"Wenn unsere Kommunen gestärkt werden, dann stärkt das auch unsere Demokratie"

Schwerpunktthema: Rede

Hannover, , 14. Mai 2025

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in einem Videogrußwort bei der 43. Hauptversammlung des Deutschen Städtetages

Liebe Delegierte, Städte prägen das Leben von Millionen Menschen in unserem Land – und die Stadt, in der Sie heute zusammengekommen sind, hat mich und mein Leben ganz besonders geprägt. Herzliche Grüße aus Berlin zu Ihnen nach Hannover!

Ihre 43. Hauptversammlung fällt in eine Zeit, in der wir große Umbrüche zu bewältigen haben. Die neue Bundesregierung hat vor wenigen Tagen ihre Amtsgeschäfte aufgenommen, und ich finde: Wir alle gemeinsam müssen jetzt wollen, dass unser Land, dass unsere Demokratie unter Führung dieser Regierung Erfolg hat!

Die Städte und Gemeinden – Sie alle – setzen um und gestalten, was in Bund und Ländern beschlossen wird – ob es nun um die Energiewende geht, um die Digitalisierung der Verwaltung oder um die Reform von Sozialleistungen. Bei Ihnen vor Ort wird Politik für die Menschen ganz konkret sichtbar und spürbar – und deshalb entscheidet sich auch und gerade bei Ihnen in den Kommunen, ob die Bürgerinnen und Bürger Vertrauen in die Handlungsfähigkeit unserer Demokratie haben oder eben nicht.

Ich bin überzeugt: Es kommt jetzt darauf an, dass die kommunale Perspektive auch in der Bundeshauptstadt und den Landeshauptstädten noch stärker ins Bewusstsein gerückt wird. Aus diesem Grund ist die Hauptversammlung des Deutschen Städtetages in diesem Jahr ganz besonders wichtig. Denn Sie, liebe Delegierte, lenken den Blick darauf, was die Städte und Gemeinden in unserer Demokratie und für unsere Demokratie leisten – und welche Unterstützung sie dabei brauchen.

Als Bundespräsident will ich mithelfen, Städte und Gemeinden mehr in den Fokus auch der öffentlichen und medialen Wahrnehmung zu rücken. Deshalb verlege ich meinen Amtssitz bei meinen "Ortszeiten" ganz regelmäßig für ein paar Tage in eine kleine oder mittelgroße Stadt abseits der Metropolen. Und deshalb diskutiere ich auch hier im Schloss Bellevue immer wieder mit Bürgermeisterinnen, Bürgermeistern, Stadt- und Gemeinderäten. Ich habe großen Respekt vor den Leistungen aller Amtsträgerinnen und Amtsträger, die mit hohem persönlichen Engagement für die Belange ihrer Bürgerinnen und Bürger eintreten.

Dabei höre ich oft, wie ernst die Lage vielerorts ist. Viele kommunale Haushalte sind dauerhaft überlastet – was mit steigenden Personalkosten, wachsenden Sozialausgaben, bürokratischen Vorgaben und zusätzlich übertragenen Aufgaben zu tun hat. Viele Städte und Gemeinden haben kaum noch Spielraum, um die Lebensbedingungen der Menschen eigenverantwortlich zu gestalten. Zu oft geht es nur noch darum, den Mangel zu verwalten und Schadensbegrenzung zu betreiben.

Schaffen wir hier keine Veränderung, gefährdet das nicht nur den Kern der kommunalen Selbstverwaltung, sondern es unterhöhlt auch das Fundament unserer Demokratie! Wenn Bürgerinnen und Bürger erleben, dass Kitaplätze fehlen, Straßen und Brücken zerfallen, Buslinien eingestellt werden oder Baugenehmigungen ewig dauern, dann sind es genau diese frustrierenden Erfahrungen, die auch dazu beitragen, dass Menschen sich von unserer Demokratie abwenden.

Deshalb brauchen wir jetzt eine breite Diskussion, wie wir Städte und Gemeinden von überflüssiger Bürokratie entlasten und ihre Gestaltungskraft fördern können. Die Initiative für einen handlungsfähigen Staat, deren Schirmherrschaft ich gerne übernommen habe, hat auch dazu Vorschläge gemacht. Vor allem ein Grundsatz sollte jetzt endlich beherzigt werden: Bund und Länder dürfen den Kommunen keine Aufgaben übertragen, ohne dass deren Finanzierung hinreichend gesichert ist! Ich wünsche mir auch, dass Bund und Länder die Städte und Gemeinden noch enger in die Entscheidungsfindung einbeziehen. Gerade in dieser Zeit des digitalen und ökologischen Wandels brauchen wir ein Zusammenwirken auf allen Ebenen!

Die neue Bundesregierung hat sich für die Kommunen viel vorgenommen – von der besseren Berücksichtigung kommunaler Belange bei der Gesetzgebung über die Klärung von Altschulden bis hin zur Staatsmodernisierung. Ich bin überzeugt: Wenn unsere Kommunen auf diese Weise wirklich gestärkt werden, dann stärkt das auch unsere Demokratie!

Meine Damen und Herren, verehrte Delegierte, Sie alle leisten einen wichtigen demokratischen Dienst. Ich danke Ihnen allen für Ihre Arbeit in den Rathäusern und Stadtverwaltungen und für Ihr Engagement im Deutschen Städtetag! Ich wünsche Ihnen gutes Gelingen!