eine eigens für heute zusammengestellte Jazz-Combo mit Jonas Krause, Erik Konertz, Oliver Poppe und Felix Behrendt und eine Formation der Initiative Zukunftslabor mit Schülerinnen und Schülern der Gesamtschule Bremen-Ost. Ja – zur Deutschen Kammerphilharmonie Bremen gehört wesentlich ihr Engagement für die musikalische Bildung. Und die Initiative Zukunftslabor erreicht mit ihren unterschiedlichen Formaten junge Menschen in Bremen, aber auch Interessenten allen Alters und aus aller Welt. Eine Kostprobe der musikalischen Exzellenz der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen haben wir ja gerade schon hören dürfen.
Ihnen, liebe Gäste, wünsche ich einen schönen und – heute darf man das Wort, das vielleicht oft ein bisschen abgenutzt wirkt, einmal ganz bewusst sagen – einen besinnlichen Abend.